Ärztekammer vor Bundestagswahl gegen Cannabis-Freigabe – „Logik im Rauschzustand“
Cannabis-Legalisierung ist „vollständig zurückzunehmen“: Ärzte-Kammer rechnet heftig mit Lauterbach-Gesetz ab
Das Cannabis-Gesetz steht bei den anstehenden Neuwahlen auf der Kippe. Eine Studie zeigt keinen Konsumanstieg bei Jugendlichen.
Berlin – Seit knapp sieben Monate ist Kiffen in Deutschland zumindest teilweise legal. Schon vor der Freigabe von Cannabis als Genussmittel für Erwachsene hatte die Bundesärztekammer vor einer Legalisierung gewarnt. In einem kürzlich veröffentlichten Positionspapier, welches dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) vorliegt, wird jetzt sogar von der nächsten Bundesregierung eine Rückabwicklung des Gesetzes gefordert. „Die gesetzlichen Regelungen zur Legalisierung von Cannabis als Genussmittel sind vollständig zurückzunehmen“, heißt es in dem Papier.
„Hochgradig verantwortungslos“: Bundesärztekammer kritisiert fehlenden Jugendschutz bei Cannabis-Gesetz
Der Protest der Bundesärztekammer gegen das von der Ampel teilweise umgesetzte Cannabis-Gesetz geht schon lange zurück. Bereits im August 2023 kritisierte sie die damals vorgesehenen Maßnahmen zum Jugendschutz bei der von der Ampel-Koalition geplanten Teillegalisierung. „Die Bundesregierung und Bundesgesundheitsminister Lauterbach möchten den Cannabis-Konsum legalisieren“, heißt es in einer Stellungnahme des Präsidenten der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt. „Gleichzeitig soll eine Aufklärungskampagne junge Menschen vor den erheblichen Gefahren des Kiffens warnen. Vielleicht erschließt sich die Ambivalenz dieser Logik im Rauschzustand, einer nüchternen kritischen Betrachtung hält sie jedenfalls nicht stand.“
Dabei warnt Reinhardt beim Cannabis-Konsum vor möglichen bleibenden Schäden im Gehirn, vor allem bei Jugendlichen bis 25 Jahren. „So steigt das Risiko von nachhaltigen kognitiven Funktionsdefiziten, das Auftreten von Psychosen, Depressionen oder Angststörungen signifikant“, heißt es dazu. Weil das Gesetz den legalen Konsum von Cannabis schon ab 18 Jahren vorsieht und die Droge durch die Legalisierung verharmlost werde, sei dies kein adäquater Jugendschutz, sondern „hochgradig verantwortungslos“.

Cannabis-Konsum bei Jugendlichen – erhöht sich der Konsum nach der Legalisierung wirklich?
Genaue Zahlen zur Konsumentwicklung nach der Teillegalisierung von Cannabis in Deutschland liegen noch nicht vor. Eine Studie aus Georgien deutet allerdings darauf hin, dass Jugendliche sich womöglich nicht signifikant von der durch die Ärztekammer befürchteten Verharmlosung beeinflussen lassen. Wissenschaftler aus Boston befragten dazu Personen zwischen 18 und 29 Jahren und verglichen die Zahlen mit denen aus 2015, berichtete der MDR.
Das Ergebnis zeigte, dass der Konsum von Cannabis sich in dieser Alterskategorie nicht signifikant verändert hat. „Wir haben gesehen, dass ein Land den Cannabiskonsum vorsichtig legalisieren kann, ohne dass es mittelfristig zu einem Anstieg des Konsums kommt“, sagte Ilia Nadareishvili, Mitautor der Studie.
Und weiter: Die Studie aus Georgien zeige sogar, dass Jugendliche und junge Erwachsene nach der Legalisierung eher später zu Cannabis greifen als davor. 2015 habe das Alter für den Erstkonsum im Schnitt bei 18,1 Jahren gelegen, nach der Legalisierung stieg es auf 19,1. Zudem zeige die Studie, dass Cannabiskonsum mit Glücksspiel, Tabakkonsum, Alkoholkonsum und einem höheren Einkommen zusammenhänge, berichtete der MDR.
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Union will Cannabis-Gesetz wieder kippen: Merz warnt vor „brutaler werdenden Rauschgiftkriminalität“
Der Vorstoß der Bundesärztekammer nach einer Rücknahme der Cannabis Teillegalisierung in Deutschland könnte vor allem bei der Union Anklang finden. Laut Umfragen könnten CDU und CSU mit ihrem Kanzlerkandidaten Friedrich Merz die kommende Bundestagswahl im Februar für sich entscheiden. Und Merz hat bereits angekündigt, das Cannabis-Gesetz der Ampel wieder kippen zu wollen. Denn laut dem CDU-Chef führe diese zu einer „immer brutaler werdenden Rauschgiftkriminalität“, wie er auf der Webseite der CDU zitiert wird.
Merz verweist hierbei auf eine Einschätzung des Mafia-Ermittlers Oliver Huth. Dieser gab gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) an, dass er nach der Legalisierung durch die Ampel eine Zunahme der Drogenkriminalität befürchte. „Es gibt diesen Zusammenhang. Es beginnt damit, dass die Ampel den Cannabiskonsum für über 18 Jahre alte Personen freigeben hat, aber bis 1. Juli noch nicht einmal theoretisch legale Bezugsquellen in größerem Umfang zur Verfügung standen“, kritisierte Huth.
Dabei verweist er auf einen Konflikt zwischen niederländischen und deutschen Drogenbanden in Nordrhein-Westfalen. Dort kam es aufgrund eines Streits um 300 Kilogramm verschwundenes Cannabis zu Sprengstoffattacken und einer Entführung. „Man muss bitterböse festhalten: Köln ist der ‚schöne Gruß‘ vom angeblich ausgetrockneten Schwarzmarkt. Wir erleben eine Cannabisschwemme. Die Drogenmafia lacht sich aber nicht nur deshalb ins Fäustchen“, so Huth gegenüber der FAZ.
Drogenkonsum in Deutschland: Vor allem Kokain hat 2023 zugenommen
Belastbare Zahlen zur Zunahme bei Drogendelikten liegen für den Zeitraum nach der Teillegalisierung allerdings noch nicht vor. Doch wie Zahlen aus dem Jahr 2023 zeigen, erlebten vor allem Delikte im Zusammenhang mit Kokain einen massiven Aufwind. Wie die Tagesschau berichtete, registrierte das Bundeskriminalamt 2023 einen Anstieg von 27,4 Prozent bei Kokaindelikten im Vergleich zum Vorjahr. Die sichergestellte Menge der illegalen Droge stieg zudem von 20 auf 43 Tonnen.
Cannabis habe jedoch mit zwei Dritteln den größten Anteil an der Drogenkriminalität in Deutschland gehabt. So wurden rund 20,9 Tonnen Cannabis und 3,7 Tonnen Haschisch im Jahr 2023 sichergestellt. Zudem seien über das Jahr hinweg 450 illegale Cannabis-Plantagen mit einer Anbaukapazität von mehr als 20 Pflanzen sichergestellt. (nhi)