„Das ist schwere Arbeit“: Wie Ehrenamtliche Rehkitze vor dem Tod bewahren

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Die Kitzretterinnen Marion Rozanczyc (l.) und Antonia Vater von der Stiftung „Gmahde Wiesn“ in Oberhausen. © Wilz

Früher haben Rehkitzretter mühsam die Wiesen auf der Suche nach jungen Rehen durchkämmen müssen, damit sie nicht den Mähwerken der Landwirte zum Opfer fallen. Seitdem immer öfter Drohnen zum Einsatz kommen, ist die Suche einfacher und effektiver geworden. Zusätzliche Helfer braucht es vor dem Start der anstehenden Mähsaison aber trotzdem noch.

In den vergangenen Jahren haben die Rehkitzretter vielerorts kräftig investiert, um die Suche nach den Kitzen zu professionalisieren. Denn wenn die Landwirte in den nächsten Wochen erstmals nach dem Winter ihre Wiesen mähen, fällt das oft genau mit der Geburt der Rehkitze zusammen – und die haben den natürlichen Reflex, sich nahezu unsichtbar ins hohe Gras zu ducken, wenn Gefahr droht. Ohne Eigengeruch eine gute Taktik gegen Fuchs & Co., gegen die großen Traktoren mit ihren breiten Mähwerken aber fatal.

Deshalb haben die vereinzelten Gruppen von Rehkitzrettern im Landkreis in den vergangenen Jahren technisch aufgerüstet, und zwar mit Drohnen mit Wärmebildkameras. Darunter auch die Stiftung „Gmahde Wiesn“ in Oberhausen. Vier Drohnen mit fünf Piloten haben die Rehkitzretter mittlerweile im Einsatz, darunter Marion Rozanczyc. Die 60-Jährige setzt sich seit Jahren für den Tierschutz ein und ist seit kurzem auch ehrenamtliche Biberberaterin.

Rehkitzretterin ist auch als Biberberaterin tätig

„In der Hochsaison geht es um 4 oder 5 Uhr los“, sagt Rozanczyc. Idealerweise melden sich die Landwirte rechtzeitig tags zuvor, bevor sie auf die Wiesen zum Mähen fahren, und teilen die betreffenden Flächen mit. Die Helfer rücken dann aus, geben die Koordinaten ein und lassen die Drohne steigen. „Am besten besteht ein Trupp aus fünf Leuten“, sagt Rozanczyc. „Ein Pilot, einer, der die Drohne im Auge behält, und drei Läufer am Boden.“ Die werden per Funk an die Stelle beordert, an der die Kamera ein mögliches Rehkitz ausgemacht hat.

„Das ist trotzdem schwere Arbeit, je nachdem, wie hoch das Gras und wie unwegsam das Gelände ist“, sagt Rozanczyc. Zumal die Kitze so gut versteckt sind, dass sie manchmal nicht einmal zu sehen sind, wenn die Retter fast direkt davor stehen. „Man muss wirklich aufpassen, dass man nicht draufsteigt.“ Und wenn es wärmer ist, schaut jeder Maulwurfshügel in der Wärmebildkamera wie ein junges Reh aus.

Weitere Kitzretter

Im Landkreis und der Umgebung gibt es weitere Kitzretter, die mit Drohnen arbeiten:

- Kitzrettung Polling, Kathrin Städele (0170/8264 381 oder 0176/56475 359), www.rehkitzrettung-polling.de

- Kitzrettung Andechs, Tel. 08152/3960 267, www. kitzrettung-andechs.de

- Rehkitzrettung Altenstadt, Stefan Lang, Tel. 0151/67597 026

- Rehkitzrettung Lechbruck, Frank Henke Tel. 0172/3627 907, www.kitzretterlechbruck.de

- Jagdgenossenschaft Prem, Andrea Thorhauer, 08862/9874 593

- Kitzrettung Rott, Tel. 08869/213480

- Wildtierrettung Pfaffenwinkel (Peißenberg), Andreas Wachlinger, Tel. 0176/73563683, www.wildtierrettung-pfaffenwinkel.de

- Jagdgenossenschaft Böbing, Anne Schwaller (Tel. 08867/9139528), Andreas Glas (Tel. 08867/913231)

- Jagdgenossenschaft Peißenberg, Johann Schuster, Tel. 0160/93458293

Bis zu 15 Hektar in der Stunde schafft ein Pilot pro Drohne, je nachdem, wie oft es Alarm gibt und wie gut die Läufer unterwegs sind. Die müssen schließlich die Kitze vorsichtig, mit Grasbüscheln geschützt, damit sie keinen menschlichen Geruch annehmen und von der Mutter abgestoßen werden, in eine Kiste packen und am Rand der Wiese lagern, bis der Landwirt gemäht hat. „Die Landwirte warten oft schon, dass wir fertig sind“, sagt Rozanczyc. Falls es länger dauert, bis der Bauer kommt, versuchen die Retter mit sogenannten Kitzrettern, die Störgeräusche abgeben, zu verhindern, dass andere Rehe ihre Kitze in der bereits abgesuchten Wiese ablegen.

Eingekugelt, still und fast unsichtbar liegen die Rehkitze zur Setzzeit in den Wiesen.
Eingekugelt, still und fast unsichtbar liegen die Rehkitze zur Setzzeit in den Wiesen. © Buchner

Für die Helfer sind es zwei äußerst stressige Monate. Es gebe Helfer, die arbeiten im Schichtdienst und kommen direkt um 4 Uhr zum Einsatz, bevor sie daheim ins Bett gehen. „Vor allem Ältere haben zwar Zeit, aber die müssen schon fit sein, weil die Aufgabe nicht so leicht und körperlich anstrengend ist“, sagt Rozanczyc. Deshalb werden auch bei der „Gmahde Wiesn“ zu den 30 bestehenden Helfern immer zusätzliche Unterstützer gesucht, weil nur acht bis zehn wirklich immer verfügbar seien.

Einsatzgebiet wird immer größer

Und auch das Einsatzgebiet wird immer größer, weil sich immer mehr Landwirte (die verpflichtet sind, vor dem Mähen ihre Flächen abzusuchen) melden. Eigentlich sind sie vor allem im Bereich Oberhausen/Huglfing unterwegs, „aber vergangenes Jahr waren wir bis Bad Heilbrunn. Vor allem in der Penzberger Gegend gibt es noch Bedarf“, sagt Rozanczyc.

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Doch der Erfolg lässt die Strapazen verblassen. Es sei eine tolle Gemeinschaft. Und im Vorjahr habe man 42 Kitze gerettet, 2023 waren es sogar 128. Wer schon einmal ein vom Mähwerk verstümmeltes Rehkitz gesehen hat, das elend verendet ist, der weiß, dass sich die Mühe lohnt.

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