ifo-Topökonomin: Deutschland leidet unter US-Zöllen „gleich dreifach“
Der deutsche Handel sei durch die Pläne „gleich dreifach“ betroffen, sagte die Volkswirtin. Zugleich seien die Pläne auch „schwerer Schlag für die US-Wirtschaft“. Angesichts der Pläne würden „eine Rezession und ein starker Preisanstieg“ ind er größten Volkswirtschaft der Welt „wahrscheinlicher".
Frau Prof. Flach, Donald Trump macht Ernst. Ab Samstag gilt ein Basiszoll von zehn Prozent auf alle Importe, ab dem 9. April sollen noch höhere Zölle greifen gegen die wichtigsten Handelspartner greifen. Das träfe auch die EU. Wie geschockt sind Sie?
Es ist ein bitterer Tag für die Weltwirtschaft. Das, was wir gesehen haben, hat nichts mit Reziprozität zu tun. Die Zolldifferenz zwischen den USA und der EU beträgt durchschnittlich nur 0,5 Prozentpunkte – im Vergleich zu dem angekündigten Zollerhöhung von 20 Prozent. Die geplante Zollerhöhung markiert einen Wendepunkt für die Weltwirtschaft und gefährdet damit fast 80 Jahre des Multilateralismus.
Wird der Welthandel jetzt endgültig zu Grabe getragen?
Eine Zollspirale ist aktuell das größte Risiko für die Weltwirtschaft. Die US-Zollerhöhung ist wahrscheinlich die bedeutendste unilaterale Zollanhebung seit Jahrzehnten. Die entscheidende Frage ist, wie andere Länder reagieren – nicht nur auf die US-Zölle, sondern auf Protektionismus im Allgemeinen. Eine Eskalation könnte im schlimmsten Fall den Handel zum Stillstand bringen. Es ist wichtiger denn je, die Beziehungen zu Verbündeten zu stärken und zusammenzuhalten.
Wie gefährlich sind Trumps Pläne für die US-Wirtschaft?
Für die US-Wirtschaft ist das ein schwerer Schlag. Eine Rezession sowie ein starker Preisanstieg werden wahrscheinlicher.
Was bedeutet die Eskalation für die deutsche Wirtschaft: Rutschen wir jetzt in die Rezession?
Die größte Frage derzeit ist die Unsicherheit über die Handelspolitik. Für die deutsche Wirtschaft könnten die neuen Zölle zunächst einen dauerhaften Rückgang des BIP um 0,3 % bedeuten, wobei einige Schlüsselbranchen wie Pharma, Auto und Maschinenbau stärker betroffen sind. Der deutsche Handel erleidet gleich dreifach: Erstens, weil Deutschland weniger in die USA exportiert, zweitens, weil Deutschland aufgrund der geringeren Wettbewerbsfähigkeit Chinas weniger nach China exportiert, und drittens durch einen Anstieg im Wettbewerb in Deutschland, wenn beispielweise China nach neuen Märkten sucht, um die zuvor in die USA exportierten Produkte zu verkaufen.
Wie sollte die EU reagieren?
Die Europäische Union sollte mit größtmöglicher Geschlossenheit auf die neuen US-Zölle reagieren und konkrete Gegenmaßnahmen ankündigen. Eine übereilte Reaktion mit Gegenzöllen wäre jedoch kontraproduktiv und könnte eine Eskalationsspirale anheizen.
Der US-Markt hat für viele deutsche Unternehmen zuletzt wieder an Bedeutung gewonnen, gerade auch im Vergleich mit China. Das dürfte sich jetzt rasch legen, oder?
Eine weitere große Herausforderung für die deutschen Unternehmen wird das weiterhin sehr hohe Maß an handelspolitischer Unsicherheit sein, das seit dem Amtsantritt von Donald Trump besteht. Die Gefahr eines Handelskriegs, der auf allen Seiten zu erheblichen Wohlstandsverlusten führen würde, ist real.
Was heißt das für die Unternehmen: Wird der Handel mit Europa und Asien künftig (wieder) an Bedeutung gewinnen - zulasten der USA?
Die Diversifizierung der Märkte ist wichtiger denn je. Ein Beispiel dafür ist die Pharmaindustrie, von der etwa 20 % der Produkte in die USA exportiert werden. Diversifizierung bedeutet nicht nur eine Erweiterung der Zuliefererbasis, sondern auch die Suche nach neuen Zielmärkten.