„Die Weimarer Republik und Adolf Hitler“: Tagung in Landsberg
Landsberg - Es ist der 1. April 1924, als Adolf Hitler seine fünfjährige Festungshaft in Landsberg antritt. Schon im Dezember wird er auf Bewährung entlassen – ein mildes Urteil. Museumsleiterin Sonia Fischer nennt es „einen Skandal“. In welchem Verhältnis standen Hitler und die Weimarer Republik? Dieser Frage geht eine Tagung am 14. und 15. März in Landsberg nach.
Die Haft sei die schlimmste Zeit seines Lebens gewesen, stilisiert sich Hitler im Nachhinein zum Opfer. Wie ikonenhaft er sich bei seiner Entlassung inszeniert, zeigt das Foto vor dem Bayertor samt Statussymbol Mercedes – das Hitler auch gerne verschenkte. Es ziert auch das Plakat zur Tagung „Die Weimarer Republik und Adolf Hitler“ im März, die das Stadtmuseum Landsberg mit dem Institut für Zeitgeschichte München-Berlin (IfZ) veranstaltet. Der Untertitel: Bilanz der Forschung und neue Perspektiven.
„Schon die Festungshaft hatte Auswirkungen auf Landsberg“, leitet Museumsleiterin Sonia Schätz ein: die Zelle als Touri-Hotspot für Hitler-Fans. Und natürlich wurde Landsberg nicht umsonst später zur Hauptstadt der Jugend. Die Festungshaft sowie deren Umfeld seien auch Themen in der Dauerausstellung, so Schätz. Da aber das 100-Jährige jetzt ist und das neue Museum wohl erst Ende 2025 öffnen kann, sei man an das IfZ herangetreten, um die Tagung zu gestalten.
Frage nach dem Wie und Warum
Zwei der Referenten sind Thomas Raithel und Johannes Hürter vom IfZ. „Wie reagierte die Weimarer Republik auf diese extremistische, fast ‚irre‘ Figur? Und warum gelingt der Aufstieg dieser teils ‚bizarren‘ Partei?“, fragt sich Raithel. Die Zeit nach 1933 sei gut erforscht – während das Verhältnis Hitler/Weimarer Republik vage bleibe. Hürter sieht „gewisse Leerstände zwischen dem März 1920 bis zum Hitlerputsch 1923 und zwischen der Haftentlassung bis 1931, auf die uns das Stadtmuseums nochmals aufmerksam gemacht hat. Zum Beispiel, warum wurde eine so kleine, ‚skurrile‘ Partei, die nach dem Putsch verboten war, überhaupt wieder zugelassen und schaffte es 1930 dann innerhalb von zwei Jahren, von zwei auf 18 Prozent der Wähler zu kommen?“ – eine Frage, die sich mancher auch heute in Bezug zur AfD stellen mag. Warum sei die Partei 1923 überhaupt fähig gewesen, die nötige Infrastruktur für den Putsch zu generieren? „Dazu gibt es erstaunlich wenig Forschung.“
Landsberg sei für diese Fragestellungen ein Transformationspunkt, ist Hürter überzeugt: „Da ändert sich was in Hitlers Strategie, im Gefängnis hatte er ja auch Zeit und Ruhe.“ Neu sei die Kooperation mit ‚dem Volk‘ gewesen, die der Partei den Weg in die Parlamente ebnete. Die Mehrheit der Bevölkerung sei ja in einer der NSDAP-Organisationen gewesen, so Raithel. „Die große Zustimmung in den 30ern kam nicht aus dem Nichts.“ Raithel spricht von einer Infiltrationstaktik bei Frauen-, Jugend- und Studentenorganisationen. Und das mit damals technisch modernen Mitteln, zum Beispiel dem Posieren vor dem innovativen Automobil, obwohl Hitler gar nicht fahren konnte. Manchem drängt sich hier sicher wieder eine Parallele auf: die zur TikTok-affinen AfD. Und wurde nicht gerade erst ein konspiratives Treffen radikaler Kräfte bei Potsdam aufgedeckt?
Vier Themenpakete
Aufklärung und Wissen sind essenziell – die Tagung will das liefern. Vorgesehen sind vier Panels, wobei die Panels 2 und 3, „Festungshaft“ und „Hitlers ‚Mein Kampf‘, im Zentrum stehen. Panel 1 beleuchtet die Weimarer Republik und den politischen Aufstieg Hitlers bis 1923 beleuchtet. Panel 4 untersucht die Weimarer Republik und die NSDAP ab Haftentlassung Hitlers 1024 bis 1932. Zahlreiche Referentinnen und Referenten wie Thomas Weber von der Unversity of Aberdeen, Wolfram Pyta aus Stuttgart oder auch Benjamib Carter von der University of New York werden zu hören sein. Den Abschluss bildet eine Diskussion, die Hürter und Raithel moderieren.
Mehr zum Programm sowie zur Registrierung, die für die Anmeldung erforderlich ist, gibt es auf der Webseite des Stadtmuseums www.museum-landsberg.de.
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