Rechtswissenschaftler Ebke: Globalisierung lässt sich nicht zurückdrehen

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Komplexer Vortrag: Werner F. Ebke (r.) bei seinem Vortrag in Miesbach. © sh

Der Rechtswissenschaftler Werner F. Ebke hat beim Rotary Club Schliersee in Miesbach über Fluch und Segen von Globalisierung referiert.

Miesbach – Eigentlich sollte er an diesem Abend über den Wirecard-Skandal sprechen, den er als Rechtswissenschaftler juristisch mit aufgearbeitet hat. Weil der Fall massiven Bilanzbetrugs aber noch längst nicht abgeschlossen ist, nahm Werner F. Ebke Abstand davon, sich öffentlich zu dem Thema zu äußern. Stattdessen widmete sich der 72-Jährige beim Rotary Club Schliersee der Globalisierung – und identifizierte sie bei aller vorhandenen Skepsis und Kritik als „Quelle für Wohlstand und Wachstum in Europa“.

Wirtschaftliche Kosten für Rückzug wären zu hoch

Trump, China, Corona – auch wenn der weltweite Handel immer wieder harten Prüfungen unterzogen wird, letztlich sei die Rückbesinnung auf lokale Märkte keine Alternative. „Die wirtschaftlichen Kosten für den politischen Rückzug aus der Globalisierung wären hoch“, sagte Ebke, Professor für Bürgerliches Recht, Wirtschaftsrecht, internationales Privatrecht und Steuerrecht, im Bayerischen Hof in Miesbach. Am Ende seines komplexen juristischen Vortrags stand die Erkenntnis, dass sich die über Jahrzehnte gewachsenen Strukturen nicht ohne Weiteres entflechten lassen.

Kein Konsens hinsichtlich der Grundfragen

Gleichwohl funktioniere das Zusammenspiel nur dann, wenn sich alle an die Spielregeln halten. „Das Grundproblem weltweit ist, dass es hinsichtlich der Grundfragen wie Freiheit oder Grenzen keinen Konsens gibt“, merkte Ebke an. Es gehe bei der Globalisierung also nicht nur ums Recht, sondern auch um die Frage, ob man die eigenen Regeln durchsetzen kann.

Auch Lebensgefährtin Susanne Porsche im Publikum

Clubpräsident Leonhard Stärk, der unter den Gästen auch Ebkes Lebensgefährtin Susanne Porsche und dessen Heidelberger Professoren-Kollegen Paul Kirchhof begrüßte, wollte in der anschließenden Fragerunde um die Instrumente wissen, die es ermöglichen, global agierenden Unternehmen wie Google, TikTok oder Facebook Einhalt zu gebieten. Der Jurist machte ihm hier wenig Hoffnung. „Wir erwarten von den USA, dass sie Regeln aufstellen“, sagte der 72-Jährige. „Sie haben aber das gleiche Problem wie der Rest der Welt: Sie können’s nicht durchsetzen.“ Maßnahmen wirkten stets nur für kurze Zeit. Mega-Konzerne seien eben „too big to fail“ – angesichts ihrer extrem hohen Systemrelevanz also zu groß zum Scheitern.

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