„Borderline-Demokratie“: Joschka Fischer rechnet mit USA unter Trump ab – und warnt vor Folgen für Europa
Der frühere Grünen-Außenminister Joschka Fischer sieht die USA auf einem gefährlichen Kurs. Europa muss handeln, um die Demokratie zu schützen.
Köln/Washington – Nur wenige Monate nach dem Amtsantritt von Donald Trump äußern zahlreiche europäische Kritiker Bedenken hinsichtlich der Demokratie in den USA. Grund dafür neben den fragwürdigen Entscheidungen der neuen „Effizienz-Behörde“ Doge sind vor allem die zahlreichen Präsidial-Erlasse, von denen einige auch ganz konkret die Rechte von Minderheiten beschneiden sollen. Nun hat sich auch der ehemalige Grünen-Außenminister Joschka Fischer zu Wort gemeldet und sieht laut der Deutschen Presse-Agentur die demokratischen Werte der USA in Gefahr.
So bezeichnet Fischer die USA als „Borderline-Demokratie“ und sieht das Land auf einem Weg der Selbstzerstörung, der vielen Amerikanerinnen und Amerikanern offenbar derzeit noch selbst nicht auffalle. Er argumentiert, dass sich die USA unter Trump von ihrer Rolle als „Garantiemacht der demokratischen Idee“ entfernen und sich stattdessen in Richtung „Oligarchie“ entwickeln könnten, beeinflusst von wohlhabenden Persönlichkeiten wie Elon Musk.

Europas Bande mit Trump und Putin: Fischer fordert Stärke statt Schmeicheleien
Im Gespräch mit der dpa äußerte der 76-jährige Fischer auch seine Bedenken über die Auswirkungen dieser Entwicklungen auf Europa. Er warnte davor, Trump zu unterschätzen, da dieser „kein Idiot“ sei und erkenne, „ihm jemand da unterschwellig etwas verkaufen will“, wenn diplomatische Beziehungen durch übertriebene Freundlichkeit geprägt seien. Beispiele dafür hätten zuletzt etwa Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der britische Premierminister Keir Starmer und Nato-Generalsekretär Mark Rutte geliefert. Fischer kritisierte diese Strategie als „Selbstbetrug“ und bezweifelte ihren Erfolg.
Fischer betonte, dass Trump nicht nur in „Ego-Kategorien“ denke, sondern vor allem in „Macht-Kategorien“. Europa müsse daher seine internationale Zusammenarbeit intensivieren, um sich als politische und militärische Macht zu etablieren. Nur durch Stärke, nicht durch Schmeicheleien, könnten Politiker wie Trump und Russlands Präsident Wladimir Putin beeindruckt werden.
Fischer warnt vor Zeitenwende: Trump und Putin zwingen Europa zu handeln
In einem Pressegespräch anlässlich der Vorstellung seines neuen Buches erklärte Fischer, dass er „heilfroh“ sei, in der aktuellen politischen Lage kein aktiver Politiker mehr zu sein. Er beobachte, dass die Welt, die er seit seiner Geburt 1948 kennt, „jetzt gerade zugrunde geht“. Dies stelle auch die neue, voraussichtlich schwarz-rote Regierung vor große Herausforderungen.
Die wichtigste Aufgabe dieser Regierung sieht Fischer nun darin, die internationale Zusammenarbeit Deutschlands mit anderen europäischen Staaten zu stärken. Angesichts des Einflusses von Putin und Trump gebe es „keine Alternative“ zur europäischen Integration. Vor allem in Bezug auf die notwendige militärische Aufrüstung seien die europäischen Staaten allein „zu klein“, um eine ernsthafte Perspektive zu entwickeln. Nur gemeinsam könnten sie von Putin und Trump ernst genommen werden. (saka mit dpa)