Krebs-Früherkennung: Blutzellen verraten Tumore im Körper

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Schweizer Forschern ist es mithilfe von Künstlicher Intelligenz gelungen, Tumore an veränderten Blutzellen zu erkennen. Der Ansatz könnte künftig die Krebsdiagnose vereinfachen.

Eine frühe Diagnose kann die Heilungschancen bei Krebs deutlich erhöhen. Aus diesem Grund übernehmen viele Krankenkassen ab einem bestimmten Alter verschiedene Krebsvorsorgeuntersuchungen. Viele von ihnen sind aber aufwendig und Krebserkrankungen werden oft erst entdeckt, wenn sie bereits Symptome verursachen. Forscher suchen deshalb nach Verfahren, die sich schnell umsetzen lassen und dabei verlässliche Ergebnisse liefern. Forschenden des Schweizer Paul Scherrer Instituts (PSI) konnten dabei jetzt einen wichtigen Durchbruch erzielen.

Krebsdiagnose: Blutzellen geben Hinweis auf einen Tumor

Das Paul Scherrer Institut: Hier wurde ein wichtiger medizinischer Fortschritt erzielt. © Andreas Haas/IMAGO

Der Forschergruppe um G.V. Shivashankar, Leiter der Mechano-Genomik am PSI und Professor an der ETH Zürich, gelang es, Tumore an Veränderungen in der Organisation des Zellkerns bestimmter Blutzellen zu erkennen. Unterstützung bekamen sie dabei von Künstlicher Intelligenz (KI). Mit ihrem Verfahren konnten die Experten gesunde und an Krebs erkrankte Patienten mit einer Treffsicherheit von rund 85 Prozent unterscheiden. Außerdem lieferte der Test Hinweise, um welche Art von Tumor es sich handelt. Darunter:

„Das ist das erste Mal weltweit, dass dies jemand geschafft hat“, erklärt Shivashankar. Ihre Erkenntnisse veröffentlichten die Forscher im Fachjournal „npj Precision Oncology“.

Krebsfrüherkennung: So funktioniert der neue Bluttest

Grundlage des neuen Verfahrens ist eine einfache Blutprobe. Die Forschenden konzentrierten sich dabei auf die Lymphozyten und Monozyten. Diese weißen Blutkörperchen können veränderte körpereigene Zellen (Tumorzellen) erkennen und beseitigen. Sie haben einen runden, unter dem Mikroskop gut sichtbaren, Kern. Und genau diesen nahmen die Forscher ins Visier: denn, so die Vermutung der Experten, das im Zellkern befindliche Erbmaterial der weißen Blutkörperchen reagiert auf Substanzen im Blut, die Tumore abgeben (sogenanntes “Sekretom“). Diese Substanzen aktivieren das Chromatin im Zellkern, das Material aus dem Chromosen bestehen, und verändern die Organisation der Erbsubstanz. Diese Veränderung nutzen die Forscher als Biomarker für Krebs. Die Blutzellen waren dabei eine Art Detektor.

KI unterstützte Arbeit der Forschenden

Hilfe bekamen die Forscher dabei von Künstlicher Intelligenz (KI): das Chromatin der Blutzellen von gesunden und erkrankten Patienten wurde zunächst auf etwa 200 Merkmale unter dem Mikroskop untersucht und die Bilder in eine KI eingespeist. Die Software lernte mithilfe von „supervised learning“ die Unterschiede zu erkennen und konnte anschließend kranke und gesunde Zellen durch einen Algorithmus unterscheiden. Für das menschliche Auge sind diese Unterschiede nicht sichtbar. Die Treffsicherheit der KI lag dabei bei 85 Prozent.

Um verschiedene Tumore zu unterscheiden, speisten die Forscher anschließend Chromatin-Daten von Blutzellen erkrankter Patienten ein: zehn mit einem Gliom-Tumor, zehn mit einem Tumor der Hirnhaut und zehn von Patienten mit einem Hals-Nasen-Tumor. Auch hier konnte die KI die Tumorarten mit einer Genauigkeit von 85 Prozent unterscheiden.

Software erkennt auch Wirksamkeit einer Strahlentherapie

Die Forscher interessierte auch, ob sich mithilfe des Verfahrens der Erfolg einer Krebstherapie kontrollieren lässt. Dazu baten sie Krebspatienten, die am Zentrum für Protonentherapie ZPT eine Strahlentherapie bekamen, Blutproben abzugeben. Und zwar jeweils vor, während und nach der Strahlentherapie. Wie erwartet, zeigte sich nach der Behandlung eine reduzierte Menge an Tumorsignalen im Blut. Die DNA der Blutzellen nahm wieder ihre normale Form an. „Es war erstaunlich zu beobachten, wie sich die Struktur des Chromatins im Verlauf der Behandlung wieder mehr dem gesunden Muster näherte“, resümmiert Shivashankar.

Verfahren könnte auch zur Diagnose anderer Krebsarten dienen

Künftig könnte das Verfahren auf Basis des Blutzellen-Chromatins auch dabei helfen, andere Krebsarten zu erkennen und den Verlauf von Strahlentherapien, Operationen und Chemotherapien zu verfolgen. Dazu sei aber weitere Forschung mit einer größeren Teilnehmerzahl und unter klinischen Bedingungen nötig, heißt es von den PSI-Wissenschaftlern. Doch: „Die Methode steht“, ist sich Shivashankar sicher.

Bisher werden laut Deutscher Krebsgesellschaft (je nach Krebsart) verschiedene bildgebende Verfahren wie MRT, CT, Röntgen, aber auch Endoskopien (zum Beispiel eine Darmspiegelung) und Biopsien (Entnahme von Zellgewebe und anschließende Laboruntersuchung) zur Diagnose von Krebs eingesetzt. Auch Blut- und Urinproben können Hinweise liefern.

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