Der Krypto-Herbst 2025 zeigt sich von seiner stürmischen Seite. Nach einem Höhenflug jenseits der 120.000 US-Dollar hat Bitcoin bis November fast 30 Prozent an Wert eingebüßt. Panikverkäufe und "Extreme Angst" dominieren die Schlagzeilen. Doch wer hinter die Kulissen blickt, erkennt ein Szenario, das strategisch denkenden Anlegern massive Chancen bietet. Warum der Crash gesund war und weshalb das Jahr 2026 zum Jahr der Liquidität werden könnte.
Sascha Röhrer ist Web3- und Krypto-Experte. Er begleitet Projekte von der Idee bis zum Markteintritt, entwickelt Strategien für Tokenisierung und digitale Assets und verantwortet Themen wie Tokenomics und Governance. Als Gründer der CONF3RENCE vernetzt er Wirtschaft und Tech-Szene im DACH-Raum. Er ist Teil unseres EXPERTS Circle. Die Inhalte stellen seine persönliche Auffassung auf Basis seiner individuellen Expertise dar.
Es fühlt sich an wie ein Déjà-vu. Gerade erst hatten sich Krypto-Anleger an die neuen Allzeithochs gewöhnt, da zieht der Markt im November 2025 die Reißleine. Bitcoin fällt zeitweise auf 81.000 US-Dollar, Altcoins bluten noch stärker, und in den sozialen Medien wird bereits der nächste "Krypto-Winter" ausgerufen. Für Investoren, die erst in diesem Jahr eingestiegen sind, ist der Blick ins Portfolio schmerzhaft.
Die brennende Frage lautet: War es das mit dem Bullenmarkt? Müssen wir uns auf Jahre der Stagnation einstellen?
Die kurze Antwort: Wahrscheinlich nicht. Die lange Antwort erfordert einen nüchternen Blick auf die Fakten, fernab von Emotionen. Denn dieser Crash hat fundamentale Ursachen, die paradoxerweise das Fundament für den nächsten Aufschwung werden.
Die Anatomie des Absturzes: Warum es knallen musste
Der Absturz im November war kein Zufall, sondern das Ergebnis aus drei Faktoren.
- Die Realität der Geldpolitik hat uns eingeholt. Die Märkte hatten fest mit aggressiven Zinssenkungen der US-Notenbank Fed gerechnet. Doch robuste US-Arbeitsmarktdaten und eine hartnäckige Kerninflation haben diese Hoffnungen gedämpft. Die Fed signalisierte "Higher for Longer" – die Zinsen bleiben oben. Das stärkte den US-Dollar und machte risikoarme Staatsanleihen wieder attraktiv, was Kapital aus Risiko-Anlagen wie Bitcoin abzog.
- Der Markt war gierig geworden. Viele Händler hatten ihre Positionen mit geliehenem Geld extrem gehebelt. Als der Bitcoin-Kurs unter die technische Marke von 92.000 US-Dollar fiel, löste dies eine Kettenreaktion aus. Automatisierte Systeme verkauften Positionen im Wert von fast zwei Milliarden US-Dollar binnen weniger Tage, um Verluste zu begrenzen. Dieser "Leverage Flush" war schmerzhaft, aber notwendig: Er hat die spekulative Überhitzung aus dem Markt gewaschen.
- Der Krypto-Markt korrelierte stark mit der Abkühlung im Tech-Sektor. Die Sorge, dass der KI-Boom seinen Zenit überschritten haben könnte, führte zu Gewinnmitnahmen bei Technologieaktien, die Bitcoin in ihren Abwärtssog mitrissen.
Die Hoffnungsträger 2026
Warum sollten Anleger trotz der roten Zahlen optimistisch bleiben? Der wichtigste Indikator für Bitcoin ist nicht der tagesaktuelle Zins, sondern die globale Liquidität. Und hier hat sich das Blatt im vierten Quartal 2025 entscheidend gewendet. Experten weisen darauf hin, dass wir am Beginn eines neuen Liquiditätszyklus` stehen, der voraussichtlich 2026 seinen Höhepunkt erreichen wird.
Drei Punkte treiben diesen Trend:
- Der Fed-Pivot im Dezember: Die wohl wichtigste Nachricht kam Ende Oktober fast unbemerkt: Die US-Notenbank Federal Reserve hat angekündigt, das Programm zur Bilanzverkürzung (Quantitative Tightening, QT) zum 1. Dezember 2025 offiziell zu beenden. Das ist die Zäsur, auf die Investoren gewartet haben. Das Ende von QT und der absehbare Übergang zu neuen Anleihekäufen (Quantitative Easing), bedeutet dass der "Liquiditätshahn" wieder aufgedreht wird. Für Bitcoin ist dies das stärkste denkbare mittelfristige Kaufsignal.
- Chinas Stimulus-Bazooka: Während der Westen noch mit Zinsen jongliert, hat China die Schleusen bereits geöffnet, um gegen die Deflation im eigenen Land zu kämpfen. Historisch gesehen schwappt dieses Geld mit einer Verzögerung von etwa drei bis sechs Monaten auf die globalen Märkte über.
- US-Midterms 2026: Neben der Geldpolitik rückt im kommenden Jahr die US-Innenpolitik in den Fokus. Das Jahr 2026 ist ein Wahljahr in den USA ("Midterm Elections"), was traditionell massive Auswirkungen auf die Finanzmärkte hat. Historisch betrachtet tun US-Regierungen im Vorfeld von Wahlen alles, um die Wirtschaft gut aussehen zu lassen. Eine florierende Wirtschaft und steigende Aktienmärkte erhöhen die Wiederwahlchancen.
Die US-Schuldenmauer: Warum die Druckerpresse laufen muss
Ein weiterer Grund, warum die Geldpolitik locker bleiben muss, ist die historische "Debt Wall". Allein in den Jahren 2025 und 2026 werden US-Staatsanleihen im Wert von über neun Billionen US-Dollar fällig. Um diesen Schuldenberg zu refinanzieren, ohne dass die Zinsen explodieren und die Wirtschaft abwürgen, muss die Notenbank als "Käufer der letzten Instanz" bereitstehen. Finanzanalysten nennen das "Fiscal Dominance": Die Staatsverschuldung zwingt die Geldpolitik in die Knie, ein perfektes Umfeld für Assets wie Bitcoin.
Regulierung: Europa als sicherer Hafen
Mit der MiCA-Verordnung, die Ende 2025 vollständig greift, hat die EU einen globalen Standard gesetzt. Institutionelle Investoren hassen Unsicherheit. MiCA gibt ihnen Rechtssicherheit. Die Kooperation deutscher Großbanken wie der Commerzbank mit Krypto-Verwahrern ist ein direktes Resultat dieser Klarheit und zeigt, dass die Infrastruktur für das "große Geld" bereitsteht.
Was bedeutet das nun konkret für Ihr Depot?
Im aktuellen Umfeld ist der "Fear & Greed Index" mit einem Wert von 10 auf extremer Angst gefallen, ein Szenario, das Warren Buffett einst mit dem Rat kommentierte: "Sei gierig, wenn andere ängstlich sind."
Historisch betrachtet boten Korrekturen von 30 Prozent oft exzellente Einstiegszeitpunkte für Investoren, die bereit waren, gegen den Strom zu schwimmen. In solch unsicheren Zeiten flüchtet Kapital oft in Qualität, weshalb etablierte Werte wie Bitcoin als Wertspeicher Stabilität bieten können. Entscheidend ist der Zeithorizont: Die fundamentale These der Geldmengenausweitung ist ungebrochen und wird sich 2026 durch die US-Refinanzierungslast und den Wahlkampf voraussichtlich massiv beschleunigen.
Fazit: Der Crash schmerzt, aber er reinigt. Das makroökonomische Bühnenbild für 2026 wird gerade aufgebaut: Die Fed beendet QT, China druckt Geld, und der US-Wahlkampf verspricht fiskalische Geschenke. Bitcoin ist nicht am Ende, er holt nur Luft für den nächsten Liquiditätszyklus.