Stimmen und Entwicklungen zur Europawahl 2024 - Russischer Einfluss auf Europawahlen Thema bei EU-Gipfel
Es sei Zeit für „neue europäische Maßnahmen zur Bekämpfung feindlicher russischer Aktivitäten“, heißt es in einem Schreiben von de Croo und dem tschechischen Regierungschef Petr Fiala an ihre EU-Kollegen. Sie wollen sich demnach für einen Einsatz der EU-Staatsanwaltschaft und der Anti-Betrugsbehörde einsetzen.
Die tschechische Regierung hatte Ende März die Enttarnung eines von Moskau finanzierten Propaganda-Netzwerks bekannt gegeben, das die in Prag ansässige Internetseite „Voice of Europe“ nutze, um in der EU Stimmung gegen die Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen Russland zu machen. Auch die belgischen Behörden kündigten in der vergangenen Woche Ermittlungen an.
„Wir können nicht zulassen, dass Russland mit einem so eklatanten Angriff auf unsere demokratischen Grundsätze und Institutionen davonkommt“, erklärten die beiden Regierungschefs weiter. Es sei eindeutig, dass die russische Regierung die Europawahlen beeinflussen und pro-russische Politiker im Europaparlament stärken wolle.
Parlamentspräsidentin Roberta Metsola sagte, das Parlament werde mit den Behörden zusammenarbeiten, damit die Wahlen „nicht irgendwelchen Versuchen der Einmischung zum Opfer fallen“. Gerade in der hektischen Phase des Wahlkampfs wenige Wochen vor den Wahlen müsse die EU „sehr, sehr vorsichtig sein“.
Im Zusammenhang mit „Voice of Europe“ soll nach Informationen der tschechischen Zeitung „Denik N“ auch Geld an Politiker aus Deutschland, Belgien, Frankreich, Polen, Ungarn und den Niederlanden geflossen sein. Die belgische Regierung hatte bekannt gegeben, dass nach Geheimdiensterkenntnissen mehrere Europaabgeordnete Geld erhalten hätten, um „russische Propaganda“ zu befördern.
In Deutschland steht insbesondere der AfD-Bundestagsabgeordnete und Kandidat für die Europawahl, Petr Bystron, im Verdacht, Geld aus Russland erhalten zu haben. Mehrere Medien hatten berichtet, Bystron habe Geld aus einem mit „Voice of Europe“ zusammenhängenden pro-russischen Netzwerk erhalten. Bystron wies die Anschuldigungen zurück.
Belgien und Tschechien fordern nun einen Einsatz der EU-Behörden. Zu prüfen sei, ob die Befugnisse der Europäischen Staatsanwaltschaft EPPO und der Anti-Betrugsbehörde Olaf ausreichend seien, um in dem Fall zu ermitteln.
Frieden und Demokratie sind Deutschen bei Europawahl besonders wichtig
Mittwoch, 17. April, 9.28 Uhr: Bei der bevorstehenden Europawahl geht es nach Ansicht der Deutschen vor allem um die Verteidigung von Frieden, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Das geht aus einer am Mittwoch veröffentlichten Eurobarometer-Umfrage des Parlaments hervor. Bei der Frage, welche Werte das Europäische Parlament in den kommenden Jahren vorrangig verteidigen sollte, zeigten sich - teils deutliche - Unterschiede zwischen den Ergebnissen in Deutschland und anderen EU-Ländern.
So nannten hierzulande 57 Prozent der Befragten „Frieden“ als Schwerpunkt, europaweit waren es hingegen nur etwa 47 Prozent. Bei „Demokratie“ waren es im EU-Schnitt 33 Prozent, in Deutschland 48 Prozent. Auch „Rechtsstaatlichkeit“ ist Frauen und Männern in Deutschland (28 Prozent) wichtiger als anderen EU-Bürgerinnen (20 Prozent). Gleiches gilt für das Wahlkampfthema „Migration und Asyl“: 34 Prozent der Bundesbürger wollen es vor der Europawahl vorrangig diskutiert sehen, EU-weit sind es nur 24 Prozent. Landwirtschaft und Klimapolitik sind den Deutschen hingegen weniger wichtig.
Wenn kommende Woche Wahlen wären, würden 78 Prozent der Befragten in Deutschland nach eigenen Angaben wahrscheinlich ihre Stimme abgeben. Die tatsächliche Wahlbeteiligung lag 2019 in Deutschland bei 61 Prozent.
Für die Erhebung hatte das EU-Parlament die Forschungsagentur Verian beauftragt, zwischen dem 7. Februar und dem 3. März Umfragen in allen 27 EU-Mitgliedstaaten durchzuführen. Insgesamt wurden 26 411 Menschen persönlich - und teils mit digitaler Unterstützung - befragt, davon 1521 in Deutschland.
Klima und junge Wähler: Grünen starten mit Tiktok im Europawahlkampf
19.44 Uhr: 55 Tage vor der Europawahl wollen die Grünen neben ihren bewährten Kernthemen Klima- und Umweltschutz auch mit einem neuen Tiktok-Kanal punkten. Der proaktive Wahlkampf auf der Plattform solle zeigen, wie wichtig junge und Erstwähler für die Partei seien, sagte Spitzenkandidatin Terry Reintke am Montag bei der Vorstellung der Kampagne der deutschen Grünen für die EU-Parlamentswahl am 9. Juni. Es habe Bedenken gegeben, auf der chinesischen Plattform präsent zu sein. Aber: „Wir wollen diesen Raum nicht den Rechten überlassen“, betonte die politische Geschäftsführerin der Partei, Emily Büning. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist seit kurzem bei Tiktok präsent.
Die Europawahlkampagne der Grünen steht unter dem Motto „Machen, was zählt“. Zentrales Thema sei dabei die Zukunft des Green Deals, sagte Reintke, die seit 2014 Mitglied des Europäischen Parlaments ist. Es seien die Union und rechte Kräfte, die versuchen, „die Axt an den Green Deal zu legen“. Bei dem Programm geht es darum, dass die EU bis 2050 klimaneutral wird.
Bei der Europawahl wollen die Grünen drei Themen bespielen, sagte der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour. „Das ist Frieden und Sicherheit, das ist Wohlstand und Klimaschutz und das ist Demokratie und Freiheit.“ Die EU sei kein Selbstzweck, sondern ein Mehrwert, betonte er. Unter anderem möchte man eine gemeinsame Agentur für einen europäischen Geheimdienst aufstellen, „die unsere Demokratien besser und frühzeitiger schützt und die Eingriffe abwehrt, die wir tagtäglich sehen“.
Von der Leyen warnt vor Beeinflussung der Europawahl durch Russland
Montag, 15. April, 07.35 Uhr: Zwei Monate vor der Europawahl hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vor deren Beeinflussung durch Russland gewarnt. Ähnliches gelte für die Landtagswahlen in den drei ostdeutschen Bundesländern Sachsen, Thüringen und Brandenburg, sagte von der Leyen dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND, Montagsausgaben). „Rund um diese Daten müssen wir mit Manipulationsversuchen rechnen, mit einer Flut von Falschmeldungen, aber auch mit Störungen und Provokationen, die bei genauem Hinsehen in Russland ihren Ursprung haben.“
Die EU-Staaten sollten sich davon aber „nicht beeindrucken lassen“. Vielmehr solle Europa „zusammenhalten und standfest sein, unter anderem durch konsequente Fortsetzung der Hilfen für die Ukraine“, sagte von der Leyen weiter.
Zugleich warnte sie von einem doppelten Angriff auf Europa. Zeitgleich zum russischen Angriffskrieg in der Ukraine würden derzeit quer durch die EU zunehmende anti-europäische Aktivitäten pro-russischer Unterstützer des russischen Präsidenten Wladimir Putin registriert, etwa der AfD in Deutschland. „Machen wir uns nichts vor: Putins Freunde wollen die Europäische Union zerstören, von innen, durch einen Zersetzungsprozess“, sagte von der Leyen dem RND.
Vor diesem Hintergrund appellierte sie an alle EU-Bürger, bei der Europawahl am 9. Juni von ihrem demokratischem Stimmrecht Gebrauch zu machen und die politische Mitte zu stärken. „Wir kommen jetzt in eine Zeit, in der wir für unsere Demokratie und dieses Europa aufstehen müssen“, warnte von der Leyen.
Die Wahl zum Europäischen Parlament findet in Deutschland am 9. Juni statt. Im Zusammenhang mit Vorwürfen gegen den AfD-Bundestagsabgeordneten Petr Bystron wegen angeblicher Annahme von Geldern aus Russland hatten die Ampel-Fraktionen und die Union die AfD wegen ihrer Nähe zu Russland scharf kritisiert. Bystron kandidiert auf Platz zwei der AfD-Liste für die Europawahl.
In den drei ostdeutschen Bundesländern Sachsen, Thüringen und Brandenburg finden im September Landtagswahlen statt. In Umfragen liegt die AfD derzeit in allen drei Bundesländern vorn.
NRW-Grüne starten in Europawahlkampf
Sonntag, 14. April, 03.31 Uhr: Mit landes- und bundespolitischer Prominenz starten die nordrhein-westfälischen Grünen am Sonntag (12.00 Uhr) in ihren Wahlkampf für die Europawahl im Juni. Bei einem sogenannten kleinen Parteitag wollen in Aachen unter anderem die Spitzenkandidatin der Grünen bei der Europawahl, Terry Reintke, die Co-Fraktionschefin im Bundestag, Katharina Dröge, alle vier Grünen-Landesminister sowie die Spitzen der Landespartei und Landtagsfraktion zu den rund 110 geladenen Delegierten sprechen. Anschließend geht es zum offiziellen Wahlkampfauftakt in die Aachener Innenstadt.
Bei der Sitzung des Parteirats steht zunächst ein europapolitischer Leitantrag zur Abstimmung. Dort fordert der Landesvorstand unter anderem, das europäische Nachtzugnetz auch in NRW auszubauen. Eine anbieterübergreifende Buchungsplattform sollte demnach grenzüberschreitende Fahrkarten anbieten. Zuletzt hatte sich auch die Linke für eine gemeinnützige europäische Bahngesellschaft ausgesprochen, die den grenzüberschreitenden Zugverkehr organisieren soll. Die Grünen wollen darüber hinaus Flatrate-Angebote nach dem Prinzip des Deutschlandtickets, so „dass man mit einem Europaticket den Nahverkehr in der gesamten EU nutzen kann“.
Im Bereich der europäischen Agrarpolitik fordert der Leitantrag eine Abkehr vom bisherigen System der Agrarsubventionen. Diese gingen bislang vor allem an die größten Betriebe, was viele kleine Höfe in die Insolvenz führe.
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