Für Putin nur "Kampfpause": Bei Miosga warnt Expertin Major vor "Friedensplan"

Der Diskussionsabend bei Caren Miosga in der ARD bringt drei brutale Erkenntnisse: Erstens kann der Krieg in der Ukraine nicht beendet werden, weil Russland diesen Krieg weiterführen will. Für die Russen scheint der Abnutzungskrieg auf lange Sicht erfolgreich zu sein. 

Zweitens muss der Mitte vergangener Woche vorgelegte 28-Punkte-Friedensplan, der die Ukraine vielfach schwächt, schon deshalb mit den Amerikanern trotz aller Einwände diskutiert werden, damit die Amerikaner überhaupt bei der Stange bleiben, um Europa grundsätzlich zu schützen. 

Und drittens bedroht dieser angeblich von US-Präsident Donald Trump entwickelte 28-Punkte-Plan die Sicherheit von ganz Europa. Heißt: Würde dieser Plan, der möglicherweise von Russland aufgesetzt worden ist, Realität werden, brächte er für die Welt mehr Schrecken als Nutzen.

Warnung bei Miosga in ARD: „Die Ukraine wird einseitig limitiert“

Die deutlichste Ansage macht in der Miosga-Runde Claudia Major. „Dieser Plan macht die Ukraine de facto vogelfrei“, erklärt die Vizepräsidentin für Transatlantische Sicherheitsinitiativen beim German Marshall Fund. Russland hätte als Angriffsstaat nur Vorteile davon. Während die Russen ein Heer von 1,5 Millionen Soldaten aufstellen dürften, würde die Armee der Ukrainer „einseitig auf 600 000 Mann limitiert“. 

Die Politikwissenschaftlerin glaubt, dass Donald Trump durchaus den Wunsch habe, „das Sterben zu beenden“, und dabei auf den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj leichter Druck zu entwickeln sei. Der russische Präsident Wladimir Putin sei hingegen resistent gegen Druck und habe seine Position bislang nicht „geändert“. Offenbar verfolgt Donald Trump zwei Strategien: Zum einen erhöht er den Druck auf Selenskyj, zum anderen will er die Beziehungen Amerikas zu Russland normalisieren.

„Das wäre die Bankrotterklärung der Nato“

Der 28-Punkte-Plan, über den gerade in Genf verhandelt wurde, beinhaltet ausschließlich Vorteile für die Russen. Der Kriegsreporter und stellvertretende Chefredakteur der Bild-Zeitung Paul Ronzheimer vermutet deshalb, dass der Plan „vor allem in Russland entwickelt wurde“. Die Details beinhalten Forderungen, die die Russen schon immer wollten. „Wir müssen davon ausgehen, dass der Plan aus Russland stammt“, konstatiert Ronzheimer. 

Einzelne Punkte im Plan erscheinen mitunter grotesk oder mit Blick auf die Souveränität der Staaten in der Welt anmaßend. Russland soll in die Weltwirtschaft wieder aufgenommen werden, heißt es da. Oder: Donzek und Luhansk werden unter russische Hoheit gestellt, obwohl Russland einzelne Gebiete noch gar nicht erobert hat. Auch fordert der Plan, eine vollständige Amnestie der Kriegsbeteiligten und notiert seltsam schwammig: „Es wird erwartet, dass Russland seine Nachbarländer nicht angreift“. 

Ebenso wird angeführt, dass die Ukraine nicht der Nato beitreten darf. „Russland fordert, dass 32 Nato-Mitglieder die Ukraine nicht aufnehmen dürfen“, erklärt Politikwissenschaftlerin Major. "Damit könnte Russland den Grundsatz der Souveränität anderer Länder beschneiden. Wenn Russland das entscheiden könnte, wäre das die Bankrotterklärung der Nato.“

Nach der Ukraine könnte es andere Länder treffen

„Der Plan hat den Anspruch, dass Russland die Ukraine, die Nato und Europa kontrolliert“, erklärt Politikwissenschaftlerin Major. „Zudem drücken hier zwei Atommächte der Ukraine auf, dass man mit Krieg Grenzen verschieben kann.“ Auch helfe der Plan, Russland das zu ermöglichen, was „es militärisch nicht hinbekommt“. 

Claudia Major stellt fest: „Der Plan führt zu einer Kampfpause, die es Russland ermöglicht, seine Streitkräfte zu regenerieren.“ Dieses Szenario hätte auch eklatante Auswirkungen auf die Sicherheit von ganz Europa. Die limitierte, geschwächte Ukraine könnte jederzeit von einem gestärkten Russland erneut überfallen werden. Anschließend könnte Russland auf den Geschmack gekommen sein und weitere europäische Staaten angreifen.

Ein Friedensplan sieht anders aus

Der 28-Punkte-Friedensplan ist eine Grundlage, auf der Gespräche beginnen können. Ein echter Friedensplan sieht anders aus. Zur Erinnerung: Ein Friedensplan ist meist eine Art Kompromiss zweier Parteien und sichert den Frieden langfristig. Doch Donald Trump legt die Maximalforderungen der Russen auf den Tisch und stellt zudem Punkte auf, die er selbst und auch Putin kaum entscheiden können. Dazu gehört etwa die Mitgliedschaft in der Nato oder die Wiederaufnahme von wirtschaftlichen Beziehungen mit Russland. 

Auch eine Generalamnestie für russische Kriegsverbrechen kann nicht von oben diktiert werden. Sinnvoller wäre es, zunächst einen Waffenstillstand zu vereinbaren, um währenddessen Friedensverhandlungen zu führen. Der 28-Punkte-Plan wäre eine Art Kapitulation der Weltgemeinschaft vor den Kriegsverbrechen der Russen und würde die Welt insgesamt unsicherer machen. Das Recht des Stärkeren hätte gesiegt.

Diskussionrunde
Paul Ronzheimer (von links), Moderatorin Caren Miosga, Armin Laschet und Claudia Major diskutieren. ARD-Screenshot