Neue Grenzkontrollen: Erste Zahlen zu Zurückweisungen liegen vor – Nachbarland rügt Vorgehen

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Trotz viel Polizei bleibt bisher der erhoffte Effekt der neuen Kontrollen an den deutschen Grenzen aus. Die Polizei fordert weitere Maßnahmen, aus der EU tönt Kritik.

Berlin – Seit Montag (16. September) wird auch im Westen Deutschlands nach einer Anordnung von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) verschärft die Grenze kontrolliert. Trotz des hohen Personalaufkommens der Polizei bleibt der erwünschte große Effekt jedoch aus. Statistiken zeigen, dass die Anzahl unerlaubter Grenzübergänge im Westen Deutschlands vergleichsweise gering ist.

An der gesamten Westgrenze, also der Grenze zu den Niederlanden, Belgien, Luxemburg und Frankreich wurden laut Angaben der Bundespolizei, die der Welt am Sonntag vorlagen, von Montag bis Donnerstag 182 unerlaubte Einreiseversuche festgestellt. 100 davon sind direkt mit einer Zurückweisung verhindert worden. Was für ein massiver Personalaufwand damit verbunden ist, zeigt das Beispiel Bad Bentheim.

Polizisten kontrollieren am Grenzübergang Kiefersfelden den aus Österreich kommenden Verkehr.
Aktuell werden alle deutschen Landesgrenzen kontrolliert. © picture alliance/dpa | Peter Kneffel

Kontrollen wegen illegaler Einreisen an allen deutschen Grenzen – Schleuser sollen stärker ins Visier

Für den 19. September hieß es beispielsweise, dass nahe Bad Bentheim an der Grenze zu den Niederlanden „2014 Personen, 544 Fahrzeuge und 14 Züge“ kontrolliert worden sein. „Dabei kam es zu drei Zurückweisungen und drei Vollstreckungen von Haftbefehlen“, hieß es weiter. Allerdings seien für ein solches Ergebnis allein an diesem Tag 131 Polizeivollzugsbeamte im Einsatz gewesen. Ein riesiger personeller Aufwand für solch ein Ergebnis. Für mehr als stichprobenartige Kontrollen fehlt jedoch das Personal.

Der Präsident des Bundeskriminalamts, Holger Münch, hält die Maßnahmen für sinnvoll, da die „Anzahl der Feststellungen“ gestiegen sei. Er plädierte jedoch gegenüber dem RND auch dafür, sich um „die Netzwerke der Schleuser“ zu kümmern. „Es geht also darum, solche Ermittlungen entlang der Schleusungsrouten in internationaler Kooperation zu führen.“

Zurückweisung von Asylsuchenden an deutschen Grenzen – Umweg über Flixbusse

Seit Montag laufen die Kontrollen mit dem Ziel, unerlaubte Einreisen einzudämmen. Ohne Aufenthaltstitel gelten auch Asylgesuche als unerlaubte Einreise. Sie finden aktuell stichprobenartig an bestimmten Routen statt, die allerdings laut dem Vorsitzenden der Bundespolizeigewerkschaft, Andreas Roßkopf, auch umfahren würden. „Beispielsweise weichen die oft von illegal Einreisenden genutzten Flixbusse von den Autobahnen auf benachbarte Straßen aus“, so Roßkopf. Wie die CDU forderte auch Roßkopf die Zurückweisung von Asylsuchenden für eine größere Reduktion der Zuwanderung.

3626 Asylgesuche seien weiterhin innerhalb der ersten vier Tage nach Einsatzbeginn gestellt worden, so berichtete die Welt am Sonntag mit Verweis auf Daten des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF). In der Woche zuvor waren es Montag bis Donnerstag 3581, davor 3063.

Die Zahl der Asylgesuche zeigen eine Momentaufnahme, denn tatsächliche Asylanträge können oft erst verzögert gestellt werden. Sie sind von dem Asylrecht, das im Grundgesetz verankert ist, geschützt. Jeder der Anträge muss individuell geprüft werden, bevor eine Ausweisung möglich wäre.

Migration im Westen Deutschland vergleichsweise gering – aus Luxemburg tönt Kritik

In Nachbarländern wie Luxemburg stoßen die Kontrollen auf Missmut. „Es dürfen nicht wieder Grenzen in den Köpfen der Menschen entstehen“, sagte Luxemburgs Innenminister Léon Gloden. Nach Luxemburg pendeln täglich 200.000 Arbeitnehmer aus Deutschland.

Eine vom WDR geteilte Statistik der Bundespolizei zeigte, dass die westliche Grenze Deutschlands vergleichsweise wenig unerlaubte Einreisen aufwies. Im Jahr 2023 lag zum ersten Mal Polen ganz oben mit 33.000 illegalen Einreisen, gefolgt von Österreich (28.000), der Schweiz (19.000) und Tschechien (17.000). An diesen Ländergrenzen finden schon länger Grenzkontrollen statt.

Neue Grenzkontrollen in Deutschland wegen Schengen-Abkommen umstritten

Gerade weil Deutschland und die Nachbarländer Deutschlands zum Schengenraum der EU gehören, gelten die neuen Grenzkontrollen als umstritten. Das Schengen-Abkommen soll eigentlich das Überqueren von Landesgrenzen ohne langwierige Kontrollen ermöglichen. Weitere Einschränkungen könnten auch grundgesetzwidrig sein. Dort ist auch das Recht auf Asyl festgeschrieben.

Kritisiert wird auch, dass die strukturellen Probleme in Deutschland nicht beachtet werden. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) begründete die Grenzkontrollen gegenüber der EU-Kommission mit den fehlenden Unterkünften für Geflüchtete. Temporäre Grenzkontrollen ändern diesen Zustand jedoch nicht, sondern verschieben ihn nur. Einige Kommunen sind am Limit und wünschen sich stärkere Unterstützung. Auch aufgrund eines möglichen Domino-Effekts, bei dem andere Schengen-Länder ebenfalls die Grenzen kontrollieren, wird Faesers Vorgehen kritisiert. (lismah)

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