Putins Migranten-Taktik an Nato-Grenze geht nach hinten los – „Völlig gescheitert“
Russland will offenbar mit Geflüchteten an der Grenze Druck auf das neue Nato-Mitglied Finnland aufbauen. Ersten Erkenntnissen nach ohne Erfolg.
Helsinki – Finnland hat mit Russland eine 1300 Kilometer lange Grenze. Seit April 2023 ist der skandinavische Staat mit seinen nur 5,5 Millionen Einwohnern, aber seiner vergleichsweise großen Fläche, Mitglied im westlichen Verteidigungsbündnis Nato. Dieser Umstand bringt im Umfeld des Ukraine-Kriegs wohl Moskau auf den Plan.
Konkret: Die Regierung in Helsinki wirft dem Kreml-Regime von Autokrat Wladimir Putin vor, gezielt Migranten-Gruppen in Richtung Finnland zu schicken. Angeblich mit der Absicht, den Nachbarn politisch zu destabilisieren und bezüglich seiner Sicherheitsressourcen unter Druck zu setzen.
Russland schickt im Ukraine-Krieg Migranten an Finnlands Nato-Grenze – Helsinki reagiert
Als Reaktion auf das russische Druckmittel schloss Helsinki die Grenzübergänge Imatra, Niirala, Nuijamaa und Vaalimaa in der Nacht zum 18. November. Es folgte seither die Schließung von drei weiteren Grenzübergängen zur Russischen Föderation. Einzig der Grenzübergang Raja-Jooseppi im äußersten Norden bei Inari bleibt geöffnet. Laut Analysten mehren sich die Anzeichen, dass Putins Taktik deshalb nach hinten losgehen könnte.

Denn: Das amerikanische Nachrichtenmagazin Newsweek verweist auf den Telegram-Kanals „Tscheka-OGPU“, der Verbindungen zum russischen Geheimdienst haben soll. Die Blogger würden demnach den vermeintlichen Trick des Kreml als „völlig gescheitert“ einstufen, heißt es in dem Bericht. Den finnischen Sicherheitskräften sei es gelungen, auch illegale Grenzübergänge zu kontrollieren und abzusperren, weswegen die russischen Behörden gezwungen seien, die Migranten stattdessen in Russland anzusiedeln.
Geflüchtete kommen aus Russland: Finnland schließt fast alle Grenzübergänge
Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Aber: Ministerpräsident Petteri Orpo und Innenministerin Mari Rantanen hatten strenge Kontrollen an der gesamten Grenze zwischen den beiden Staaten angekündigt. Die neuen Regeln sollen mindestens bis 23. Dezember gelten.
Finnland | |
Einwohner: | 5,5 Millionen |
Fläche: | 338.472 km² |
Hauptstadt: | Helsinki (664.000 Einwohner) |
Staats- und Regierungsform: | parlamentarische Republik |
Grenzen mit: | Norwegen, Schweden, Russland |
In den vergangenen Monaten hatten die finnischen Behörden einen Anstieg der Zahl von Migranten aus dem Nahen Osten und aus Afrika – vor allem aus dem Irak, dem Jemen und aus Somalia – registriert. Orpo und Rantanen erklärten am 16. November, die Zahl illegaler Grenzübertritte habe Mitte des Monats deutlich zugenommen. Die Russen verheimlichten das ihnen Vorgeworfene noch nicht einmal, wenn auch der Kreml die Anschuldigungen offiziell dementierte.
Taktik von Wladimir Putin im Ukraine-Krieg? Migranten bekommen in Russland Fahrräder ausgehändigt
Die staatliche Nachrichtenagentur ITAR TASS veröffentlichte am 24. November Fotos von Migranten, wie diese in Alakurtti in der russischen Region Murmansk unweit der Grenze zu Finnland Fahrräder ausgehändigt bekamen, um mit diesen an den Salla-Kelloselka-Grenzübergang zu fahren.

Arkady Moshes, Direktor des Finnisches Instituts für Internationale Angelegenheiten, meint indes, dass sein Land den russischen Plänen gerade noch rechtzeitig einen Riegel vorgeschoben hat. „Von Russland wird erwartet, dass es handelt und mehr tut, wenn es Schwäche spürt. Hätte Finnland also nicht entschlossen reagiert, dann würde ich sagen, dass die Leute damit rechnen würden, dass noch mehr kommt und vielleicht schlimmere Dinge passieren“, sagte der Analyst Newsweek: „Weil die finnische Regierung aber entschlossen reagiert hat, wird Russland sich bei weiteren Maßnahmen zurückhaltender sein.“
Misstrauen gegenüber Moskau: Finnland baut riesigen Grenzzaun zu Russland
Wegen Drohgebärden des Nachbarn baut Finnland derzeit einen 200 Kilometer langen Grenzzaun zu Russland in der historischen Region Karelien. Das Misstrauen zwischen Helsinki und Moskau ist seit dem finnischen Winterkrieg (November 1939 bis März 1940) historisch gewachsen. (pm)