Streit um Asylheim in Bergdorf - Landrätin will Miethöhe für Hotel nicht nennen

Nach wochenlangem Streit über die Einrichtung einer Flüchtlingsunterkunft in einem Berghotel im Oberallgäu, die das Landratsamt Sonthofen den Bewohnern lange Zeit verschwiegen hatte, ist der ursprünglich für Mitte April geplanten Unterbringung erster Familien ein Riegel vorgeschoben worden. Als Grund für die Anmietung des Berghotels hatte das Landratsamt unter anderem angegeben, hohe Kosten für provisorische Unterbringung wie beispielsweise Zeltunterkünfte reduzieren zu wollen. 

Der Landkreis zahlt für den noch immer leerstehenden Berghof in der Urlaubsregion, der in der Gemeinde Blaichach liegt, bereits seit zwei Monaten Miete. Landrätin Indra Baier-Müller (Freie Wähler) weigerte sich auf mehrfache Nachfrage von FOCUS online jedoch, Angaben zur Höhe der Mietkosten zu machen, die letztlich vom Steuerzahler getragen werden.

Keine Flüchtlinge in Berghotel vor der Sitzung des Petitionsausschusses

Rund 700 Bürger hatten dem Petitionsausschuss des bayerischen Landtags Anfang April eine Petition überreicht, die sich gegen die geplante Unterbringung von bis zu 45 Flüchtlingen richtet. Das einstige Berghotel "Heubethof" gehört zur Gemeinde Blaichach (5500 Einwohner) und liegt in dem kleinen Bergdorf Gunzesried-Säge. Dort leben lediglich 79 Anwohner.

Blaichachs Bürgermeister Christof Endreß (CSU) bekräftigte gegenüber FOCUS online, dass nach Rücksprache mit der Landesregierung das Landratsamt Oberallgäu in Sonthofen zugesichert habe, "bis zur Prüfung des Projekts durch den Petitionsausschuss des Landtages zunächst keine Flüchtlinge im Heubethof einzuquartieren".

Die Gemeinde, die sich der Petition ebenfalls angeschlossen hat, kritisiert, dass das Berghotel als Unterkunft für Flüchtlinge ungeeignet sei. Wie auch 14 direkte Nachbarn des betroffenen Hofs führen die Kritiker als Gründe vor allem mangelnde Infrastruktur und fehlende Integrationsmöglichkeiten in dem Bergdorf auf 900 Metern Höhe an, in dem nicht einmal doppelt so viele Einwohner leben.

Bergdorf sauer über späte Flüchtlingsinfo durch Landratsamt

Für erheblichen Unmut in der Bevölkerung sorgt, dass das Landratsamt die Bürger erst im März rund einen Monat vor dem geplanten Einzug der ersten Flüchtlinge über das Projekt informiert hat. Und dies, ergänzte Endreß, obwohl der Mietvertrag bereits im November abgeschlossen worden war. Seine Gemeinde habe den Landkreis erstmals schon im Frühjahr 2024 gebeten, die Bürger über das Projekt zu informieren, was jedoch aus juristischen Gründen nicht vor dem Abschluss des Mietvertrages habe erfolgen können.

Blaibachs Bürgermeister Christof Endreß und Oberallgäu-Landrätin Indra Baier-Müller.
Sind uneins über ein Flüchtlingsheim im Bergdorf: Bürgermeister Christof Endreß und Landrätin Indra Baier-Müller. Landratsamt Oberallgäu/Gemeinde Blaichach

Vermutlich tausende Euro Miete für leeres Flüchtlingsheim - Landrätin verweigert Auskunft

Laut Endreß soll der Petitionsausschuss das nächste Mal am 7. Mai tagen. Es sei jedoch bislang "unklar", ob dabei auch das Anliegen aus Gunzesried-Säge behandelt werde. Da der Mietvertrag des Landkreises mit dem Eigentümer des Heubethofs bereits am 1. März begann, fallen damit mindestens zwei Monatsmieten in Höhe von vermutlich jeweils mehreren tausend Euro an - für ein weiterhin leerstehendes Hotel.

Eine Sprecherin der Landrätin hatte nach einer schriftlichen Anfrage unserer Redaktion zunächst ignoriert, erbetene Angaben über die monatliche Miethöhe für den Heubethof zu machen. Erst auf Nachfrage erklärte Landrätin Baier-Müller dann, dass man um "Verständnis" bitte, "keine Informationen zur Miethöhe weiterzugeben".

Landrätin: "Nehmen Sorgen der Bürger sehr ernst"

Dass der Standort Heubethof aus Sicht der Gemeinde "nicht optimal eingeschätzt wird", sei dem Landratsamt bewusst, so Baier-Müller. Man nehme "die Sorgen und Bedenken der Bürgerinnen und Bürger in Blaichach sehr ernst". Gleichzeitig stünde man "vor der großen Herausforderung, Geflüchtete angemessen unterzubringen. Darüber hinaus müsse man "verantwortungsbewusst und kostensensibel" handeln. 

Gleichzeitig wies die Landrätin den Vorwurf "entschieden zurück", dass ihre Behörde nicht rechtzeitig und korrekt informiert habe. Die Abstimmung mit der Gemeinde habe stattgefunden, inklusive eines zustimmenden Beschlusses im Juni 2024. "Im Anschluss wurden am 12. März 2025 die Anwohner vor Ort informiert und am 14. März 2025 eine Information im gemeindlichen Mitteilungsblatt veröffentlicht", sagte Baier-Müller FOCUS online.

Keine Garantie, dass nicht doch viele Flüchtlinge in kleines Dorf kommen

Blaichachs Bürgermeister Endreß setzt nun auch auf die Sitzung des Petitionsausschusses. Zwar hatte Baier-Müller kurz vor dem Krisengespräch Mitte April davon gesprochen, dass man bemüht sei, in dem geplanten Heim nur wenige ukrainische Familien unterzubringen, die über eigene Autos verfügten und Arbeit hätten. "Eine Garantie aber, dass es dabei bleibt und nicht auch Flüchtlinge anderer Nationalitäten in dem Heim untergebracht werden, hat das Landratsamt aber nicht geben können." 

Endreß: "Es wäre wünschenswert, wenn der Petitionsausschuss die Leitplanken für dieses Projekt enger zieht als geplant, dass eine Unterbringung in Gunzesried-Säge verträglich in Bezug auf die einheimische Bevölkerung erfolgen kann." 

Nachbarn des Heubethofs in Gunzesried-Säge hatten zuvor kritisiert, dass die geplante Zahl von bis zu 45 Flüchtlingen in einem isolierten Hochtal bei nur 79 Einheimischen deutlich zu hoch sei und eine Integration unter derartigen Voraussetzungen nicht machbar sei.