Kapazitäten verfünffacht - Still und heimlich startet Deutschland jetzt die Speicher-Revolution

Neue Geschäftsmodelle

Für Projektentwickler und Energieversorger waren Speicher bislang nur bedingt interessant. Zumeist wurden die Akkus genutzt, um sogenannte „Regelleistung“ bereitzustellen, also Schwankungen im Stromnetz auszugleichen. Von den Netzbetreibern gibt es dafür eine großzügige Vergütung, aber der Markt ist kompliziert und schwankt stark.

Durch die fallenden Preise ergibt sich jetzt ein neues Geschäftsmodell: Die kurzfristige Einspeicherung. Der Besitzer eines Solarparks kann mit Hilfe einer Batterie einen Teil des tagsüber generierten Stroms speichern und ihn erst abends ins Netz einspeisen - wenn die Großhandelspreise auf dem Strommarkt höher sind. Windparks wiederum können den Strom einer turbulenten Nacht für folgende windarme Stunden vorhalten. Bislang rechneten sich solche Speicher nur mit staatlicher Förderung, aber die fallenden Batteriepreise ändern die Kalkulation.

Auch Verbraucher profitieren

Von diesen Kurzzeit-Speichern profitieren nicht nur die Anlagenbetreiber, sondern auch das Klima und die Verbraucher. Bislang verfiel „überschüssiger“ Strom oft ungenutzt, etwa wenn Windparks in der Nordsee an stürmischen Tagen mehr Strom produzierten, als die Leitungen transportieren konnten. An windarmen Tagen hingegen müssen teure und schmutzige Kohlekraftwerke einspringen, um die benötigte Leistung sicherzustellen. Und Solaranlagen haben das grundsätzliche Problem, dass sie nachts keinen Strom produzieren.

Wenn sich also die Nutzung erneuerbaren Stroms besser verteilen lässt, drückt das die CO2-Bilanz und auch die Kosten - denn in der Erzeugung sind die Erneuerbaren Energien mittlerweile mit Abstand am günstigsten. Und: Die notorisch überbeanspruchten Netze werden in Spitzenzeiten entlastet. „Die preissenkende Einspeisung von immer mehr Solarstromleistung macht das immer günstigere Speichern von Strom zu einem interessanten Geschäftsmodell", sagt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW-Solar.

Der Speicher in der Garage

Der größte Speicher befindet sich aber womöglich in den Garagen der Deutschen. Elektroautos haben nach einer Untersuchung des Essener Energiekonzerns Eon großes Potenzial als Stromspeicher für den eigenen Haushalt. Das Unternehmen veröffentlichte eine Analyse, der zufolge E-Autos mit spezieller Batterietechnologie zusammen rechnerisch genug Strom speichern könnten, um 1,75 Millionen Haushalte zwölf Stunden lang mit Energie zu versorgen. Dabei bezieht sich Eon auf die gut 166.000 in Deutschland zugelassenen Elektroautos, die bereit sind zum Zwei-Richtungen-Laden, dem bidirektionalen Laden ("bidi-ready").

Dabei wird Strom in der Autobatterie eingespeichert, der beispielsweise mit einer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach eines Hausbesitzers erzeugt wurde. Später fließt Strom aus dem vor dem Haus geparkten Auto in die Wohnung, um den dortigen Energiebedarf zu decken. Die Batterie wird also nicht nur zum Autofahren genutzt, sondern sie wird zu einem Zwischenspeicher, damit der Nutzer etwas unabhängiger von Energie aus dem Stromnetz wird.

Noch in der Erprobung

Bislang ist das bidirektionale Laden eine Nische. Laut Kraftfahrtbundesamt gibt es in Deutschland 60,7 Millionen zugelassener Fahrzeuge. Die von Eon genannten 166.000 „bidi ready“-Autos - es geht vor allem um Modelle asiatischer Hersteller - machen also einen Anteil von nur rund 0,3 Prozent des gesamten deutschen Fuhrparks aus. 

„Ein flächendeckender, umfassender Einsatz der Technologie ist aktuell in der Erprobung“, sagt der Eon-Manager Filip Thon und spricht sich dafür aus, den E-Auto-Akku „nicht nur für das Fahren, sondern als integrierten Teil unseres Energiesystems zu nutzen“. Die Eon-Analyse ist ein Gedankenspiel, mit dem das große Potenzial der noch jungen Technologie betont wird.

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