Sanktionen gegen Russland zeigen ihre Wirkung: Der Westen verstopft Russlands Finanzadern
Die westlichen Sanktionen gegen Russland nehmen zu und treffen nun auch kleinere Finanzinstitutionen. Ein russischer Ex-Finanzminister vergleicht die Situation mit einer Thrombose.
Moskau – Seit Beginn des Jahres haben die USA und ihre europäischen Verbündeten ihre Sanktionen gegen Russland intensiviert. Im Visier sind nun kleinere Banken und andere Finanzinstitutionen, die trotz bestehender Sanktionen weiterhin Geschäfte in Russland tätigen. Diese Institutionen sind oft in Ländern ansässig, die Russland als „freundliche Staaten“ bezeichnet, da ihre Regierungen keine spezifischen Strafen für Geschäfte mit Russland verhängt haben.
Russlands Wirtschaft ist abhängig von Verbündeten wie China
Michail Zadornow, ehemaliger russischer Finanzminister und langjähriger Bankmanager, verglich in einem Interview mit Forbes das System der Vereinbarungen mit befreundeten Ländern mit einem menschlichen Körper, der eine Thrombose hat. „Wenn wir unser System der Vereinbarungen mit befreundeten Ländern, als menschlichen Körper betrachten, dann hat er eine Thrombose. In allen großen Gefäßen haben sich Thrombosen gebildet“, so Zadornow. Er sieht das Hauptproblem der russischen Wirtschaft und des Staates in der Organisation des Abrechnungssystems, sowohl für Exporte als auch für Importe. „Das ist jetzt wirklich das Hauptproblem der russischen Wirtschaft und des Staates - die Organisation des Abrechnungssystems, sowohl für Exporte als auch für Importe.“
Die Ursache für die von Zadornow diagnostizierte Thrombose sind die Sanktionen des Westens, insbesondere der USA. Bereits im Februar fügte das US-Finanzministerium weitere 300 Personen und Organisationen zu seiner Sanktionsliste hinzu. Diese neuen Sanktionen betrafen Einrichtungen in elf Ländern, darunter China, Liechtenstein und die Vereinigten Arabischen Emirate, wie die Financial Times berichtet. Darüber hinaus wurden fünf Investment- und Risikokapitalfonds, die russische Technologien finanzieren, sowie sechs Fintech-Unternehmen, die Software für russische Finanzinstitute bereitstellen, sanktioniert.

Im Mai folgten weitere Sanktionen. Diesmal waren 200 Personen und Unternehmen aus China, Aserbaidschan, Belgien, der Türkei und den Vereinigten Arabischen Emiraten das Ziel des US-Finanzministeriums. Ihnen wurde vorgeworfen, Moskau den Zugang zu Dual-Use-Technologien und Ausrüstung aus dem Ausland zu ermöglichen, so die Nachrichtenagentur Reuters. Dual-Use-Technologien und Güter können sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke eingesetzt werden.
Sanktionen gegen China oder die Türkei werden für Russland zum Problem
Vasily Astrov, Russland-Experte des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw), glaubt, dass die immer strengeren Sanktionen des Westens gegen Drittstaaten wie China oder die Türkei kurzfristig ein Problem für Russland darstellen könnten. Bisher konnte Russland die westlichen Sanktionen über diese Länder umgehen. „Wenn türkische Banken, wie kürzlich geschehen, plötzlich keine Zahlungen mehr für russische Importe annehmen. Und auch Transaktionen in chinesischen Yuan schwieriger werden, könnten Russland sehr bald wichtige Maschinen und Bauteile aus dem Westen wie etwa Mikrochips fehlen“, warnt Astrov.
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Die langfristigen Auswirkungen dieser Sanktionen auf die russische Wirtschaft sind jedoch ungewiss. Trotz hoher Militärausgaben und sinkender Einnahmen aus dem Export fossiler Energieträger im vergangenen Jahr, wird erwartet, dass die russische Wirtschaft auch in diesem Jahr wachsen wird. Die Steuereinnahmen im ersten Quartal 2024 waren sowohl aus dem Öl- und Gasgeschäft als auch in den meisten anderen Bereichen hoch. „Putin wird das Geld für den Krieg nicht ausgehen. Für die russische Wirtschaft stellt sich eher die Frage, was nach dem Krieg kommt, da sie momentan vollkommen von ihm abhängig ist“, analysiert Astrov.
Putin setzt auf eurasische Verbündete zur Stärkung seiner Wirtschaft
Im Kampf gegen die westlichen Sanktionen setzt Russlands Präsident Wladimir Putin weiterhin auf die von Moskau geführte Eurasische Wirtschaftsunion (EAWU). Putin betonte die Effizienz des Staatenverbundes angesichts „der von einigen Ländern betriebenen Politik der Sanktionen und des Abbaus vieler Grundpfeiler des internationalen Handels“ beim Jubiläumsgipfel in Moskau. Die vor zehn Jahren gegründete Union umfasst neben Russland auch Armenien, Belarus, Kasachstan und Kirgistan.
Auch der Bankmanager Michail Zadornow, der seit 2022 auf der britischen Sanktionsliste steht, sieht eine Lösung für die russische Wirtschaft, die er als Thrombose-Patienten bezeichnet. Er vergleicht die Situation mit teuren Operationen beim Menschen und sagt, dass es bei der Wirtschaft ähnlich sein wird. „Es werden andere Mechanismen zur Regelung und Versorgung mit Gütern in Gang gesetzt werden“, prognostiziert er im Forbes-Interview. Er glaubt, dass das Marktinteresse immer einen Weg finden wird, auch wenn das bedeutet, dass „elementare Warenlieferungen weiterhin teurer werden. Denn die Kosten für die Überwindung der Sanktionen und die Angst der Partner, unter sekundäre Sanktionen zu fallen, steigen.“