Hockey-Star hört im Nationalteam auf – sie kann es sich "partout nicht leisten"
Es war "ein sehr, sehr schöner Abschluss", sagt Selin Oruz, "auch wenn der Märchen- und Kitsch-Abschluss sicherlich die Goldmedaille gewesen wäre". Die Hockey-Spielerin beendet ihre Karriere im Nationalteam nach dem Krimi-Sieg gegen Belgien im Halbfinale und der 1:2-Niederlage im EM-Finale gegen die Niederlande als Silbermedaillengewinnerin. Dabei schlägt sie auch kritische Töne an.
Altersbedingt ist das Karriereende von Oruz, die im Auftaktspiel benommen ausgewechselt werden musste, nämlich ebenso wenig wie es ganz freiwillig ist. Mit 28 sei sie eigentlich in den "besten Jahren", die "am meisten Spaß machen", sagt sie selbst. Das Problem ist ein anderes: Sie könne sich die Fortsetzung der Karriere in der Nationalmannschaft "partout nicht leisten", weil ihr die finanzielle Unterstützung fehle.
"Bis auf die lokale Förderung durch den Heimatverein steht man alleine da"
"Bis auf die lokale Förderung durch den Heimatverein steht man alleine da und beendet seine internationale Karriere deutlich verfrüht, was sich erheblich auf die Qualität der Nationalmannschaften auswirkt", sagt Oruz.
Oruz' Ex-Kollegin im Nationalteam Kira Horn schlug 2023 in eine ähnliche Kerbe. "Die Frage, ob man aus finanziellen Gründen Hockeyspielerin wird, stellt sich gar nicht, da plant man besser gleich drumherum." 2024 nach Olympia war Schluss für die damals 29-Jährige.

Als Ärztin kann Oruz kaum mehr Auszeiten fürs Hockey nehmen
Oruz fehlt es mittlerweile auch an etwas anderem: Zeit. Die 28-Jährige ist promovierte Ärztin, studiert seit 2015 in Düsseldorf Medizin und absolviert derzeit eine Weiterbildung zur Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin.
Als voll Berufstätige sind sportliche Auszeiten, wie sie im Rahmen ihres Studiums möglich waren, nicht mehr drin, zeitlich wie finanziell. "Diese Entscheidung wird mir gewissermaßen abgenommen", sagt sie.
Jahrelang galt Oruz als Vorbild für die duale Karriere im Spitzensport
Gerade bei Oruz, die aufgrund der Parallelität von Hockey-Karriere und Medizin-Studium jahrelang als Vorbild für die duale Karriere im Spitzensport galt, ist das eine besonders bittere Erkenntnis.
Hockey ist, dem deutschen Erfolg zum Trotz, eine Randsportart mit niedrigen Gehältern. Diese sind bei den Frauen noch einmal geringer als bei den Herren. Auch wenn die Deutsche Sporthilfe die Frauen-Nationalmannschaft finanziell unterstützt, reicht das irgendwann nicht mehr. Selin Oruz ist ein trauriges Beispiel dafür - und sicher nicht das Letzte.