CDU plant das Ende des Bürgergelds: Welche Auswirkungen könnte das auf Betroffene haben?

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Seit seiner Einführung 2023 ist das Bürgergeld immer wieder Gegenstand von Debatten. Jetzt plant die CDU, die Sozialleistung grundlegend zu reformieren.

Frankfurt — CDU/CSU haben die Bundestagswahl gewonnen. Im Wahlkampf warb die Union vor allem mit dem Wirtschaftsprojekt Agenda 2030, das für mehr Wirtschaftswachstum in Deutschland sorgen soll. Das Vorhaben soll statt durch Steuererhöhungen durch Einsparungen beim Bürgergeld finanziert werden.

In der ARD-Wahlarena äußerte sich Parteichef Friedrich Merz kurz vor der Wahl dazu und kündigte an, das Bürgergeld in seiner bisherigen Form abzuschaffen zu wollen.

„Neue Grundsicherung“ statt Bürgergeld: Das plant die CDU

Der CDU geht es dabei nicht um eine komplette Abschaffung der Sozialleistung, sondern um eine strukturelle Anpassung, die eine Namenänderung beinhaltet. Künftig soll das Bürgergeld „Neue Grundsicherung“ heißen. Im Wahlprogramm der Partei heißt es: „Das sogenannte ‚Bürgergeld‘ senkt die Anreize, eine Arbeit aufzunehmen.“ Die CDU kritisiert, dass das derzeitige System überwiegend fördere, aber nicht genug fordere. Dies würde der Gesellschaft mehr schaden als nutzen und zugleich das Land spalten.

Bürgergeld
In Deutschland beziehen rund 5 Millionen Menschen Bürgergeld. (Symbolbild) © Jens Kalaene/dpa

Die CDU will dazu die Anreize für Erwerbstätigkeit erhöhen, etwa durch höhere Hinzuverdienstgrenzen. Auch die Vermittlungsarbeit der Jobcenter soll gestärkt werden.

CDU will umstrukturieren: Strengere Kontrollen und mehr Sanktionen beim Bürgergeld

Ziel der Reform ist es vor allem, strengere Kontrollen und Sanktionen einzuführen. Wer arbeitsfähig ist, müsse einer Beschäftigung nachgehen, andernfalls drohe der Verlust der Sozialleistungen. Im Wahlprogramm heißt es dazu: „Wenn jemand grundsätzlich nicht bereit ist, Arbeit anzunehmen, muss der Staat davon ausgehen, dass er nicht bedürftig ist. Dann muss die Grundsicherung komplett gestrichen werden.“ Auch Terminversäumnisse sollen künftig härter geahndet werden. Wiederholtes Nichterscheinen könnte zu einer vollständigen Streichung der Leistungen führen.

Darüber hinaus plant die CDU eine verstärkte Kontrolle der Berechtigten. Es solle stets eine Vermögensprüfung stattfinden. Auch der Kampf gegen Sozialmissbrauch steht im Fokus: „Großangelegter Sozialleistungsmissbrauch, im Inland und von im Ausland lebenden Menschen, muss beendet werden. Dazu wollen wir einen vollständigen Datenaustausch zwischen den Sozial-, Finanz-, Sicherheits- und Ausländerbehörden.“

Allerdings ist Sozialleistungsbetrug ein vergleichsweise kleines Problem: 2022 lag die Missbrauchsquote bei etwa 4 Prozent. Das entspricht rund 119.000 Fällen bei insgesamt etwa fünf Millionen Leistungsberechtigten. Viel größer ist hingegen die Zahl der Menschen, die trotz Anspruchs keine Sozialleistungen beantragen. Laut dem Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der Hans-Böckler-Stiftung nehmen rund 60 Prozent der berechtigten Haushalte die Grundsicherung im Alter nicht in Anspruch, und mehr als ein Drittel verzichtet auf das Bürgergeld.

CDU will durch Bürgergeld-Reform drei Millionen Euro sparen: Experten zweifeln an Wahlversprechen

Die CDU rechnet damit, durch die Reform Einsparungen in Höhe von etwa drei Milliarden Euro zu erzielen. Allerdings zweifeln Fachleute daran, dass dieses Ziel erreicht werden kann. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hält die Einsparpotenziale für begrenzt: „Die Zahl der Bezieher wird voraussichtlich nicht sinken, weil die wirtschaftliche Lage schlecht ist und dies die Chancen mindert, vom Transferentzug in Arbeit zu kommen.“

Die Reform stößt zudem auf deutliche Kritik. Christian Bäumler, Landesvorsitzender der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft, warnt vor sozialen Härten: „Eine vollständige und dauerhafte Streichung der Grundsicherung ist jedoch mit dem christlichen Menschenbild nicht vereinbar.“ Auch Sozialverbände äußern sich besorgt. Michaela Engelmeier, Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland (SoVD), kritisiert: „Es ist unsäglich, dass mit dieser Debatte wieder Vorurteile gegen Menschen im Grundsicherungsbezug geschürt werden.“

Zudem bestehen verfassungsrechtliche Bedenken. Bereits 2019 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass Leistungskürzungen von 60 Prozent oder mehr nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sind.

Seit 2023: Bürgergeld zählt zu den größten Sozialreformen der letzten Jahre

Das Bürgergeld wurde am 1. Januar 2023 eingeführt und ersetzte das bisherige „Hartz IV“-System. Die Umstrukturierung gilt als eine der bedeutendsten Sozialreformen der letzten Jahrzehnte. Mit der Einführung wurden unter anderem die Regelsätze erhöht – für Alleinstehende etwa von 449 auf 502 Euro. Zudem wurden Sanktionen gelockert und der Fokus stärker auf Weiterbildung gelegt.

Wie schnell die CDU ihre Reformpläne umsetzen kann, hängt nun von den Koalitionsverhandlungen ab. Insbesondere mit der SPD könnte es dabei zu Diskussionen kommen, da sie das Bürgergeld ursprünglich eingeführt hat. Allerdings zeigt sich auch die SPD offen für Anpassungen der Sozialleistung.

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