Tatsächlicher Frontverlauf im Ukraine-Krieg: Selenskyj rückt Trump-Wissen gerade – an dessen eigener Karte

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Eine US-Karte vom Frontverlauf im Ukraine-Krieg bildet nicht die Realität ab. Das hat Selenskyj offenbar Trump im Weißen Haus erklärt.

Washington, D.C. – Eine „ziemlich lange Diskussion über die Frage von Territorien“ hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj offenbar mit US-Präsident Donald Trump geführt. Das sagte Selenskyj nach dem Ukraine-Gipfel gegenüber Journalisten. „Ich habe den amerikanischen Verbündeten die Lage auf dem Schlachtfeld auf der Karte gezeigt – wer das Schlachtfeld wirklich kontrolliert, auf unserem Land, in den vorübergehend besetzten Gebieten“, fügte der Präsident hinzu.

Unter anderem die ukrainische Wochenzeitung Kyiv Post veröffentlichte in den sozialen Medien ein Foto, das eine Karte vom Frontverlauf im Ukraine-Krieg zeigt. Trump hatte die Karte im Oval Office aufstellen lassen. Wie auf dieser zu sehen ist, wird augenscheinlich fast 20 Prozent der Landmasse der Ukraine zu den besetzten Gebieten gezählt. Selenskyj sagte, er habe bei den Gesprächen deutlich gemacht, dass Russland nicht wegen der Stärke seiner Armee einen so großen Teil der Ukraine erobert habe.

Ukraine-Krieg: Russlands Erfolge auf dem Schlachtfeld überschaubar

Selenskyj verwies also auf die Umstände und Hintergründe, deretwegen ukrainische Gebiete unter Kontrolle Russlands stehen. So war die Halbinsel Krim im Jahr 2014 von Russland völkerrechtswidrig und ohne Kämpfe annektiert worden. Außerdem hatte Präsident Wladimir Putin dafür gesorgt, dass sich die Regionen Donezk und Luhansk von der Ukraine lossagten. 2022 ließ er dort schließlich rechtswidriger Weise Wahlen abhalten und die beiden Regionen ebenfalls annektieren.

Worauf Selenskyj also hinaus will: Auf dem Schlachtfeld stellt sich die Lage etwas anders dar; hier ist Russland weniger erfolgreich. Zahlen des Online-Portals Deep State zufolge haben die russischen Streitkräfte seit November 2022 nur 5842 Quadratkilometer ukrainischen Territoriums erobert. Das ist weniger als ein Prozent der ukrainischen Landmasse. Das bedeutet also: Die russische Armee konnte ihre größten Geländegewinne zu Kriegsbeginn verzeichnen.

Ukraine-Treffen in Washington
Selenskyj und Trump beim Ukraine-Gipfel in Washington. © Julia Demaree Nikhinson/AP/dpa

Wollte Trump mit der Karte Selenskyj unter Druck setzen?

Seitdem halten sich die Erfolge Russlands jedoch in Grenzen. Das liegt auch daran, dass die Ukraine im Zuge ihrer Gegenoffensiven unter anderem wesentliche Teile der Region Cherson zurückerobern konnte. Neben Donezk und Luhansk beansprucht Russland auch Cherson sowie Saporischschja für sich. Fakt ist aber: Die russische Armee hat bisher keine dieser Regionen in Gänze unter ihre Kontrolle gebracht. Das erklärte Selenskyj offenbar auch Trump, wie die Worte des ukrainischen Präsidenten es nahelegen.

Die Karte vom Frontverlauf, die Trump hatte aufstellen lassen, entsprach nicht der Realität. Allerdings sorgte sie nicht nur deshalb für Wirbel. Vor allem in den sozialen Medien wurde spekuliert, ob Trump mit der falschen Karte Selenskyj unter Druck setzen wollte, damit dieser Gebietsabtretungen in Betracht zieht. Falls das tatsächlich Trumps Plan war, so scheint er jedoch nicht aufgegangen zu sein. (grmo)

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