Merz in „Phantasialand“? Unternehmer rechnet mit CDU-Plan für Heizungen ab
In der ZDF-Sendung „Klartext“ hat ein Wärmepumpen-Unternehmer den CDU-Chef mit seinen Aussagen zum Heizungsgesetz konfrontiert. Im Gespräch mit IPPEN.MEDIA legt er nochmal nach.
München/Berlin – Es sind noch wenige Tage bis zur Bundestagswahl und die Kandidaten und Kandidatinnen stellen sich fast täglich den Fragen der Bürgerinnen und Bürger in diversen Wahlsendungen. In der ZDF-Sendung „Klartext“ wurden Friedrich Merz (CDU), Olaf Scholz (SPD), Robert Habeck (Grüne) und Alice Weidel (AfD) einzeln von einem Publikum zu unterschiedlichen Themen um ihre Position gebeten. Merz wurde dabei von Jan Ossenbrink, Gründer des Wärmepumpen-Start-ups Vamo in Nordrhein-Westfalen, zum Heizungsgesetz befragt. Im Nachgang spricht er nun mit IPPEN.MEDIA über die Sendung – und was Deutschland droht, wenn die Union ihr Wahlversprechen einhält.
Merz im ZDF: Faktisches Verbot von Öl- und Gas-Heizungen soll abgeschafft werden
Herr Ossenbrink, in der ZDF-Sendung „Klartext“ haben Sie Friedrich Merz gefragt, was er als Kanzler tun will, um die Wärmewende voranzubringen. Er hat gesagt, er würde das „faktische Verbot von Öl- und Gas-Heizungen“ rückgängig machen wollen und verfolgt einen technologieoffenen Ansatz. Hat Sie das überzeugt?
Nein, überhaupt nicht. Das ist reiner Populismus, den Herr Merz und die CDU verfolgen. Was sie unter „Technologieoffenheit“ meinen, ist eigentlich „Technologienaivität“ – denn während die Welt und die Industrie sich längst entschieden haben, wohin die Reise gehen wird, schlagen Unionspolitiker Lösungen aus dem Bereich Phantasialand vor. Große Unternehmen wie Vaillant, Viessmann und Co., die bisher mit Öl- und Gas-Heizungen ihr Geld verdient haben, investieren massiv in die Wärmepumpe. Das würden sie nicht tun, wenn ihnen nicht klar wäre, dass die Wärmepumpe die Zukunft ist.
Eine positive Überraschung hat es aber für mich gegeben: Herr Merz hat in der Sendung zugegeben, dass es eigentlich kein Verbot gibt, und auch nie gegeben hat. Er ist dann auf „faktisches“ Verbot umgeschwenkt, weil auch er weiß, dass keine Heizungen verboten werden sollten. Es ging nie darum, bestehende Heizungen auszuwechseln und den Menschen eine Wärmepumpe aufzuzwingen. Das hat er letzte Woche auch zugeben müssen.
CDU wirbt dafür, das Heizungsgesetz abzuschaffen: „Riesiger sozialer Sprengstoff“
Man kann seinen Punkt aber schon verstehen: Das Gesetz gibt vor, dass neue Heizungen zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden müssen. Das ist zwar kein explizites Verbot, aber es setzt klare Voraussetzungen, die rein fossile Heizungen ausschließen.
Das ist aber ein Unterschied und auch nicht so in der Bevölkerung angekommen. Die CDU hat ab dem Moment, in dem der erste Gesetzesentwurf öffentlich wurde, über Heizungsverbote gesprochen. Ein Großteil der Verunsicherung kam nicht vom Gesetz selbst – das wird ja kaum ein Bürger gelesen haben – sondern durch die Angst vor dem Auslaufen der vorherigen Förderung Ende 2023 und der Kampagne gegen das Gesetz, die ab 2024 gelten sollte. Die CDU/CSU und Herr Merz als Oppositionsführer haben mit den Ängsten der Menschen gespielt, indem sie das Bild eines staatlich erzwungenen Heizungstauschs gemalt haben. Dieses Bild war von Anfang an völlig verzerrt und das leider mit Absicht.
Dabei dient das Heizungsgesetz dazu, die Menschen vor den steigenden Kosten durch den CO₂-Handel [Anm. d. Red: Hier ist die neue CO₂-Abgabe, die ab 2027 in der EU greifen werden, gemeint] zu schützen. Der CO₂-Preis ist im Übrigen ja auch etwas, was gerade die wirtschaftsliberalen Parteien wie Union und FDP befürworten. Wenn es keinen Mechanismus gibt, der wie das aktuelle Gebäudeenergiegesetz Anreize setzt und den Umstieg von fossilen Brennstoffen fördert, dann birgt die Einführung des CO₂-Preis 2027 riesigen sozialen Sprengstoff.

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Das Thema CO₂-Preis hat in der Debatte damals kaum eine Rolle gespielt. Dabei gibt es ja schon seit vielen Jahren Prognosen, die teils astronomische Kosten für Verbraucher vorhersehen. Das könnte zu Protesten aus der Bevölkerung führen, davor hat die Politik sicher Angst. Glauben Sie noch daran, dass der CO₂-Preis ab 2027 so noch kommen kann?
Ich gehe mittlerweile fest davon aus, dass ein Aufweichen des CO₂-Preises kommen wird. Da bin ich mir ziemlich sicher, denn die Politik hat es versäumt, die Bevölkerung vorzubereiten. Und aus der ZDF-Sendung und aus dem Wahlprogramm wird klar: Herr Merz hat keinen konkreten Plan entworfen.
Klimageld als Entlastung für den CO₂-Preis: „Reicht hinten und vorne nicht“
Friedrich Merz hat mehrmals versprochen, ein Klimageld einzuführen. Sie sagen, das wird nicht ausreichen, um die Wogen zu glätten?
Das Klimageld reicht hinten und vorne nicht. Das ist ganz einfache Mathematik: Merz spricht davon, dass es 200 Euro pro Person an Klimageld pro Jahr geben soll. Das hört sich toll an, aber dafür reichen die Einnahmen aus dem CO₂-Handel nicht. Um ein Klimageld in dieser Höhe zu finanzieren, müsste der CO₂-Preis um ein Vielfaches ansteigen. Vor allem, wenn man betrachtet, was noch alles aus diesen Einnahmen finanziert werden soll....
....laut Parteiprogramm der Union zum Beispiel die Absenkung der Stromsteuer....
...dafür reicht das Geld einfach nicht. Es braucht also mehrere Maßnahmen gleichzeitig, da zählen die Absenkung der Stromsteuer und der Netzentgelte dazu, aber auch eine Förderung des Umstiegs, wie es das Heizungsgesetz vorsieht. Ich bin übrigens auch der Meinung, dass wir dringend Änderungen am Heizungsgesetz vornehmen müssen – wie jeder online nachlesen kann, ist das Gesetz handwerklich nicht gut gemacht: Es gibt viele Ausnahmen, Querverweise und sehr detaillierte Regelungen für einzelne Maßnahmen. Aber der Transformationsprozess an sich ist unaufhaltsam.
Auch, wenn der CO₂-Preis doch nicht so kommt, wie von der EU vorgesehen?
Wie gesagt, die Entscheidung ist schon längst zugunsten der Wärmepumpe gefallen. Die Industrie investiert und die ganze Welt baut die Wärmepumpe schon ein. Auch in internationalen Berichten wie dem IPCC Report [Anm. d. Red. Klimabericht der Vereinten Nationen] steht immer wieder drin: Die Elektrifizierung ist der Schlüssel zur Dekarbonisierung. Daran wird sich nichts ändern, egal wie weit hinaus man die Einführung eines marktbasierten CO₂-Preises hinauszögert. Als Person, die sich seit 20 Jahren mit diesem Thema befasst, ist es sehr frustrierend, sich diese Debatten anhören zu müssen. Ich bin kein religiöser Wärmepumpenfanatiker, ich bin ein Unternehmer, dem dieses Land wichtig ist und der daran interessiert ist, es technologisch voranzubringen.
Alle Umfragen sehen die CDU als Sieger aus der Bundestagswahl hervorgehen. Wenn Sie Herrn Merz und seine CDU noch einmal mit einer Botschaft erreichen könnten, was würden Sie ihnen sagen wollen?
Ihre Aufgabe ist es jetzt, Ruhe in das Thema reinzubringen. Entscheiden Sie sich: Was ist das Ziel – meinetwegen können wir auch darüber sprechen, ob Klimaneutralität ab 2045 oder ab 2050 erreicht werden soll, das ist für mich nicht das Entscheidende. Aber entscheiden Sie sich und dann: Finger weg davon. Die Bürger und die Branche kümmert sich um den Rest.