Liefer-Gigant muss fast 2000 Fahrerstellen in Deutschland abbauen

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Paukenschlag im Lieferwesen: Der Essens-Lieferdienst Lieferando will bis Ende 2025 massiv Fahrer entlassen. Auch die Gründe teilt das Unternehmen mit.

Berlin/Hamburg – Der Essens-Lieferdienst Lieferando plant, seine Flotte in Deutschland bis zum Ende des Jahres um fast ein Fünftel zu reduzieren. Wie es vom Unternehmen heißt, würden in dem Fall bundesweit fast 2000 Fahrer entlassen werden. Als Grund hierfür nennt Lieferando, dass die Plattform bei der Auslieferung auf der sogenannten letzten Meile künftig stärker mit Subunternehmen zusammenarbeiten werde.

Fast 2000 Stellen betroffen: Lieferando will massiv Fahrerstellen in Deutschland abbauen

„Die Wettbewerbslandschaft und der Markt ändern sich immer rasanter und tiefgreifender“, heißt es in diesem Kontext von Deutschland-Chef Lennard Neubauer gegenüber der dpa. „Kunden erwarten zuverlässigen Service und kurze Bestellzeiten“. Und dies könne mancherorts mit den derzeitigen Strukturen nicht ausreichend gewährleistet werden.

 Ein Fahrradkurier in Thermoleggins und Shorts darüber steht am 18.11.2015 mit seinem Fahrrad auf einer Straße in Berlin.
Großer Stellenabbau bei Lieferando: Fast 2000 Fahrer sollen bis Jahresende gehen © Gregor Fischer/dpa/Symbolbild

Insbesondere in kleineren Märkten, etwa Wiesbaden, Lübeck oder Bochum, werde Lieferando künftig deshalb mit spezialisierten Logistik-Unternehmen zusammenarbeiten. Diese würden die Auslieferung mit eigenen Fahrern übernehmen, so Neubauer. Nicht zuletzt in Hamburg werde Lieferando diesen Weg gehen. Aufgrund ihrer Größe werde der Stellenabbau die Hansestadt besonders stark treffen.

Massiver Stellenabbau bei Lieferando soll bis zum 1. Quartal 2026 vollzogen werden

Über die Maßnahmen sollte am Nachmittag der Gesamtbetriebsrat informiert werden. „Die Verhandlungen über einen Sozialplan sollen bei der Schwestergesellschaft so schnell wie möglich beginnen“, betonte Neubauer. Das Ziel sei es nun, den Prozess bis Jahresende, spätestens aber im ersten Quartal 2026 abzuschließen.

Neue Strategie bei Lieferando: Unternehmen will stärker mit Subunternehmen zusammenarbeiten

Lieferando gehört zum niederländischen Lieferdienst Just Eat Take Away. Das Geschäft in Deutschland wird von der Tochter Lieferando Marktplatz Gesellschaft geführt. Die Fahrer waren über eine weitere Tochter, Takeaway Express, bisher fast ausschließlich fest beim Unternehmen angestellt. 

Das soll auch künftig für die meisten Fahrer so bleiben. Rund fünf Prozent des Liefervolumens werde indes an spezialisierte Drittanbieter ausgelagert, hieß es. Das Konzept wurde bereits in Berlin mit einem Subunternehmen getestet. Auch in der Hauptstadt soll das in einigen Bezirken weiter so umgesetzt werden.

„Das ist so ziemlich die wichtigste und kritischste Komponente der ganzen Geschichte: Die Kriterien der Flottenpartner, mit denen wir zusammenkommen wollen“, sagte Neubauer. Es laufe ein strenger Auswahlprozess, um zu gewährleisten, dass die Rider dort fest angestellt sind und entsprechend bezahlt werden. 

Aufschrei dürfte kommen: Was die Zusammenarbeit mit Subunternehmen bedeutet

Lieferando verweist darauf, dass die Zusammenarbeit mit Subunternehmen im Markt gängige Praxis sei. Tatsächlich gehen auch Wettbewerber wie Uber Eats und Wolt so vor. Oft sind die Rider dabei selbstständig unterwegs, Arbeitnehmervertreter kritisieren ausbeuterische Verhältnisse und weit verbreitete Scheinselbstständigkeit. Das Problem ist EU-weit so groß, dass die EU-Kommission eine Plattformrichtlinie erlassen hat, um Scheinselbstständigkeit im Plattformgeschäft zu unterbinden. Diese muss auf nationaler Ebene noch umgesetzt werden.

Dass Lieferando die Fahrer meist direkt beschäftigt hat, stieß daher auf Zuspruch bei Arbeitnehmervertretern. Entsprechend groß dürfte nun der Aufschrei sein. 

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) etwa kämpft bereits seit Jahren um einen Tarifvertrag für die Lieferando-Beschäftigten und einen Mindestlohn von 15 Euro pro Stunde. Erst kürzlich rief die Gewerkschaft deshalb erneut zu Warnstreiks in Hamburg auf. Mit der Auslagerung eines Teils des Liefergeschäfts an Drittunternehmen dürfte es die Gewerkschaft deutlich schwerer haben, für einheitliche Beschäftigungsverhältnisse zu sorgen.

Unlängst wurde bekannt, dass ein deutscher Autozulieferer ebenso massiv Stellen abbauen muss. Hier wird 160 Mitarbeitern gekündigt. (han mit dpa)

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