Zweifel am Modell 50-50-Taxi: Rottacher Gemeinderäte fürchten Missbrauch
Taxi fahren zum halben Preis: So sieht das Nachfolgemodell fürs Anrufsammeltaxi (AST) im Landkreis Miesbach aus. Das Modell 50-50-Taxi lade zum Missbrauch ein, war im Rottacher Gemeinderat zu hören.
Rottach-Egern – Bürgermeister Christian Köck (CSU) musste in der Rottacher Gemeinderatssitzung beschwichtigen. Beim 50-50-Taxi handele es sich um eine Übergangslösung, die es zudem in der Praxis zu erproben gelte. „Wir sollten uns jetzt erst einmal darauf einlassen und dann weitersehen“, meinte er. Niemand widersprach.
Gutscheine werden an Jugendliche und Senioren ausgegeben
Das 50-50-Taxi startet im Januar 2024. Es ersetzt das AST, für das die Verträge enden. Im Tegernseer Tal, merkte Köck an, sei das AST ohnehin kaum bedient worden. Beim Modell 50-50-Taxi werden Gutscheine an die Zielgruppe ausgegeben, nämlich an Jugendliche von 14 bis 26 Jahren, Senioren ab 65 und Inhaber eines Schwerbehindertenausweises. Die Hälfte des Gutschein-Werts zahlt der Nutzer selbst. Für 30 Euro ist also ein Gutschein von 60 Euro zu haben. Die verbleibende Hälfte der Kosten übernimmt der Landkreis. Die Gemeinden wiederum sind für die Ausgabe zuständig. „Wir sind nur die Vermittler“, erklärte Kämmerer Martin Butz.
50-50-Taxi: Landkreis hat Budget von 270.000 Euro eingeplant
Das Kontingent ist so gedeckelt, dass es die Kosten fürs AST nicht übersteigt. Der Landkreis hat ein Budget von 270.000 Euro eingeplant. Nach jetzigem Stand, so Butz, erhält die Gemeinde Rottach-Egern 7500 Wertkarten für je fünf Euro. Maximal erhalten Bezugsberechtigte pro Monat Gutscheine im Wert von 60 Euro.
FWG-Gemeinderätin kritisiert: „Die Zielgruppe ist zu groß“
Gabriele Schultes-Jaskolla (FWG) zweifelt daran, dass die Eckpunkte des neuen Modells richtig gesetzt sind. Sie selbst sei über 65 Jahre alt und fahre einmal pro Monat nach München ins Theater. Also könne sie sich Gutscheine holen, um mit dem Taxi zur S-Bahn nach Holzkirchen zu fahren. „Aber ich bin sicher nicht diejenige, die so etwas braucht“, erklärte Schultes-Jaskolla. Sie empfahl, die Nutzung einzugrenzen. „Die Zielgruppe ist zu groß.“ Sie höre immer, dass der Landkreis zu wenig Geld habe, merkte Schultes-Jaskolla an. Und dann das.
Alexandra Wurmser (CSU) sieht es ähnlich: „Ich glaube, dass es Missbrauch geben wird.“ Es sei anzunehmen, dass viele sich die Wertkarten holen. „Und wenn sie weg sind, sind sie weg.“ Heißt: Im Juni gebe es vielleicht keine Gutscheine mehr. „Das ist schade für sozial Schwächere, die es vielleicht dringend brauchen.“ Gerade für junge Leute, meinte hingegen Alexandra Kolmansberger-Walleitner (Blitz), sei das 50-50-Modell aber „nicht verkehrt“.
Bürgermeister rechnet noch mit Nachjustierungen beim System
Ein Beschluss war nicht gefragt: Es handelte sich lediglich um eine Information. Das System, so Köck, sei sicher noch nicht „final ausgegoren“, er rechne mit Nachjustierungen. Zumal fraglich sei, ob das Angebot für alle 17 Landkreis-Kommunen gleichermaßen passe. Wichtig sei es zum Beispiel für Gemeinden wie Irschenberg, in denen anders als im Tegernseer Tal kaum Linienbusse verkehren.
Auch Waakirchen hat das Thema 50-50-Taxi schon im Gemeinderat behandelt
jm