Mit illustren Gästen, etwas Stolz und viel guter Laune feierten Weilheims Grüne am Donnerstagabend das 40-jährige Bestehen ihres Ortsverbandes. Dazu kam auch ein TV-bekannter Stargast ins Stadttheater – und warf einen satirischen Blick auf das grüne Wirken in Weilheim.
Es ist ja wirklich eine spannende Geschichte mit den Grünen: 45 Jahre nach Gründung ist diese Partei so bürgerlich, dass aus den Reihen der Sponti-Pioniere längst mancher mit ihr fremdelt. Zugleich taugt sie immer noch so sehr als Bürgerschreck, dass sich wohlsituierte Zeitgenossen, gerne auch angestachelt von diesbezüglich erschreckend verantwortungslosen Politikern, vor allerlei Verboten fürchten, die grüne Politik angeblich bedeutet. Deshalb gleich vorweg: Verboten war gar nichts, als der Weilheimer Grünen-Ortsverband jetzt im Stadttheater sein 40-jähriges Bestehen feierte. Manche Gäste waren mit dem Auto gekommen. Gendersprache wurde höchst dezent, praktisch kaum merklich verwendet. Und am feinen, üppigen, komplett selbst zubereiteten Buffet gab es zwar auch, aber nicht nur Veganes und Vegetarisches.
40 Jahre Die Grünen in Weilheim: Lob von BfW-Bürgermeister Markus Loth
Wie systemkonform und geachtet Weilheims Grüne heute sind, das zeigte an diesem Abend die bunte, rund 160-köpfige Gästeschar quer durch Vereine, Institutionen und Parteien. Die hätte sich zur Gründungszeit so gewiss nicht eingefunden. Als Monika Propach 1984, noch vor Ortsvereinsgründung, als erste und lange einzige Grüne in den hiesigen Stadtrat einzog, hatte man nicht mal einen Stuhl für sie bereitet. Heute sind die Grünen mit 19,9 Prozent der Stimmen und sechs Ratsmitgliedern durchaus eine Macht im Rathaus. Und zur 40-Jahr-Feier sprach 1. Bürgermeister Markus Loth ein so respekt- wie lobvolles Grußwort, dass das grüne Moderatorenduo (die Stadt- und Kreisräte Brigitte Gronau und Manuel Neulinger) sichtlich gerührt war: Weilheims Grünen-Vertreter, sagte der Rathaus-Chef vom Konkurrenzlager BfW, hätten stets für ihre Programme gefochten, aber sich auch immer an der Suche nach tragfähigen Kompromissen beteiligt. „Sie haben gesehen, was Not tut, und Gespür für das politisch Machbare bewiesen. Deshalb konnten sie hier viel bewegen.“
Videobotschaft von Katharina Schulze für die Party der Weilheimer Grünen
Das war fast nur noch von Katharina Schulze zu toppen: „40 Jahre Grüne in Weilheim, das ist eine grandiose Erfolgsgeschichte“, rief die Chefin der Grünen-Landtagsfraktion in bekannt enthusiastischer Manier ins Stadttheater – per Videobotschaft von einer großen Leinwand. Live vor Ort war die Landesvorsitzende Gisela Sengl, die in schönstem Bairisch erklärte, warum die Grünen erfolgreich seien: Weil sie Herz und Verstand zeigten, ehrlich, pragmatisch und modern seien, „weil wir unsere Heimat lieben und kämpfen für ein gutes Leben aller“. „Lasst‘s euch g‘scheit feiern“, schloss Sengl ihre Lobrede an die Weilheimer Parteifreunde: „Ihr habt‘s es verdient!“
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40 Jahre Die Grünen in Weilheim: Große Ausstellung zog viele Blicke auf sich
Was diese in vier Jahrzehnten so alles getan und geleistet haben, davon zeugte eine umfangreiche Ausstellung im Theaterfoyer: Extra für den Festabend wurden hunderte Plakate, Dokumente und vor allem Lokalzeitungsartikel rund um Weilheims Grüne präsentiert – eine anregende Zeitreise, die zugleich Stadtgeschichte dokumentierte. Einige der Gallionsfiguren, von denen da reichlich zu lesen war, wurden auch auf der Bühne geehrt. So gab es Ehrennadeln von der Landesvorsitzenden Sengl für die Gründungsmitglieder Monika Propach, Hartmut Rudel und Michael Sendl. Günther Urban, der am Geburtstagsabend verhindert war, wird die Ehrung nachgereicht. Als „tragende Säulen“ wurden zudem 3. Bürgermeister Alfred Honisch und Bezirksrat Eckart Stüber ausgezeichnet. Auch an einige bereits verstorbene Pioniere des Ortsverbandes wurde erinnert, insbesondere an Fanny Klatt und Josef Albrecht.
Propach bekam die Ehrennadel der Grünen sogar schon zum zweiten Mal. Dafür dankte die 88-Jährige mit einem Satz, der ihren ungebrochenen Elan bewies: Sie habe es sich „zur Aufgabe gemacht, noch so viele Bäume in Weilheim zu pflanzen, dass wir in heißen Sommern Schatten haben, wenn wir zu Fuß gehen oder Rad fahren“. Und sie lud alle ein, es ihr gleich zu tun.
Als Highlight des Geburtstag-Abends, den der Musiker (und langjährige Grünen-Mitstreiter) George Davis gefühlvoll und swingend am Flügel begleitete, hatte sich der Ortsverband einen Stargast eingeladen, der „Humor mit Haltung verbindet“, wie Moderator Neulinger sagte: Kabarettist Christian Springer, bekannt auch als Gründer und Aktivist des Vereins „Orienthelfer“, warf in seiner gut halbstündigen Rede liebevoll-spöttische Blicke auf die Geschichte der Grünen in Weilheim. Dass CSU-Bürgermeister Klaus Rawe die grüne Stadtratsfraktion in den 80er Jahren etwa mal als „Sauhaufen“ titulierte, sei in Wahrheit „höchste Anerkennung“, witzelte Springer: „So was haben‘s in der CSU bis dahin nur über sich selbst gesagt.“
Rat von Kabarettist Christian Springer: „Macht‘s Eure Politik nicht so kompliziert“
„Für Euch gilt: Viel Feind, viel Ehr‘“, wandte sich der Münchner an alle Vertreter der Öko-Partei – und betonte: „Wir brauchen Euch Grüne.“ Doch er mahnte auch: „Macht‘s Eure Politik nicht so kompliziert. Setzt euch einfach ein für die Kleinen und Benachteiligten, ohne Wenn und Aber.“ Springers Sätze über lokales Geschehen blieben freilich eher rar und ein bisschen bemüht, er band sie in gewitzt-ausufernde Geschichten ein, die er wohl schon auf vielen Bühnen erzählt hat.
Doch die Botschaft des Komikers, der sich seit langem auch sehr ernsthaft für Menschenrechte und Demokratie einsetzt, war klar – und sie galt nicht nur den Grünen im Publikum, sondern auch den Gästen anderer Couleur: Gegen die erstarkenden antidemokratischen Kräfte und die von ihnen instrumentalisierten Lügen und Verdrehungen gelte es zusammenzuhalten und mit viel „Feuer“ anzukämpfen. „Was wir sicher nicht brauchen, ist, den Kopf in den Sand zu stecken und Angst zu haben.“