Wegen des Besitzes und der Verbreitung von Kinderpornografie muss sich ein 33- jähriger Hohenlindener vor Gericht verantworten. Der Prozess offenbart verstörende Details.
Hohenlinden – Es ist ein Fall, der in die Abgründe der digitalen Welt blickt. Ein Fall, der groteske Neigungen offenbart. Ein Fall, der selbst ein erfahrenes Schöffengericht schockiert. Ein Fall, bei dem Angeklagten trotz alledem nur wenig Reue verspürt. Wegen des Besitzes und der Verbreitung von Kinderpornografie fand sich ein 33-jähriger Hohenlindener – grüner Kapuzenpulli, Brille, lichtes Haar – am Dienstag vor Gericht wieder.
Kripo findet hunderte einschlägige Dateien bei Hohenlindener (33)
Vor rund drei Jahren hatte der amerikanische Inlandsgeheimdienst (FBI) den Informatikstudenten den hiesigen Strafverfolgungsbehörden gemeldet, weil er in einem Online-Netzwerk auffällige Dateien zur Verfügung gestellt und selbst heruntergeladen hatte. Bei einer Durchsuchung des Elternhauses, in dem der Hohenlindener bisweilen lebt, war die Kriminalpolizei auf dutzende kinderpornografische Dateien gestoßen. Neben Bildern, die den schwersten sexuellen Missbrauch von Mädchen im Kindergarten- und Grundschulalter zeigen, seien dabei auch hunderte virtuelle Kinderpornos im Animestil aufgefunden worden.
„Ich schaue schon sehr lange Anime-Pornos“, erklärt der Angeklagte nun etwas zögerlich vor Gericht. Bereits als Jugendlicher sei er auf diese Form der virtuellen Pornografie gestoßen, durchforste seither verschiedene Online-Portale, Foren und sogenannten Peer-to-Peer-Netzwerke – eine Art Tauschbörse –, auf der Suche nach den sexualisierten Zeichentrickfiguren. Ein konkretes „Genre“ interessiere den Informatiker dabei nicht. Vielmehr orientiere er sich an einem „Moralkatalog“, der „nur normale Pornografie und manchmal Kinderdarstellungen umfasse“. Letzteres sei den bei Anime üblichen, kindlich gezeichneten Figuren geschuldet, so der Mann. „Das ist nicht schön, aber ist halt so“, erklärt er schulterzuckend.
Informatiker habe keine pädophile Neigung
„Diese Bilder überschreiten alle Grenzen meiner abstrakten Vorstellungskraft – und ich habe in meinem Beruf schon viele solcher Dateien gesehen“, entgegnet Richter Frank Gellhaus entsetzt. Sodann grätscht ihm der Verteidiger des Angeklagten dazwischen: „Er räumt den Tatvorwurf ein.“ Eine pädophile Neigung möchte er seinem Mandanten allerdings nicht unterstellen: „Er hat absurde Datenmengen heruntergeladen und den Überblick verloren“, erklärt der Anwalt. Über selbst programmierte Automatismen habe der Angeklagte regelmäßig große Datenmengen auf seinen PC gezogen. „Ich habe mir nicht alle angesehen“, bekräftigt der Hohenlindener.
Die Kinderpornos, die selbst sein Verteidiger als „abartig“ bezeichnet, seien – ebenso wie Fotos von „wahnsinnigen Tötungsszenen“, sexuellen Handlungen an Tieren und Verstorbenen – als „Beifang“ heruntergeladen worden. „Diese Darstellungen liegen nicht in seinem Interesse“, betont der Anwalt.
(Übrigens: Alles aus der Region gibt‘s jetzt auch in unserem regelmäßigen Ebersberg-Newsletter.)
Meine News
Angeklagter sammelt Millionen Dateien auf PC
Dass der Angeklagte, nach eigener Aussage wegen eines innerlichen Bedürfnisses, über die Jahre eine schier unglaubliche Menge an Dateien heruntergeladen hat, bestätigt kurz darauf ein Sachverständiger. Über zwei Millionen Bilder mit „größtenteils pornografischen Inhalt“ hatte er auf den Geräten des Mannes entdeckt. Davon zeigen „lediglich“ 158 Bilder virtuelle und 47 Fotos reale Kinderpornografie. Angesichts seiner technischen Affinität habe der 33-Jährige dennoch „wissentlich in Kauf genommen, dass diese Dateien durch seinen Download weiterverbreitet werden“, sagt der Gutachter. Schließlich funktioniere so das Konzept der „Tauschbörse“.
Für die Staatsanwältin lässt diese Einschätzung „keinen Zweifel“ an der Schuld des Hohenlindeners. Dem hält auch der Verteidiger nichts entgegen, wenngleich er in den Kinderporno-Dateien „keine Absicht“ sieht. „Das Bildmaterial ist massivst“, betont indessen Richter Gellhaus, der den Hohenlindener letztlich zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt. Als Auflage muss sich der Mann einer Psychotherapie unterziehen.