Wegen Brückenstreit: Bürgermeister droht mit Blockaden auf Brennerautobahn

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Die 56 Jahre alte Luegbrücke soll durch einen Neubau ersetzt werden. © IMAGO/Eibner-Pressefoto/EXPA/Groder

Der Kampf um die Luegbrücke auf der Brennerautobahn droht zu eskalieren. Die Gemeinde Gries hat eine Klage gegen den Neubau verloren, der Bürgermeister gibt aber nicht auf. Notfalls gebe es Blockaden.

Gries am Brenner – Seit Jahren tobt um die 1,8 Kilometer lange Luegbrücke auf der österreichischen Seite der Brennerautobahn eine Schlammschlacht, die für einen Verkehrsinfarkt auf der für ganz Europa bedeutenden Strecke sorgen könnte. Der staatliche Autobahnbetreiber Asfinag möchte das 56 Jahre alte Viadukt zwischen Innsbruck und Brenner abreißen und durch einen größeren Neubau ersetzen lassen. Der Bürgermeister der von Lärm und Abgasen geplagten Anwohnergemeinde Gries, Karl Mühlsteiger, fordert jedoch einen Tunnel und kämpft mit allen Mitteln dagegen an.

Prozess verloren: Gemeindeoberhaupt kündigt Revision, Demos und Blockaden an

Er legte eine Beschwerde gegen den positiven Trassenbescheid für den Neubau ein. Das Landesverwaltungsgericht wies jedoch die Beschwerde am Donnerstag voriger Woche zurück. Mühlsteiger will mit rechtlichen Mitteln weiterkämpfen. Er kündigte laut ORF eine „außerordentliche Revision“ an. Am Ende des Tages würden die Gerichte entscheiden, was zu akzeptieren sei. Dann müsse man sehen, wie man weiter vorgehe. Mühlsteiger erwähnt hier etwa „Demonstrationen und Blockaden“ entlang der Brennerautobahn, um in Brüssel und Wien Gehör zu finden.

Gries am Brenner mit der Luegbrücke im Hintergrund.
Die Gemeinde Gries am Brenner möchte die Autobahnbrücke loswerden. © Aje via imago-images.de

Die Revision stehe der Gemeinde und dem Bürgermeister zu, sagt der Regionalleiter der Asfinag, Günter Fritz, dem ORF. Man akzeptiere das, man möchte aber auch an die Vernunft appellieren, denn der Neubau der Luegbrücke sei zwingend notwendig. „Wir hoffen, dass die Gemeinde nicht weiterhin den Baustart verzögert“, so Fritz. Wenn alle anstehenden Verfahren positiv ausfallen, könne nächstes Jahr der Neubau begonnen werden.

Flugblatt des Autobahnbetreibers sorgt für Wirbel, bis die Justiz eingeschaltet wird

Bürgermeister Mühlsteiger und die Asfinag liefern sich schon seit Jahren einen Kleinkrieg um den Brückenneubau. Im April flatterte den Einwohnern von Gries und der Nachbargemeinden ein doppelseitiges Hochglanz-Flugblatt in die Briefkästen, für Asfinag-Geschäftsführer Stefan Siegele ein „Informations-Schreiben“, wie er der Tiroler Tageszeitung sagte. Darin wird den Bürgern erklärt, wieso „wir nicht bereits seit Ende 2022 auf einem neuen Bauwerk fahren“.

Damit schiebt die Asfinag den schwarzen Peter, wieso es mangels neuer Brücke zu Schwierigkeiten auf der Brennerautobahn kommen könne, der Gemeinde zu. Seit Anfang April findet eine statische Überprüfung des Bauwerks statt, weshalb es je Richtung nur einspurig befahrbar ist. Die Einspurigkeit könne wegen statischer Probleme zum Dauerprovisorium werden, erklärte die Asfinag voriges Jahr, sogar eine „Totalsperre“ der Brücke sei möglich. Die ab 2025 fixe Einspurigkeit sei aber „der nicht nachvollziehbaren Haltung des Bürgermeisters geschuldet“, heißt es im Postwurfblatt. Wider besseres Wissen lege dieser sich in den Verfahren quer, was zu „massiven Planungs-Verzögerungen und zur nunmehrigen Situation“ geführt habe. Die Asfinag indes orientiere sich „an Fakten, nicht an Fake-News“. 

Die Standfestigkeit der Brücke ist mittelfristig gefährdet.
Unter der Luegbrücke wurden provisorische Stahlstützen eingebaut und neue Fundamente in den Fels gegossen. © Asfinag/Porr

Die Asfinag redet den geplanten schrittweisen Abriss und breiteren Neubau der Brücke immer als „Generalerneuerung“ klein. Der Bürgermeister und wohl viele Grieser befürchten, dass durch den Neubau die Verkehrslawine auf der Brennerautobahn noch größer wird.

Bürgermeister erfährt Rückenwind in der Bevölkerung und der Politik

Der Bürgermeister berichtete der Tiroler Tageszeitung, er habe nach dem Flugblatt Hunderte Solidarität-E-Mails und SMS bekommen. Der konservative ÖVP-Landtagsabgeordnete Florian Riedl bezeichnete das Schreiben als „Diffamierungsbrief“ und fordert eine Entschuldigung. Für Birgit Obermüller (NEOS) habe die Asfinag damit „eine rote Linie überschritten“. Mühlsteiger als alleinigen Schuldigen für die Misere hinzustellen, sei „letztklassig“. Der Bürgermeister schaltete schließlich die Staatsanwaltschaft ein und bat um eine „Sachverhaltsdarstellung“. Er sagte der Zeitung: „Es wurden die Grenzen des Anstandes massiv überschritten.“

Ein paar Tage später revanchierte sich Mühlsteiger mit der Ankündigung, keine neuen Fangnetze an den Hängen oberhalb der Luegbrücke zu montieren, die Geröll und umgestürzte Bäume von der Autobahn fernhalten sollen. „Dafür werden wir keinen Cent in die Hand nehmen“, sagte er wieder der Heimatzeitung. Denn der Schutzwald schütze aktuell nur die Luegbrücke.

Ortschef schlägt mit Borkenkäfern zurück

Oberhalb der Brücke haben Borkenkäfer den Wald platt gemacht, die Gemeinde muss die abgestorbenen Bäume aufwändig mit Hubschraubern ausfliegen. Das koste 790.000 Euro. In einem Vertrag zwischen Asfinag und Gemeinde ist zwar eine Kofinanzierung festgelegt worden, allerdings war da von 200.000 Euro die Rede. Mühlsteiger drohte auch damit, die Flüge einzustellen, wenn die Kostenfrage nicht geklärt werde. Man darf gespannt sein, wie das nächste Scharmützel an der Brennerautobahn aussieht.

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