Milka-Hersteller bleibt Russland trotz Krieg treu – Ukraine-Aktivisten fordern Boykott

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Auch in Russland weiter erhältlich: Das US-Unternehmen Mondelez bietet seine weltweit beliebte Milka-Schokolade weiter im Land des Aggressors im Ukraine-Krieg an. © IMAGO / Pond5 Images

In Russland wird auch in Zeiten des Ukraine-Kriegs weiter Milka-Schokolade vertrieben. Hersteller Mondelez sieht sich heftiger Kritik ausgesetzt.

Moskau – Auf seiner Homepage wendet sich Mondelez in vielen Sprachen an seine potenziellen Kunden. Auch auf Russisch. Dabei erklärt das US-Unternehmen, das vor allem für seine Milka-Produkte bekannt ist, es sei seit 20 Jahren auf dem russischen Markt tätig und führend „in den Kategorien Schokolade, Pralinen und Kekse“ sowie „in der Kategorie Kaugummi und Lutscher“.

Mondelez weiter in Russland: Ukrainer in Deutschland rufen zu Milka-Boykott auf

Diese stolze Eigenwerbung dürfte wohl auch begründen, warum der Konzern trotz des Ukraine-Kriegs noch immer Geschäfte in Russland macht. Während sich viele Global Player aus der Heimat der Invasoren zurückgezogen haben.

Mondelez wirbt zwar damit, seit Kriegsausbruch über die eigene Stiftung 15 Millionen US-Dollar – das sind mehr als 13,7 Millionen Euro – für die Ukraine, deren Bürger und die Flüchtlinge des Lands gespendet zu haben und sich an Projekten zur humanitären Hilfe zu beteiligen. Doch für viele Ukrainer ist der Konzern mittlerweile ein rotes Tuch.

Vitsche, eine Vereinigung von Ukrainern in Deutschland, ruft für diesen Sonntag (26. November) in Berlin zu einer Demonstration unter dem Titel „#MilkaNoMore“ auf. Dazu heißt es: „Die Marke Milka gehört einem amerikanischen Süßwarenriesen, der drei Fabriken in einem Land betreibt, das weiterhin täglich Kriegsverbrechen in der Ukraine verübt.“

Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte Vitsche: „Eine Tafel Milka-Schokolade ist nicht so unschuldig, wie man meinen könnte. Ihr Verkauf trägt zum grundlosen Angriffskrieg Russlands bei.“

Video: Kann man Schokolade mit weißem Belag noch essen?

Milka-Produkte in Russland erhältlich: Hersteller in der Ukraine als Kriegssponsor gebrandmarkt

Bereits im Mai hatte die Nationale Agentur für Korruptionsprävention der Ukraine (NAPC) Mondelez in die Liste der internationalen Sponsoren von Russlands Krieg aufgenommen. Zwar habe der Konzern auf Betreiben seiner Mitarbeiter im Baltikum angekündigt, keine neuen Investitionen zu tätigen oder für die Produkte zu werben.

Doch Mondelez weite „heimlich seine Aktivitäten im Aggressorland“ aus und zahle erhebliche Mittel in den russischen Staatshaushalt: „Die werden unter anderem dafür ausgegeben, ukrainische Kinder zu töten.“ Ende 2022 hatte die russische Tochtergesellschaft demnach einen Gewinn von 339 Millionen US-Dollar bei einem Umsatz von mehr als einer Milliarde US-Dollar verzeichnet. Somit habe Mondelez 61 Millionen US-Dollar an Steuern an Russland gezahlt, also knapp 56 Millionen Euro.

In einer Mitteilung erklärte der Mutterkonzern im Juni, die Aktivitäten auf dem russischen Markt seien deutlich zurückgefahren worden, weshalb im Jahr 2023 die Gesamtmenge im zweistelligen Bereich rückläufig und auch der Marktanteil erheblich zurückgegangen sei. Diese Tendenz werde sich fortsetzen, mit diesem Ziel: „Wir planen, das Russland-Geschäft noch vor Jahresende eigenständig mit einer autarken Lieferkette zu betreiben.“

Mondelez macht Geschäfte mit Russland: Produktlieferung offenbar deutlich gesteigert

Von der Nachrichtenagentur Reuters verbreitete Zahlen zeichnen jedoch ein anderes Bild. So würden Zolldaten vom 1. Januar 2021 bis zum 31. März 2023 zeigen, dass Mondelez die Lieferungen einiger seiner Produkte nach Russland gesteigert habe. Während zwischen April 2021 und März 2021 etwa 28,7 Millionen Kilogramm Mondelez-Produkte nach Russland gingen, waren es in den folgenden zwölf Monaten laut den Daten rund 45 Millionen Kilogramm.

In Skandinavien sah sich Mondelez, das auch Oreo oder Toblerone zu seinen Produkten zählt, wegen des Russland-Geschäfts bereits einem Boykott durch einheimische Unternehmen ausgesetzt. Europa-Chef Vinzenz Gruber nannte dieses Vorgehen laut einem Memo, über das Reuters berichtet, unfair. Denn auch andere internationale Unternehmen würden weiter Lebensmittel und Getränke in Russland vertreiben, ständen aber nicht so sehr im Kreuzfeuer.

B4Ukraine, ein internationaler Zusammenschluss zivilgesellschaftlicher Organisationen, nennt neben Mondelez auch Mars, Ferrero und Nestlé als bekannte Süßwaren-Hersteller, die weiter in Russland Geschäfte machen. Unter den zehn Unternehmen aus der Branche mit den höchsten Einnahmen in Russland im Jahr 2022 waren demnach auch drei aus Deutschland: August Storck mit 162 Millionen US-Dollar, Ritter Sport mit 110 Millionen US-Dollar und die Krüger Group mit 25 Millionen US-Dollar. Diese Zahlen entstammen einer Recherche der Kyiv School of Economics.

Oreo-Produkte in Supermarkt-Regal
Blick in ein russisches Supermarkt-Regal: Auch Oreo gehört zu den Produkten von Mondelez. © IMAGO / Pond5 Images

Milka-Produkte in Russland erhältlich: US-Konzerne machen 2022 mehr als 40 Milliarden US-Dollar Umsatz

Noch überraschender aber ist, dass US-Unternehmen – zu denen eben auch Mondelez zählt – den Daten zufolge mehr Einnahmen in Russland generieren und mehr Steuern zahlen als die Konzerne aus jedem anderen Land. Die Einnahmen von Mars, Pepsi & Co. beliefen sich demnach für 2022 auf mehr als 40 Milliarden US-Dollar, Kreml-Chef Wladimir Putin und seine Regierung durften sich über 712 Millionen US-Dollar an Steuern freuen.

Es bleibt also ein Geben und Nehmen in Russland. Für noch immer viele internationale Konzerne. Wie Mondelez. Auf der russischen Homepage des Milka-Herstellers gibt der Konzern seinen Slogan vor: „Wir gestalten die Zukunft des Naschens auf der ganzen Welt.“ (mg)

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