Neuer Karrieretrend: Gen Z gehen jetzt in „Mikro-Rente“
Viele junge Menschen gönnen sich bewusst lange Auszeiten, in denen sie nicht arbeiten. Sie wollen nicht auf die Rente warten, um das Leben zu genießen.
München – Nach jahrzehntelanger Arbeit den wohlverdienten Ruhestand genießen – das wird für viele wohl nicht mehr möglich sein. Gerade junge Menschen sorgen sich, ob sie später überhaupt noch von ihrer Rente leben können. Und diese Sorge macht sich zunehmend auch in der Einstellung zu Arbeit und Karriere bemerkbar. Allerdings nicht so, wie es sich viele Chefs wohl wünschen würden. Statt zu schuften, fokussiert sich die Gen Z auf sich selbst und ihre eigene seelische und körperliche Gesundheit.
Quasi als Weiterentwicklung der Work-Life-Balance ist nun ein neuer Trend auf dem Vormarsch: die „Mikro-Rente“. In den sozialen Medien berichten zahlreiche junge Menschen, wie sie sich bewusst zwischen zwei Jobs eine längere Auszeit, ähnlich einem Sabbatical, gönnen – quasi einen Mini-Ruhestand. In dieser Phase arbeiten sie an ihrer persönlichen Entwicklung oder genießen einfach einen ausgedehnten Urlaub.

Gen Z macht sich Sorgen um ihre Rente – und zieht den Ruhestand jetzt einfach vor
Für manche mag dies wie ein typischer Gen-Z-Trend erscheinen. Ohnehin wird der Generation Z oft vorgeworfen, arbeitsscheu zu sein. Und sicherlich gibt es auch „Mikro-Rentner“, die ihre Auszeit einfach nur zum Entspannen nutzen.
Doch dahinter steckt ein durchdachter Ansatz, den die TikTokerin lizleatrice treffend beschreibt: „Ich weiß, dass ich nicht die Einzige bin, die Angst davor hat, jeden Tag ins Büro zu gehen (...) und dann mit 65 in Rente zu gehen und Jahrzehnte an Leben in die verbleibende Zeit packen zu müssen.“ Ihr Konzept des „Microdosing“ der Rente zielt darauf ab, das Leben bereits jetzt voll auszukosten, ohne dabei die finanzielle Absicherung für die Zukunft zu vernachlässigen.
Microdosing
Der Begriff bezeichnet das Einnehmen kleinster Mengen von Arzneimitteln oder Psychedelika, um von deren physiologischer Wirkung zu profitieren und gleichzeitig unerwünschte Nebenwirkungen zu minimieren. Microdosing kommt unter anderem beim Testen neuer Medikamente zum Einsatz. Microdosing von Psychedelika wird teils zur Behandlung von Depressionen, Angstzuständen oder ADHS genutzt.
Im allgemeinen Sprachgebrauch wird Microdosing auch verwendet, um zu beschreiben, wenn man andere Tätigkeiten nur in sehr kurzen Intervallen ausführt.
„Mein Ziel ist es, mein Leben in vollen Zügen zu genießen, solange ich gesund und jung bin, und gleichzeitig pragmatisch zu sein, für die Zukunft zu sparen und dafür zu sorgen, dass ich so gesund und wohlhabend wie möglich bin, wenn ich älter bin“, erklärt die Influencerin und beschreibt die Schritte, die sie dafür unternimmt.
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An erster Stelle steht für sie, eine ausgewogene Work-Life-Balance zu pflegen. Auch wenn das bedeutet, auf Beförderungen zu verzichten. Zudem müsse man „schmerzhaft ehrlich“ mit den eigenen Finanzen umgehen und unter seinen Verhältnissen leben. Sie hebt auch die Bedeutung persönlicher Hobbys hervor und spricht über die Erfüllung, die sie daraus zieht.
Kritik am „Mikro-Rente“-Trend: Kurz-Ruhestand hat ein Finanzierungsproblem
Diese Ansätze lassen sich auch im normalen Berufsalltag umsetzen. Eine „Mikro-Rente“ in Form einer vollständigen Auszeit, in der man nicht arbeitet, bleibt jedoch für viele aus finanziellen Gründen ein unerfüllbarer Traum. Denn es verfügen wohl nur wenige über ausreichend Ersparnisse, um ihr Leben mehrere Monate ohne Einkommen finanzieren zu können – von langen Reisen während dieser Zeit ganz zu schweigen.
Dieser Aspekt der „Mikro-Rente“ stößt auch auf Kritik. Wie so oft ist es ein Trend, der vor allem den Besserverdienenden offensteht. Finanzberater Troy Nelson weist in einem Beitrag auf dem Blog des Finanzdienstleistungsunternehmens Brighton Securities zudem auf einen weiteren Punkt hin: Während der „Mikro-Rente“ werden keine Beiträge zur Altersvorsorge geleistet. „Das könnte den Unterschied ausmachen zwischen einem komfortablen Ruhestand und der Notwendigkeit, länger zu arbeiten, um das Defizit auszugleichen“, erläutert Nelson. Man müsse die kurzfristigen Freuden gegen die langfristigen Konsequenzen abwägen. (sp)