Unaufhaltsamer Fortschritt - Selbst ein Trump-Sieg kann die Energiewende nicht stoppen

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    In der Pflanze steckt keine Gentechnik
    Aber keine Sorge: Gentechnish verändert sind die
IMAGO / Newscom World 31. Mai 2017 im Rosengarten des Weißen Hauses: Donald Trump verkündet den Rückzug der USA aus dem Pariser Abkommen.
Dienstag, 05.11.2024, 13:40
Donald Trump als US-Präsident würde wohl die Klimapolitik der US-Regierung radikal reduzieren, die Behörden ausbluten und Bundesprogramme stoppen. Die Energiewende in den USA und der Widerstand von Staaten, Städten und Unternehmen ginge aber weiter. In einem anderen Bereich wären die Schäden größer.

Die Aussicht, dass Donald Trump erneut US-Präsident werden könnte, löst in der US-amerikanischen und globalen Klimaszene große Besorgnis aus. Anders als im Fall eines Wahlsiegs von Kamala Harris wären die Folgen wohl schwerwiegend: In einer Zeit der eskalierenden Klimakrise und hoher geopolitischer Spannungen würde ein erneuter Rückzug der USA aus dem internationalen Prozess die Klimadiplomatie schwer treffen.

Zwar sind viele Beobachter optimistisch, dass die Energiewende in den USA auch unter Trump weitergehen würde, aber international könnte ein Sieg von Trump die Zukunft des gesamten COP-Prozesses gefährden und bereits die COP29 vor große zusätzliche Probleme stellen.

Voll-Angriff aufs Klima

Eine der wenigen konsequenten Haltungen von Donald Trump ist seine Meinung zum Klimawandel: Er hält ihn für einen Schwindel und nimmt ihn nicht ernst. Für ihn bedeutet Energiepolitik die globale „Energie-Dominanz“ der USA und massiver Ausbau von Öl und Gas, auch zum Export.

Aus seiner ersten Amtszeit und dem radikalen „Project 2025“ des Thinktanks Heartland Institute lässt sich folgern, dass er viele Klima-Entscheidungen der US-Administration bremsen oder rückgängig machen würde. Expertinnen und Experten lassen sich vor der Wahl in den USA nicht namentlich mit ihren Ansichten zitieren, aber im Einzelnen würde Trump wohl:

  • die USA (wieder) aus dem Pariser Abkommen und nun auch aus der Klimarahmenkonvention UNFCCC herauslösen;
  • viele Regulierungen der Biden-Administration zurücknehmen oder ihre Umsetzung bremsen , etwa das Netto-Null-Ziel der USA, die Regulierung für Kraftwerke oder das Moratorium für den Bau neuer LNG-Terminals;
  • die Finanzierung für Klimamaßnahmen im Land und international drastisch einschränken;
  • Behörden wie die Umweltbehörde Environmental Protection Agency (EPA) und die staatlich finanzierte Klimaforschung finanziell austrocknen und personell aushöhlen;
  • vor Gerichten die Klimapolitik der Bundesregierung nicht mehr verteidigen. Von Trump eingesetzte konservative Richter könnten die Zuständigkeit der Bundesbehörden für Klima-Regulierungen angreifen.
  • Wichtige Klima-Regeln der Bundesstaaten wie die CO₂-Regulierung von Autos in Kalifornien erschweren oder verhindern.

Die Bundesstaaten sind schon weiter als Trump

Andererseits weisen Beobachter und Experten in den USA darauf hin, dass ein großer Teil der US-Klimapolitik auch ohne und gegen die Bundesregierung weiterginge . Vor allem das Investitionsprogramm rund um den „Inflation Reduction Act“ (IRA) ist als Gesetz und durch seine Konstruktion von Steuererleichterungen vor dem direkten Zugriff der Bundesregierung grundsätzlich geschützt.

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Das Paket von etwa 370 Milliarden Dollar „tax credits“ sorgt vor allem auch in „roten“ US-Staaten mit republikanischen Regierungen für Jobs und Investitionen. Auch republikanische Abgeordnete des Repräsentantenhauses haben deshalb gefordert, das IRA nicht anzutasten. Dazu kommt:

  • Die Opposition aus Umweltbewegung, progressiven US-Staaten, Städten, Universitäten und Teilen der Wirtschaft, die sich bei Trumps erster Amtszeit unter dem Slogan „We are still in“ und der „America‘s Pledge“ versammelten, wäre schnell zu reaktivieren . Das Bündnis hatte in Trumps erster Amtszeit Klimapolitik auf Ebene der US-Staaten vorangetrieben und war auf den COPs als inoffizielle US-Vertretung aufgetreten.
  • In vielen Staaten und Firmen sind der Aufbau von Erneuerbaren und die grüne Transformation deutlich weiter vorangekommen als zu Trumps erster Amtszeit. Schon damals hat sich Trumps Versprechen, „die Kohle zurückzubringen“, als falsch erwiesen. Die Durchsetzung von Erneuerbaren und Batterien im Strombereich ist kaum aufzuhalten.
  • Überparteiliche Lösungen zu Klimathemen könnten auch in einem republikanisch dominierten Kongress Mehrheiten finden: die Förderung von CO₂-Entnahme aus der Luft (DAC), CCS und CCU, Ausbau der Geothermie, Förderung für neue Atomkraft.

Trumps zweite Amtszeit könnte also bedeuten: Die Bundesregierung friert weite Teile ihrer Klimapolitik ein oder reduziert sie, sie wettert lautstark gegen Umwelt- und Klimaschutz und fördert vor allem die fossilen Energien. Unter einer wissenschaftsfeindlichen Stimmung in der US-Bundesregierung könnte vor allem die Forschung im Klimabereich leiden, wie Wissenschaftler in Umfragen fürchten. In der Politik der Bundesstaaten, beim Ausbau der Erneuerbaren und bei den massiven Investitionen in Greentech würde sich wohl allerdings wenig ändern.

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Der wahre Schaden ist international

Schweren Schaden würde eine zweite Amtszeit von Donald Trump allerdings wahrscheinlich in der internationalen Klimapolitik anrichten, fürchten viele Beobachter. Die Uno blickt besorgt auf die Entwicklung, denn die Auswirkungen wären wohl auch deutlich ernsthafter als bei Trumps erster Runde im Weißen Haus von 2017 bis 2021:

  • Damals zog sich der Ausstieg der USA aus dem Pariser Abkommen wegen der UN-Regularien über mehr als drei Jahre hin. Die USA verließen das Abkommen praktisch nur von November 2020 bis Februar 2021, als Präsident Biden wieder eintrat. Jetzt könnte Trump die USA in nur einem Jahr nach einer entsprechenden Erklärung aus dem Abkommen führen.
  • Trump will auch aus der übergeordneten Klimarahmenkonvention UNFCCC austreten. Auch das kann innerhalb eines Jahres vollzogen werden. Damit zögen sich die USA tatsächlich aus den UN-Verhandlungen zurück und wären nur noch Beobachter. Ihre starke Rolle etwa für Transparenz, CO₂-Minderung und marktwirtschaftliche Elemente würde fehlen.
  • Mit dem Austritt aus der UNFCCC entfiele auch deren größte Geldgeber . Das Klimasekretariat, ohnehin chronisch unterfinanziert, geriete für die Organisation der Klimadiplomatie und der COPs in noch größere Schwierigkeiten.
  • Geopolitisch würde ein Rückzug der USA dann China zum dominierenden Faktor in den Klimaverhandlungen machen. Das Land müsste dann zwar seine bisher oft abwartende Haltung als offizielles „Entwicklungsland“ der G77 aufgeben, könnte aber seine Interessen deutlich stärker durchsetzen – also beispielsweise Forderungen nach mehr Transparenz besser abwehren.

Bereits die COP29 könnte ein Wahlsieg von Trump maßgeblich beeinflussen: Denn die Verhandlungen kreisen vor allem um das neue Finanzziel NCQG. Schon bisher wird der Anteil der USA an der globalen Klimafinanzierung von etwa elf Milliarden US-Dollar von vielen Seiten als viel zu gering kritisiert, weil er weder der historischen Verantwortung noch den ökonomischen Möglichkeiten der weltweit größten Volkswirtschaft entspreche.

Ein „fairer Beitrag“ liege demnach eher bei 40 Milliarden Dollar. Eine Trump-Administration würde wohl weite Teile der Finanzierung, die bisher über die US-Regierung erfolgt, stoppen oder reduzieren. Der US-Kongress wiederum blockiert seit langem solche Zahlungen und Verpflichtungen.

Stimmungskiller für die COP29?

Bei der COP29 in Baku geht es aber gerade darum, mehr öffentliches und privates Geld für dringend nötige Maßnahmen zu CO₂-Reduktion, Anpassung und Techniktransfer und für internationale Gremien zu finden. Wenn die USA sich perspektivisch aus dem gesamten Prozess zurückzögen, fehlte nicht nur das Geld, sondern dann wäre auch die Stimmung gefährdet: Der Vorwurf, dass sich die Industrieländer um die Finanzierung des Klimawandels drücken, würde wohl noch lauter. Und die EU, bereits jetzt größter Klimafinanzierer, könnte diese Lücke wohl nicht füllen – vor allem, weil die öffentlichen Haushalte in Europa auch unter großen Belastungen leiden.

Wenn die COP29 am 11. November mit zwei Tagen „High Level Segment“ von Staats- und Regierungschefs offiziell beginnt, könnte also ein Wahlsieg von Trump schon die Stimmung in Baku verderben. Ob es dann im weiteren Verlauf der Konferenz zu einem tragfähigen Kompromiss in der ohnehin sehr schwierigen Frage der Finanzierung käme, ist zweifelhaft.