Angst vor Le-Pen-Sieg: Macron taucht vor Frankreich-Wahl unter
Trotz Neuwahlen in Frankreich verschwindet Präsident Macron im Hintergrund. Eine Strategie steckt dahinter, die jedoch nach hinten losgeht.
Paris/Le Touquet – Zuerst bringt der französische Präsident Emmanuel Macron sein Land mit der Erklärung von Neuwahlen in Aufruhr, dann verschwindet er – ausgerechnet zu den Neuwahlen – in den Hintergrund. Um den ersten Wahltag (30. Juni) herum sah man Macron mit seiner Frau Brigitte Macron an der Atlantikküste spazieren.
Danach herrschte von Macrons Seite Funkstille. Am Ende des ersten Wahltags sprach nicht Emmanuel Macron, sondern der Premierminister Gabriel Attal. „Niemals in unserer Demokratie hat die Nationalversammlung wie an diesen Abend riskiert, von der extremen Rechten dominiert zu sein“, hieß es in der Erklärung. Auch bei der Ministerkonferenz am Mittwoch (03. Juli) sprach nicht etwa Macron, sondern die Regierungssprecherin Prisca Thevenot, und auf X wurde es auf einmal sehr still.

Macron-Urlaub soll Image aufpolieren: Präsident in Frankreich unbeliebt
Macrons Beliebtheit sank in der letzten Zeit gewaltig. „Macron démission“ (Macron Rücktritt) war schon längst ein bekannter Spruch auf Demonstrationen in Frankreich, bevor überhaupt von Neuwahlen die Rede war. Laut Le Temps hatte dem Präsidenten auch die Zeit nach der Bekanntmachung der Neuwahlen geschadet. So forderten die Parteivorsitzenden der Regierungsparteien selbst laut Le Monde eine „Demacronisierung“ der Kampagne. So wurde letztendlich sogar das Gesicht Macrons von dem Kampagnenmaterial entfernt.
Laut Politico sagte ein Renaissance-Politiker, Macron habe unterschätzt, „wie sehr die Öffentlichkeit durch seine Persönlichkeit abgeschreckt wurde“. Weiter sagte der Politiker, der namentlich nicht genannt wurde: „Es ist nicht wirklich so, dass er unsere Botschaft gehört hat, er war eher gezwungen, sie zu hören.“
In Le Touquet, wo der französische Präsident zuletzt gesehen wurde, fand am Samstag eine Flugshow statt. Mit schwarzer Basecap und einer Lederjacke hielt der französische Präsident sich eher bedeckt, ein Lächeln auf dem Gesicht. Le Parisien schrieb dazu, das Bild stehe „in völligem Gegensatz zu dem Kataklysmus, der die politische Familie des Staatschefs trifft“.
Plan geht nach hinten los: Macron erntet Kritik fürs Untertauchen
In den französischen Medien befand man das Auftreten des Präsidenten als „Provokation“ und „Katastrophe“ vor dem Hintergrund der Wahlergebnisse. In den Ergebnissen des ersten Wahltags hatte die rechtsextreme Partei Rassemblement National mit 33,15 Prozent die meisten Stimmen geholt.
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Der Zusammenschluss linker Parteien namens „Nouveau Front populaire“ holte 27,99 Prozent. Macrons Regierungszusammenschluss Ensemble kam mit 20,04 Prozent lediglich auf den dritten Platz, gefolgt von Les Républicains mit 10,23 Prozent. Da Macron bei der Ministerkonferenz bereits eine Zusammenarbeit mit der linkspopulistischen Partei La France Insoumise, die ebenfalls Teil des linken Wahlbündnisses ist, ablehnte, sind die Aussichten auf andere Koalitionen beschränkt.
Cohabitation oder Démission? Nach Frankreich-Wahl kann Macron nicht weiter untertauchen
„Vielleicht ist es eine Möglichkeit, den Weg, wie wir regieren, neu zu erfinden“, sagte Gabriel Attal im Radio France. Für eine Mehrheit müsste sich Macron allerdings nach links oder nach rechts öffnen. So oder so: die ruhigen Tage dürften für Macron abgezählt sein.
Nach dem zweiten Wahlgang (7. Juli) wird sich Macron um die Parlamentsmehrheiten und Regierungsbildung kümmern müssen. Dass der französische Präsident zurücktritt, wird aktuell noch als letzte Option gehandelt. Eher wird über eine lockere Koalitionsbildung oder eine sogenannte Cohabitation, eine Art Minderheitenregierung, nachgedacht. (lismah)