Nach 130 Jahren insolvent: Familienunternehmen mit 18 Standorten in Deutschland ist pleite
Die Krise in der Baubranche fordert ein neues Opfer. Diesmal trifft es ein mittelständisches Unternehmen, das eigentlich auf Expansionskurs war.
Föhren – Deutschland ist gebeutelt von einer wirtschaftlichen Krise, die nun mit dem spektakulären Bruch der Regierungskoalition in eine politische Krise gemündet ist. Die Konjunkturflaute macht sich dabei bei den steigenden Insolvenzzahlen im Land bemerkbar: Im Oktober sind die Zahlen auf den höchsten Wert seit 20 Jahren gesprungen. Das meldete das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) am Donnerstag (7. November).
Seit 130 Jahren in Familienhand: Traditionsunternehmen aus Rheinland-Pfalz ist insolvent
Die Insolvenzen treffen nun auch Unternehmen, denen es eigentlich bis vor Kurzem noch sehr gut ging. Jüngstes Beispiel: Das Fliesen-Zentrum GmbH aus Föhren (Rheinland-Pfalz). Am 6. November hat der traditionsreiche Mittelständer beim Amtsgericht Wittlich eine Insolvenz in Eigenverwaltung angemeldet. Zum vorläufigen Sachwalter wurde Justizrat Günter Staab von der Saarbrücker Kanzlei Staab & Kollegen bestellt, wie es in einer Pressemitteilung heißt.
„Unser Ziel ist es, das Fliesen-Zentrum Deutschland durch gezielte Restrukturierungsmaßnahmen auf einen stabilen Kurs zu bringen und wieder langfristig zukunftsfähig zu machen. Die Eigenverwaltung bietet uns dafür den rechtlichen Rahmen, um unsere Maßnahmen eigenverantwortlich und bei laufendem Geschäftsbetrieb umzusetzen“, betont Geschäftsführer Johannes Friedrich im Zuge der Insolvenzanmeldung.

Die Firma blickt auf eine starke und lange Tradition zurück: Seit fast 130 Jahren wird das Unternehmen in Familienhand geführt. Die Firma hat 18 Standorte in ganz Deutschland und ist auf alle Fliesen- und Bodenbeläge spezialisiert. Auf ihrer Webseite informiert das Fliesen-Zentrum auch über staatliche Förderungen im Bereich der Baubranche: von Heizungstausch bis barrierefreies Bauen.
Insolvenz des Fliesen-Zentrums GmbH: Löhne und Gehälter durch Insolvenzgeld gesichert
In die Krise geraten ist der nun insolvente Mittelständler aufgrund mehrerer Lagen. Zum einen die noch immer anhaltende Krise im Bauwesen, die Aufträge einbrechen ließ; zum anderen aber auch der „ambitionierte“ Aufbau eines neuen SAP-Systems und der Umzug in ein neues Zentrallager haben die Firma unerwartet zugesetzt. „Mittlerweile sind all diese Probleme überwunden, und das Unternehmen befindet sich in den letzten Wochen wieder auf Wachstumskurs und erhält weiterhin die volle Unterstützung der Familie Friedrich“, heißt es zur Insolvenz weiter.
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Die Löhne und Gehälter der Mitarbeiter sind durch die Insolvenz über das Insolvenzgeld gesichert. Der Geschäftsbetrieb soll uneingeschränkt weitergehen.
Baukrise führt Unternehmen in die Insolvenz: Kein Einzelfall
Die Insolvenz des Fliesen-Zentrums GmbH ist bei weitem kein Einzelfall. Die Baubranche ist dabei besonders betroffen und es blieb jüngst auch einer anderen bekannten Bau-Firma aus Niedersachsen dieser Schritt nicht erspart. Und im Nachbar-Bundesland hat es einen Branchenprimus und Weltmarktführer aus Deutschland erwischt.
„Die derzeitige Insolvenzwelle ist das Ergebnis eines perfekten Sturms aus langanhaltender konjunktureller Schwäche und drastisch gestiegenen Kosten“, sagte IWH-Forscher Steffen Müller. „Viele schwächere Unternehmen, die in der Niedrigzinsphase und mit Unterstützung während der Pandemie überlebt haben, stehen nun bei stark gestiegenen Kosten unter massivem Druck.“ Das treibe vor allem hochverschuldete Firmen in die Insolvenz. Zu den besonders betroffenen Branchen zählen demnach das Baugewerbe, der Handel und unternehmensnahe Dienstleistungen. Im verarbeitenden Gewerbe lagen die Zahlen ebenfalls auf sehr hohem Niveau.