„Wenn die Deutschen das haben...“ - Jetzt erobert eine deutsche Energie-Innovation Europa

Die Deutschen und ihre Balkonkraftwerke - eine Liebesgeschichte, die nun auch andere Länder erreicht? Zumindest scheint es so, wenn man nach Spanien schaut. Europas Nummer zwei (an erster Stelle steht übrigens Deutschland) beim Ausbau der Solarkapazitäten glänzte bisher vor allem durch den großflächigen A usbau in abgelegenen Regionen. Wie der britische „Guardian“ berichtet, wollen nun auch immer mehr Spanier ihr eigenes kleines Balkonkraftwerk. 

Warum Balkon-Solar so beliebt ist

Nach Angaben des Bundesnetzagentur profitieren derzeit mehr als 700.000 deutsche Balkone vom eigenen Solarpanel. Weil aber nicht jede Balkonanlage auch bei der Agentur registriert ist, kommt noch eine „Dunkelziffer“ hinzu, manche Schätzungen gehen sogar von 1,5 Millionen installierten Geräten aus.

Bei Balkonkraftwerke handelt es sich um einfache Module, die meist auf dem Balkon aufgestellt werden und bei richtiger Ausrichtung Strom erzeugen, der direkt als Haushaltsstrom genutzt werden kann. Solche Systeme werden auch als „Plug and Play“-Systeme bezeichnet. Voraussetzung ist ein sogenannter Wechselrichter, der den von den Solarmodulen erzeugten Strom umwandelt, sowie eine geeignete Steckdose. Wer ein Balkonkraftwerk besitzt, nutzt also immer zuerst den selbst erzeugten Strom, bevor das öffentliche Netz zum Einsatz kommt. 

Die Vorteile der Balkonkraftwerke liegen auf der Hand: 

  • Strom wird dezentral erzeugt und kann direkt nach Bedarf genutzt werden.
  • Die Module sind einfach zu installieren, ein Handwerker ist meist nicht nötig.
  • Die Preise sind mittlerweile stark gesunken, wodurch sich der Kauf bereits nach wenigen Jahren amortisiert hat - und das Sparen bald beginnt.

In Spanien ist auch der Winter kein Problem

Spanien gehört zu den sonnenreichsten Ländern Europas und hat damit optimale Voraussetzungen für die Erzeugung von Solarstrom. Insgesamt 15 Prozent der Gesamtstromerzeugung in Spanien stammen aus Solarzellen. Dennoch gibt es bisher nur wenige Wohngebäude, auf deren Dächern PV-Anlagen Strom erzeugen: Laut „Guardian“ liegt das daran, dass für die Installation von Solarpaneelen die Zustimmung der Hausgemeinschaft erforderlich ist. Diese Regelung lässt sich mit Balkonkraftwerken umgehen, die nur dann genehmigungspflichtig sind, wenn das Gebäude unter Denkmalschutz steht oder die Leistung der Anlage 800 Watt übersteigt - die gleiche Regelung gilt übrigens auch in Deutschland. 

Spanien investiert wie viele andere Länder in den Ausbau erneuerbarer Energien und hat sich zum Ziel gesetzt, bis spätestens 2050 klimaneutral zu werden. Dabei kommen immer mehr sogenannte „Energiegemeinschaften“ zum Einsatz - Gemeinden, die ihren Strom selbst erzeugen und auch direkt verbrauchen. So soll die Energiewende vorangetrieben werden.

Balkonkraftwerke können dabei helfen: Während PV-Anlagen im großen Stil auf Schuldächern, Sportanlagen und ähnlichem installiert werden, können Balkonkraftwerke, die direkt von den Bewohnern genutzt werden, zusätzliche Leistung erzeugen und das Netz entlasten. Im Fall von Spanien profitieren Balkonanlagen im Vergleich zu Dachanlagen zudem besonders von der im Winter tiefer stehenden Sonne.

Experten fordern einfachere Regeln

Die Vorteile von Balkonkraftwerken seien vor allem für Städte von großer Bedeutung seien, sagte Raquel Paule von der Energie-Stiftung „Foundacion Renovables“ in Madrid dem „Guardian“. Deren Energiebedarf müsse bislang zu einem großen Teil aus Stromquellen außerhalb der Städte gedeckt werden - Balkonkraftwerke könnten hier helfen. Dafür, so Paule, müssten nicht nur Architekten bei der Planung und dem Bau neuer Häuser an Balkonkraftwerke denken, sondern auch Vorschriften angepasst werden.

Inzwischen sind die Minikraftwerke so beliebt, dass sie sogar von Ikea angeboten werden. Der Markt hat sich schon entschieden. „Wenn 1,5 Millionen Deutsche Balkonsolaranlagen gekauft haben“, sagt Santiago Vernetta, CEO des spanischen Energieanbieters Tornasol Energy, dem „Guardian“, „dann muss da was dran sein.“