Kampf um Otscheretyne - Russen nutzen Mega-Fehler der Ukrainer aus und erringen wichtigen Sieg
Die Russen sind nach dem Sieg bei Awdijiwka weiter vorgerückt und kamen dann in die Nähe von Otscheretyne. Es ist ein sehr wichtiger Frontabschnitt. Der Ort liege nämlich auf einer Erhöhung, von der man das umliegende Gelände beherrschen könne, wie Oberst Markus Reisner vom Generalstab des österreichischen Bundesheeres zu „Ntv“ sagte.
Und ausgerechnet hier kam es ganz offensichtlich zu groben Fehlern aufseiten der ukrainischen Verteidiger, die jetzt immer klarer zutage treten. Laut Berichten von US-Medien und ukrainischen Beobachtern passierte Folgendes: Die Front bei Otscheretyne wurde bislang von einer Eliteeinheit der Ukrainer verteidigt, der 47. Mechanisierten Brigade. Die Russen beobachteten dann, dass diese Einheit ihre Stellungen verließ.
Offenbar sollte die 47. Brigade, die seit vielen Monaten im Einsatz ist und herbe Verluste in ihren Reihen ertragen musste, ausgewechselt werden. Ihre Stellungen sollte die 115. Mechanisierte Brigade übernehmen, schreibt „Forbes“. Doch das ging offenbar schief, die Stadt war zeitweise wehrlos. Einige Einheiten haben es „einfach verschissen“, zitiert das Blatt einen ehemaligen Kommandeur der 47. Brigade.
„Die Büchse der Pandora ist geöffnet“
Die Russen erkannten ihre Gelegenheit und stießen mit ihrer 30. Motorschützenbrigade weit in den Ort vor. Die Ukrainer hätten panisch versucht, diesen Angriff abzuwehren und schickten die 100. Mechanisierte Brigade vor, eine allerdings viel leichter bewaffnete Einheit. Die kämpfte zwar hart, hatte allerdings den Russen viel weniger entgegenzusetzen. Der Schaden ist groß, wie die pro-ukrainische Analyse-Gruppe „Deep State“ kommentiert, die Forbes zitiert. „Die Büchse der Pandora ist geöffnet. Die Führung der 115. Brigade ist für den Zusammenbruch der Verteidigung im gesamten Gebiet verantwortlich, was zu erheblichen Verlusten führte.“
Nun ist die Frage, welche Folgen dieser russische Erfolg bei Otscheretyne hat. Wenn es der 90. Panzerdivision der Russen gelänge, nach Otscheretyne einzufahren, bevor die Ukrainer weitere Einheiten dorthin bringen könnten, könnte aus der russischen Penetration ein vollständiger Durchbruch entstehen, schreibt der Militärexperte von „Forbes“. In der Folge könnten zehntausende ukrainische Soldaten dazu gezwungen sein, sich weiter westlich hinter die nächste Verteidigungslinie zu retten.
Etwas anders stellt es der renommierte US-Thinktank ISW dar. Die taktischen Gewinne der Russen seien für sich genommen noch zu wenig, um die Verteidigungs-Front im Oblast Donzek ganz zu überrennen. Der Hauptgrund: Die russischen Angreifer seien „eine ineffektive Armee“, die einfach nur auf ihre quantitativen Vorteile (viel mehr Soldaten) setze, ohne Rücksicht auf eigene Verluste.