FOCUS-Briefing von Tanit Koch - ARD, ZDF und das unfaire TV-Duell
Im Schatten der Vertrauensfrage haben die nämlich ein TV-Duell zwischen „dem amtierenden Bundeskanzler“ Olaf Scholz und seinem „aussichtsreichsten Herausforderer“ Friedrich Merz angekündigt (90 Minuten, 9.2.). Doch weder gibt es irgendeine Gewissheit, wer im Februar wie „aussichtsreich“ ist. Noch sind wir beim Boxen, wo der „amtierende“ Champion seinen Gürtel behält, wenn der „Herausforderer“ scheitert.
ARD und ZDF schneidern sich die Teilnahmekriterien, wie es ihnen passt – dagegen ist die Kandidatenauswahl beim Dschungelcamp geradezu transparent.
Grünen-Chefin Franziska Brantner kritisiert zurecht, die Entscheidung greife „in einen offenen Wahlkampf ein.“ Während ein AfD-Sprecher in der Bild-Zeitung über öffentlich-rechtliche „Kreativität“ spottet: „Im vergangenen Bundestagswahlkampf wurde noch mit den damals aktuellen Umfragewerten argumentiert, weshalb neben Union und SPD auch die Grünen zu den sogenannten Triellen eingeladen wurden.“
Anders ist das Scholz-Merz-Duell nicht zu erklären
Nun, da die in Teilen rechtsextreme AfD stabil auf Platz zwei der Umfragen liegt, suchten die Programm-Macher wohl einen Weg, um Alice Weidel aus dem Studio rauszuhalten. Anders ist das Scholz-Merz-Duell nicht zu erklären.
Dass man damit Wähler bevormundet? Und Robert Habeck benachteiligt? Offenbar egal. Davon profitiert in dem kurzen Wahlkampf vor allem Olaf Scholz: Zur Sonntags-Primetime – 2021 schauten 10,9 Millionen Menschen das Triell bei den Öffentlich-Rechtlichen – darf er konkurrenzlos jene Wähler umgarnen, die zwischen Rot und Grün schwanken.
Per Pressemitteilung geben sich ARD und ZDF ausgewogen
Per Pressemitteilung geben sich ARD und ZDF zwar ausgewogen: Es sei „ein weiteres gemeinsames Duell geplant – dazu sind Robert Habeck und Alice Weidel angefragt.“ Nach Informationen von FOCUS Briefing wussten die Verantwortlichen da allerdings längst, dass Habeck an einem solchen Duell nicht teilnehmen würde. Sie taten dennoch so, als sei es in Arbeit.
Auch bei RTL gibt es nur ein Duell (16. Februar, moderiert von Günther Jauch). Der öffentlich-rechtliche Rundfunk macht sich damit jedoch ungleich angreifbarer. Wer, wenn nicht gebührenfinanzierte Sender, sollte das Wort Chancengleichheit buchstabieren können?
Solo, Quartett, Jeder gegen Jeden – oder einfach Münster-Tatort und Rosamunde Pilcher: Alles wäre fairer gewesen als dieses TV-Duell, das in unserer Parteienlandschaft schlicht nicht mehr zeitgemäß ist.
Oder doch?