Nahost-Konflikt im Ticker - Baerbock fordert von Israel Stopp der Provokationen

Baerbock in Tel Aviv - Treffen mit Katz und Galant

Freitag, 6. September, 8.13 Uhr: Außenministerin Annalena Baerbock setzt ihre Krisengespräche im Nahen Osten nach Stationen in Saudi-Arabien und Jordanien in Israel fort. In der Küstenmetropole Tel Aviv kam die Grünen-Politikerin am Freitag mit ihrem Kollegen Israel Katz zusammen. Dabei dürften die nach wie vor stockenden Vermittlungsbemühungen für eine Vereinbarung zwischen Israel und der islamistischen Hamas über eine Waffenruhe und eine Freilassung von Geiseln im Mittelpunkt stehen. 

Während die US-Regierung eine solche Vereinbarung in Reichweite sieht, bleibt Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bei Fragen rund um einen Abzug israelischer Truppen aus dem Gazastreifen unnachgiebig.

Es wird erwartet, dass Baerbock auch die Lage der Zivilbevölkerung im Gazastreifen sowie den Gewaltausbruch im Westjordanland zur Sprache bringt. Die Ministerin hatte am Vortag in der jordanischen Hauptstadt Amman gesagt, Israel sei „im Westjordanland Besatzungsmacht und gemäß Genfer Konvention dazu verpflichtet, Recht und Ordnung aufrechtzuerhalten, anstatt sie zu gefährden„. Sie ergänzte: “Das schließt ausdrücklich den Schutz der Bevölkerung vor Übergriffen von gewalttätigen, radikalen Siedlern mit ein.“ 

Baerbock will in Tel Aviv auch mit Verteidigungsminister Joav Galant sprechen. Ein Treffen mit Netanjahu war nicht geplant. In Ramallah im Westjordanland wollte die Ministerin am Nachmittag mit dem Ministerpräsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA), Mohammed Mustafa, zusammenkommen. Die Behörde könnte aus Baerbocks Sicht in einer Nachkriegsordnung im Gazastreifen eine wichtige Rolle spielen.

Außenministerin Baerbock appelliert an Israel: Provokation müssen aufhören

19:41 Uhr: Außenministerin Annalena Baerbock hat Teile der israelischen Regierung kurz vor ihrem Besuch in Tel Aviv aufgefordert, die Lage im Nahen Osten nicht weiter zu destabilisieren. „Jegliche Versuche, am bestehenden Status quo der heiligen Stätten in Jerusalem zu rütteln, weisen wir entschieden zurück“, sagte die Grünen-Politikerin bei einem Treffen mit ihrem jordanischen Amtskollegen Aiman al-Safadi in der Hauptstadt Amman. 

Worte und Taten einzelner israelischer Minister wie etwa der Besuch des rechtsextremen Polizeiministers Itamar Ben-Gvir auf dem Tempelberg in Jerusalem „sind unverantwortlich und zündeln ohnehin schon in einer absolut explosiven Lage. Wir erwarten von israelischer Seite, dass diese Provokation aufhört“, sagte Baerbock.

Der Tempelberg (Al-Haram al-Scharif) mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee ist die drittheiligste Stätte im Islam. Sie ist aber auch Juden heilig, weil dort früher zwei jüdische Tempel standen. Der Tempelberg in der Jerusalemer Altstadt steht unter muslimischer Verwaltung, während Israel für die Sicherheit zuständig ist. Laut einer Vereinbarung mit den muslimischen Behörden dürfen Juden die Anlage besuchen, dort aber nicht beten. Dagegen gibt es jedoch immer wieder Verstöße.

Baerbock bereitet Gewaltausbruch im Westjordanland große Sorgen

Baerbock sagte, der neuerliche Gewaltausbruch im Westjordanland bereite der Bundesregierung große Sorgen. „Israel ist im Westjordanland Besatzungsmacht und gemäß Genfer Konvention dazu verpflichtet, Recht und Ordnung aufrechtzuerhalten, anstatt sie zu gefährden“, sagte sie. „Das schließt ausdrücklich den Schutz der Bevölkerung vor Übergriffen von gewalttätigen, radikalen Siedlern mit ein.“ Die Besatzung durch Israel beinhalte das Recht und die Pflicht, gegen alle Gewalttäter und Terrorakte vorzugehen. Sie fügte aber hinzu: „Terror bekämpft man nicht, indem man Straßen aufreißt, Wasserleitung und Stromnetze zerstört oder gar die Zufahrten zu Krankenhäusern blockiert.“

Jordaniens Außenminister Al-Safadi forderte die Bundesregierung auf, Sanktionen gegen Israel zu verhängen. „Nach mehr als zehn Monaten der Aggressionen (in Gaza), wird (Israels Regierungschef Benjamin) Netanjahu offensichtlich weder auf den UN-Sicherheitsrat noch auf Ratschläge seiner Freunde im Westen hören“, so Al-Safadi. Netanjahu werde die Eskalation fortsetzen, sollten ihm keine Konsequenzen für sein Handeln drohen.

Gaza-Krieg: Amnesty erhebt schwere Vorwürfe gegen israelische Armee

Donnerstag, 5. September, 7.08 Uhr: Amnesty International wirft dem israelischen Militär vor, nach Erlangung der Kontrolle im östlichen Gazastreifen systematisch landwirtschaftliche Flächen und Tausender Häuser in diesem Gebiet zerstört zu haben. Dieses Vorgehen, eine „Pufferzone„ entlang der östlichen Abgrenzung des besetzten Gazastreifens erheblich auszuweiten, müsse als Kriegsverbrechen untersucht werden, fordert die Menschenrechtsorganisation. Eigene Recherchen zeigten, dass es sich dabei möglicherweise um die Kriegsverbrechen der mutwilligen Zerstörung und Kollektivbestrafung handele.

Mit Bulldozern und Sprengsätzen habe das israelische Militär rechtswidrig landwirtschaftliche Flächen und zivile Gebäude zerstört sowie ganze Stadtviertel mit Häusern, Schulen und Moscheen dem Erdboden gleichgemacht, hieß es in der Mitteilung weiter. Die Häuser seien nicht im Zuge von Kampfhandlungen zerstört worden, sondern nachdem das Militär die Kontrolle über das Gebiet erlangt habe.

Durch die Analyse von Satellitenbildern und Videos, die von israelischen Streitkräften zwischen Oktober 2023 und Mai 2024 in sozialen Medien gepostet worden seien, habe Amnesty entlang der östlichen Abgrenzung des Gazastreifens einen neu zerstörten Landstrich identifiziert, der zwischen einem und 1,8 Kilometer breit sei, so die Menschenrechtsorganisation. 

Julia Duchrow, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, sagte: “Die systematische Verwüstung, die das israelische Militär im Gazastreifen anrichtet, ist ein Akt der mutwilligen Zerstörung und nicht durch militärische Notwendigkeiten zu rechtfertigen. (...). Mutwillige Zerstörung und Kollektivbestrafung sind Kriegsverbrechen und müssen als solche untersucht werden.“

Das israelische Militär rechtfertigt den Abriss von Gebäuden im Gazastreifen unter anderem damit, dadurch Tunnel und andere terroristische Infrastruktur zu zerstören. 

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