„Germany first“, die Nato zweitrangig – Was sich die AfD von Trump verspricht
Die AfD und andere extrem rechte Parteien in Europa hoffen auf Donald Trumps Rückkehr ins Weiße Haus – und auf einen unterschwelligen Effekt.
Berlin – Parteitage in den USA sind als gigantische Shows angelegt, gerade wenige Monate vor einer Präsidentschaftswahl. Der Konvent der Republikaner in Milwaukee gleicht nach dem Attentat auf ihren nun offiziellen Kandidaten Donald Trump einer Krönungsmesse. Der Rummel der Republikaner um ihren Heilsbringer hatte schon lange vorher maßlose Züge angenommen, der patriotisch-religiöse Kult um Trump wirkt aus deutscher Sicht inzwischen bizarr.
Einige fühlen sich Trump trotzdem nahe: die extreme Rechte in Europa. Zu ihnen gehören Giorgia Meloni in Italien, Marine Le Pen in Frankreich und Viktor Orbán in Ungarn. Auch die AfD setzt auf die Heldenfigur der Republikaner. Die Parteivorsitzende Alice Weidel erklärte jüngst, sie bevorzuge bei der US-Wahl im November den Herausforderer und nicht Amtsinhaber Joe Biden. Im ZDF-Sommerinterview sagte Weidel: „Definitiv drücke ich Donald Trump die Daumen.“
US-Wahl: „Die AfD, aber auch Le Pen und Meloni sind von Trump angetan“
Was versprechen sich die extremen Rechten in Europa von Trump? Die AfD, Le Pens Rassemblement National (RN), Melonis Fratelli d‘Italia, Orbáns Fidesz-Partei und die FPÖ in Österreich teilen mit ihm gewisse Weltanschauungen. „Der Aufstieg von Rechtsaußen-Parteien in Europa ist ein langfristiges Phänomen, weitaus älter als die politische Karriere Donald Trumps“, erklärt der österreichische Politikwissenschaftler Manès Weisskircher. Ideologisch habe man jedoch einiges gemeinsam, vor allem „die starke Mobilisierung gegen Immigration“, sagt Weisskircher, und grundsätzlich „die Kritik am politischen System“.
Die extremen Rechten dies- wie jenseits des Atlantik setzen auf Abschottung. „Sie streben nach einer Renationalisierung“, erläutert die Politikwissenschaftlerin Christiane Lemke, verbunden mit einem „sofortigen Zuwanderungsstopp“. Europas rechten Populisten und rechtsextremen Parteien gilt Trump dabei als Role Model, als politisches Vorbild. „Die AfD, aber auch Le Pen und Meloni sind von Trump angetan“, so Lemke. „Sie arbeiten mit ähnlich demagogischen Mitteln wie er.“ Die AfD schätze generell autoritäre Persönlichkeiten an der Spitze. „Daher auch die Affinität Putin, der natürlich ein Diktator ist.“
AfD und Trump teilen die Klimapolitik als ein gemeinsames Lieblingsziel
In der ältesten Demokratie der Welt gilt noch das Prinzip von Regierung und Opposition. Doch auch der US-Präsidentschaftskandidat Trump praktiziere eine „autoritäre Machtausübungen“, sagt Lemke, die an der Leibniz-Universität Hannover und an der Universität von North Carolina at Chapel Hill lehrt. „Er greift die Presse scharf an, er greift seine Gegner scharf an, er setzt auf ein starkes Militär.“ Im Kern verspreche sich die AfD von einem Präsidenten Trump den Rückzug der USA innerhalb der Nato – und damit eine geringere Machtfülle der Allianz. „Die AfD kritisiert die Nato seit der Zeitenwende als Bündnis der Amerikaner zur Durchsetzung der US-Politik.“
Auch die Klimapolitik ist ein gemeinsames Lieblingsziel der extremen Rechten. Als Präsident hat Trump die USA aus dem internationalen Klimaabkommen zurückgezogen. „Er hat den Klimawandel eine ‚Fälschung Chinas‘ genannt“, erinnert Lemke. „Auch die AfD leugnet sehr weitgehend den menschengemachten Klimawandel.“ Sie habe die Energiewende allerdings schon abgelehnt, bevor Trumps politischer Aufstieg absehbar war, ergänzt Weisskircher, der in Oslo und Dresden forscht. „Schon 2014 mobilisierte sie bei den ostdeutschen Landtagswahlkämpfen gegen die Expansion der Windkraft.“
Es gibt noch einen zusätzlichen Grund, warum die AfD auf Trump setzt: Sie hofft auf einen gesellschaftlichen Normalisierungseffekt. „Sie könnte nach der möglichen Wahl sagen: ‚Schaut, in den USA ist Trump wieder mächtig, deshalb sollten wir auch in Europa die Wende zum Nationalismus vollziehen‘“, erklärt Lemke. „So stellt die AfD sich das am Ende vor: Sie will Bündnissysteme und Allianzen lösen – Germany first.“