Höcke wünscht deutschen Unternehmen die Insolvenz: Drei Familienunternehmen nimmt er jetzt ins Visier

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Nicht nur lokale Wirtschaftsvertreter äußern Bedenken vor einem AfD-Wahlsieg mit Björn Höcke. © Matthias Bein/dpa

Vor der Landtagswahl in Thüringen teilt AfD-Chef Höcke nochmal gegen den deutschen Mittelstand aus. Seinen Wunsch nach deren Niedergang „würde er jederzeit wieder so tun“.

Erfurt – Der thüringische AfD-Spitzenkandidat Björn Höcke hat seine scharf kritisierten Äußerungen zu deutschen Familienunternehmen verteidigt und wiederholt. „Das würde ich jederzeit wieder so tun“, sagte der Politiker am Freitag (30. August) dem Sender Welt-TV. Höcke hatte bei einer Wahlkampfveranstaltung am vergangenen Wochenende in Sömmerda eine Gruppe von Familienunternehmen scharf kritisiert, die eine Kampagne „Made in Germany - Made by Vielfalt“ gestartet hatte.

Höcke sorgt mit Aussagen für Wirbel: Kampagne verdoppelt sich in kurzer Zeit

Die Kampagne setzt sich für demokratische Werte und gegen Populismus und Fremdenfeindlichkeit ein. Sie wurde bereits 2019 ins Leben gerufen und wird von zahlreichen bekannten deutschen Unternehmen unterstützt. Dazu gehören unter anderem Braun, Fischer, Fiege, Gröning, Lapp, Miele, Rossmann, Sennheiser, Stihl, Trigema, Voelkel und Vorwerk. Wie das Gründungsunternehmen Vorwerk in dieser Woche laut Wirtschaftswoche sagt: „In nur gut einer Woche hat sich die Zahl der Unternehmen auf inzwischen mehr als 70 bald verdoppelt. Und es kommen täglich weitere Firmen dazu.“

Als Grund für den Zuwachs werden die Aussagen Höckes genannt, denen sich nun immer mehr mittelständische Unternehmen entgegenstellen. Höcke bezeichnete die Kampagne als „pure Heuchelei“ und fügte hinzu: „Ich hoffe, dass diese Unternehmen in schwere, schwere wirtschaftliche Turbulenzen kommen.“ Indirekt rief er seine Unterstützer dazu auf, Produkte dieser Firmen nicht mehr zu kaufen.

Höcke wiederholt Aussagen – und kritisiert vor allem Miele, Vorwerk und Stihl

Im Gespräch mit Welt TV blieb er dabei und nannte drei der beteiligten Firmen konkret: „Ich habe Vorwerk, Miele und Stihl, die in heuchlerischer Art und Weise ‚Made in Germany‘ für sich verbuchen, obwohl sie gar nicht ‚Made in Germany‘ sind und obwohl sie gar keinen einzigen Standort in Thüringen haben und trotzdem sich in den politischen Wahlkampf einmischen, Heuchelei vorgeworfen.“ Seine Äußerung über die Turbulenzen solle dazu führen, „dass sie zur Einsicht kommen“, führte Höcke aus.

Er finde es „unanständig von mittelständischen Unternehmen, die selbst Deutschland verlassen, weil die Energiepreise explodieren, weil die Bürokratie überbordend ist, weil die Steuer und Abgabenlast immens ist wie in keinem anderen Land, dann auch noch gegen die einzige Partei das Wort ergreifen und Stimmung machen und Geld investieren, die mittelstandsfreundliche Politik will“, sagte der Rechtsaußen-Politiker weiter. Deshalb habe er sich „in einer Wahlkampfrede auch mal deutlich geäußert“.

Es haben sich aber auch Unternehmen, die in Thüringen ansässig sind, zu Wort gemeldet und vor der AfD gewarnt. So befürchtet das Thüringer Unternehmen Maximator Hydrogen, einer der führenden Anbieter und Entwickler von Wasserstofftankstellen, dass ein AfD-Wahlsieg keine guten Voraussetzungen für den Ausbau von Wasserstoff bedeuten könnte. Aus dem AfD-Wahlprogramm geht hervor, dass die Partei den Ausbau von Wasserstoff kritisch sieht, insbesondere die Produktion von grünem Wasserstoff.

Industriepräsident wirft Höcke und seiner AfD „Inkompetenz“ vor

Wasserstoff hält die AfD nur regional begrenzt für die Deckung des Energiebedarfs geeignet. Eine flächendeckende Wasserstoff-Infrastruktur stellt sie infrage. „Im schlimmsten Falle würde das für uns also heißen, dass wir den Standort Thüringen verlassen, unser Geschäft verlagern und woanders hochfahren müssen“, sagte CEO Matthias Kurras im Gespräch mit der Wirtschaftswoche.

Unter anderem der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, hatte Höcke nach der Wahlkampfrede scharf kritisiert. „Dass jemand, der Ministerpräsident werden möchte, erfolgreichen und standorttreuen mittelständischen Unternehmen wirtschaftlichen Schaden wünscht, belegt die Inkompetenz der Partei in diesem Feld“, sagte er. Er bezeichnete Äußerungen von AfD-Spitzenvertretern dabei generell als „für die Wirtschaft alarmierend“. Aktuellen Umfragen zufolge könnte die AfD mit 30 Prozent stärkste Partei des Bundeslandes bei der Wahl am Sonntag (1. September) werden.

Unternehmen feuern zurück: Höcke sei „unpatriotisch“

Im Handelsblatt hat Marie-Christine Ostermann, Präsidentin des Verbands „Die Familienunternehmer“ in einem Gastkommentar Stellung ebenfalls bezogen. „Wie unpatriotisch muss Björn Höcke sein – und das, obwohl sich die AfD gern als patriotische Partei schmückt –, wenn er Familienunternehmen, dem Rückgrat der deutschen Wirtschaft, den wirtschaftlichen Niedergang wünscht“, schreibt sie darin.

„Um es klar zu sagen: Thüringen und Sachsen stehen bei diesen Landtagswahlen an der Abbruchkante zur wirtschaftlichen Katastrophe“, so Ostermann. Denn der Fachkräftemangel wird in Thüringen und Sachsen aufgrund des demografischen Wandels hart zuschlagen. Ostermann berechnet, dass schon bald jeder vierte Arbeitsplatz in Thüringen nicht besetzt werden könne, bis 2033 geht jeder fünfte Arbeitnehmer in Thüringen in Rente.

Auch Edeka mischt sich ein: Aufruf zur Wahl in Thüringen

Auch die große Supermarktkette Edeka hat sich daher in der Woche von den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen klar positioniert. Das Unternehmen veröffentlichte einen ganzseitigen Aufruf in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, in der Wochenzeitung Die Zeit sowie in den sozialen Netzwerken. Die Anzeige ist betitelt mit dem Satz „Warum bei Edeka Blau nicht zur Wahl steht“. Dies ist als Anspielung auf die AfD zu verstehen, die Blau seit ihrer Gründung als Parteifarbe benutzt.

In der Anzeige sind zahlreiche Obst- und Gemüsesorten wie Gurken, Brokkoli, Bananen, Kirschen und Erdbeeren abgebildet. „In der Obst- und Gemüseabteilung herrscht die bunte Vielfalt“, steht im Text. „Die Evolution hat uns gelehrt: Blau ist keine gute Wahl“, heißt es. „In Deutschland sind die Blauen schon heute die größte Bedrohung einer vielfältigen Gesellschaft.“ (mit AFP und dpa)

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