„Schon wieder nach Tölz“: Standort des Pflegestützpunkts sorgt für Debatte
Die Frage, an welchem Standort der Pflegestützpunkt verwirklicht wird, hat das Zeug zum Nord-Süd-Konflikt.
Bad Tölz-Wolfratshausen – Für pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen ist es eine Herausforderung, sich im Dschungel der Sozialgesetzbücher zurechtzufinden. Welche Leistungen stehen mir zu, und wie komme ich an sie heran? Wie finde ich einen Heimplatz? Welche Hilfsangebote gibt es überhaupt? Bei solchen Fragen sollen Pflegestützpunkte helfen. Dass der Landkreis einen solchen bekommt, das hat der Kreistag wie berichtet im Sommer beschlossen. Wo aber der geeignete Standort dafür ist, darüber ist eine Diskussion entbrannt, die das Zeug zu einem neuen Nord-Süd-Konflikt hat.
Pflegestützpunkt soll am Tölzer Landratsamt installiert werden
Dritter Landrat Klaus Koch (Grüne) sprach das Thema jüngst in einer von ihm geleiteten Sitzung des Kreis-Sozialausschusses an. Den Kreisräten übermittelte er dabei den klaren Wunsch der Verwaltung, dass der Pflegestützpunkt am Tölzer Landratsamt installiert wird. „Alles andere wäre mit zusätzlichen Kosten und organisatorischem Aufwand verbunden“, sagte er. Innerhalb des Landratsamts dagegen gebe es „Synergieeffekte“, vor allem mit dem Sachgebiet Senioren des Landratsamts.
Der Sitz des Pflegestützpunktes „sollte dort sein, wo das Knowhow schon da ist“, argumentierte Christine Bäumler vom Sachgebiet Senioren. Und Sozialamtsleiter Thomas Bigl betonte: „Wir wollen nicht mehr Geld ausgeben als notwendig, nur um dann im Ergebnis eine schlechtere Qualität zu bekommen.“
VdK wünscht sich den Standort Geretsried
Mit ausgelöst wurden diese Appelle dadurch, dass sich zuvor der Sozialverband VdK zu Wort gemeldet hatte. In einem Brief an Landrat Josef Niedermaier hatte die Geretsrieder VdK-Vorsitzende Cornelia Irmer auch im Namen der Ortsverbände Degerndorf, Dietramszell, Egling, Königsdorf, Münsing und Wolfratshausen gefordert, den Pflegestützpunkt in Geretsried anzusiedeln.
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In Bad Tölz seien schon jetzt etliche Einrichtungen ansässig, so Irmer. Aus ihrer Sicht gilt es, „mit einem Angebot nicht zu warten, dass die Menschen zu einem kommen, sondern man muss auch mal zu den Menschen hingehen“, sagt sie. Und der Bedarf sei – rein gemessen am Bevölkerungsschwerpunkt – nun einmal im Raum Geretsried/Wolfratshausen am größten.
Die Tölzer Flinthöhe ist mit dem ÖPNV schlecht zu erreichen
Geretsried sei zudem mit dem ÖPNV bestens erschlossen – im Gegensatz zum Tölzer Landratsamt. „Trotz X-Bus: Das Landratsamt ist für viele Menschen schwer erreichbar, denn der Weg vom Bahnhof dorthin ist für gehbehinderte und mobilitätseingeschränkte Personen zu weit“, erklärt die Geretsrieder Altbürgermeisterin.
Dieser Sichtweise hält Bigl entgegen, dass der Standort beim Pflegestützpunkt in der Praxis „keine Rolle“ spiele. Die Erfahrung aus anderen Landkreisen, wie etwa Garmisch-Partenkirchen, zeige, dass der allergrößte Teil der Anliegen am Telefon abgewickelt werde. „Nur 16 Prozent der Klienten kommen persönlich.“ Darüber hinaus gebe es die Möglichkeit zur „aufsuchenden Arbeit“, die aber ebenfalls nur fünf Prozent ausmache. Davon abgesehen: „Ob der Pflegestützpunkt sich nun zum Beispiel in Lenggries oder Wolfratshausen befindet: Für einen Teil der Bevölkerung wird er immer weit weg sein“, meint Bigl.
Persönlicher Kontakt ist in manchen Fällen wichtig
Cornelia Irmer wiederum führt ins Feld, dass gerade beim Thema Pflege, wo es oft um sensible und persönliche Fragen gehe, der persönliche Kontakt besonders wichtig sei. „Viele wollen so etwas lieber von Angesicht zu Angesicht mit jemandem besprechen, da braucht es Vertrauen.“ Das Telefon komme da nicht für jeden als Alternative in Frage – vor allem, da nicht wenige der betroffenen Senioren schwerhörig seien. Von Kommunikation übers Internet ganz zu schweigen. „Gerade beim VdK erleben wir, dass diejenigen, die nicht so digital-affin sind, in vielen Bereichen außen vor bleiben. Letztlich ist das eine Form der Diskriminierung.“ Bigl meint, dass sich der Bedarf an Vor-Ort-Beratung eventuell auch durch eine monatliche Außensprechstunde abdecken lasse.
„Emotional aufgeladenes Thema“
Im Sozialausschuss konstatierte Kreisrätin Sabine Lorenz (CSU), selbst aus Geretsried, dass es sich um ein „emotional aufgeladenes Thema“ handle. Die Argumentation, dass hier eine wichtige Anlaufstelle „schon wieder nach Tölz“ komme, während es im nördlichen Landkreis mehr Menschen und auch geeignete Räumlichkeiten gebe, könne sie gut verstehen. Letztlich aber, so Sabine Lorenz weiter, „geht es nicht um den Standort, sondern darum, dass es überhaupt einen Pflegestützpunkt gibt“.
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