Neue Lösungen bei Fachkräftemangel - Hotellerie und Gastronomie: Der Kampf um Fachkräfte fordert Personal-Fracking
Wer in diesem Sektor arbeitet, macht es nicht nur des schnöden Mammons wegen, sondern tankt den persönlichen Akku auch durch den Kontakt mit netten Menschen auf. Um es auf den Punkt zu bringen: hier brennt die Kerze im Herzen lichterloh.
Für den nächsten Satz werde ich ganz viel Schläge einstecken müssen: Wir haben in Deutschland in erster Linie kein Mitarbeiterproblem – sondern ein Führungsproblem. Lob, Anerkennung und Wertschätzung sind die großen Baustellen.
Über 7,3 Millionen Beschäftigte haben innerlich gekündigt
Unsere gesellschaftliche Krise hat ganz klar auch extreme Auswirkungen auf die Dienstleistungsfront. Die Ergebnisse des Gallup Engagement Index Deutschland 2024 im Detail: Über 7,3 Millionen Beschäftigte haben innerlich gekündigt. 19 Prozent der Arbeitnehmer sind emotional nicht an ihren Arbeitgeber gebunden und machen Dienst nach Vorschrift 2023 waren es noch 18 Prozent). Was höre ich unentwegt aus den Führungsetagen: Wir können den Zaun nicht reparieren, weil wir die Hühner (sprich Gäste) fangen müssen.
So wird das nix. Wir brauchen endlich einen Paradigmen-Wechsel. Ein motivierter Mitarbeiter wird zur kostbarsten Ressource des Unternehmens. Rohöl ist nun mal auch rar und sehr teuer geworden. Die Gewinnung ist ein extrem kostspieliges Unterfangen.
Bleiben wir bei der Metapher von Bodenschätzen. Die Lage war vor 60 Jahren wie in Texas bei der Ölförderung. Wollte man Öl finden brauchte man nur einen kurzen Bohrer und schon spritzte einem das schwarze Gold entgegen. Der Druck im Boden nahm konstant ab, wir kompensierten diese Entwicklung mit immer tieferen Bohrlöchern. Leider reicht das heute nicht mehr aus. Jetzt kommt Fracking ins Spiel. Fracking bedeutet mit hohem Druck und immensen Aufwand die letzten Öltröpfchen aus den Bodenschichten zu pressen. Der Ölpreis spiegelt diese Entwicklung wieder. Wir müssen begreifen, dass die billigen Zeiten für uns vorbei sind. Das erfordert einen Change im Mindset.
Mehr Geld allein zieht keine motivierten Mitarbeiter an
Wenn ich einen guten Mitarbeiter haben will (der dummerweise seinen Wert kennt) geht das nur über den Preis. Zusätzlich muss ich ihm was bieten, was er bisher in dieser Form noch nicht hatte – Vertrauen und die Botschaft: schön, dass es Dich gibt und Du ein wertvoller Bestandteil unseres Teams bist. Menschen fange ich heute mit Zeit, Aufmerksamkeit und Interesse und nicht mit Gratis Obst in der Pause oder kostenlose Getränken.
Als Chef sollte ich mich dringend mit dem menschlichen Betriebssystem beschäftigen das nennen wir SWG. Selbstwertgefühl. Wenn ich die mehr als 30 Faktoren kenne, die den Ladezustand meines Mitarbeiters beeinflussen, dann habe ich Werkzeuge an der Hand, die Mitarbeiter im Unternehmen halten.
Das Fußball-Business zeigt es überdeutlich. Topspieler kann man mit einer halben Million mehr Gage nicht mehr locken. Das Geheimnis findet sich in den Umkleidekabinen und Duschen der Mannschaft. Top Teams haben alle Rituale. Der Trainer schafft ein Klima von Respekt, Anerkennung und Vertrauen. (Trust is the highest form of motivation) Dazu muss er jeden seiner Spieler ganz genau kennenlernen und zielgerichtete Zuwendung geben. Bestes Beispiel dafür war Jürgen Klopp.
Sog statt Druck! Darum sollte in Fortbildung investiert werden
Zurück zum Personal Fracking: Meine Mitarbeiter müssen Markenbotschafter sein. Das werden sie nur, wenn sie hinter dem Team und den Produkten/Services stehen. Dann werben Mitarbeiter in ihrem Umfeld auch neue Mitarbeiter. Wir erzeugen somit Sog – statt Druck. Ein ganz wichtiger Faktor ist Fortbildung. Die Hotellerie spart sich gerade zu Tode, wenn es um die Förderung von Potentialen der Mitarbeiter geht.
Ich spreche weder von preiswerten Whiskey Tastings oder Teeverkostungen sondern von Seminaren mit Mehrwert. Zum Fracking gehört ebenfalls die gezielte Abwerbung von geeigneten Kandidaten. Headhunter machen genau das. Zu guter Letzt sollten wir unseren Fokus bei der Personalauswahl ändern. Nicht eine Note im Zeugnis darf den Ausschlag geben, sondern die Kerze im Herzen muss brennen. Train for skills – but hire for attitude („Einstellen nach Einstellung und für Fähigkeiten schulen“).