In Schulen ist die Autorität der Lehrer essenziell für einen reibungslosen Unterricht. Doch was können sie tun, wenn Schüler stören oder lieber am Handy spielen oder plaudern? Welche disziplinarischen Maßnahmen für welche Vergehen erlaubt sind, erklärt Tobias Klingelhöfer.
In der Schule gelten wie in allen Bildungseinrichtungen Regeln, und an diese haben sich sowohl Schüler als auch Lehrer zu halten. Es gilt die jeweilige Schulordnung und darüber hinaus sind die Lehrer weisungsbefugt; das heißt, die Schüler haben dem zu folgen, was von ihren Lehrern vorgegeben wird. Umgekehrt können Lehrkräfte diese Weisungen nicht willkürlich beschließen, sondern auch sie haben sich nach den Schulgesetzen des jeweiligen Landes sowie dem Kultusministerium zu richten. Darunter fällt nicht nur der Unterrichtsinhalt, sondern auch die Anwendung von erzieherischen Maßnahmen und Sanktionen.
Das Schulgesetz unterscheidet bei den zu ergreifenden Mitteln verschiedene Größenordnungen von Sanktionen. So können Lehrer, wenn ein Schüler beispielsweise den Unterricht stört, sich Anweisungen oder Verboten widersetzt, keine Hausaufgaben erledigt oder konsequent zu spät kommt, eigenverantwortlich Ermahnungen aussprechen, Klassenbucheinträge vornehmen, Gespräche mit den Eltern suchen oder vorübergehend Gegenstände einziehen, die in direktem Zusammenhang mit der Störung stehen.
Über den Gastautor Tobias Klingelhöfer
Tobias Klingelhöfer ist Rechtsanwalt und seit vielen Jahren als Rechtsexperte für die ARAG tätig. Als Gastkolumnist für FOCUS Online informiert er Verbraucher über ihre Rechte und Pflichten in verschiedenen Lebenssituationen.
Handys müssen nach dem Unterricht Schülern zurückgegeben werden
Hier geht es in den meisten Fällen um Smartphones und Smartwatches, die entgegen eines Verbots in der Stunde genutzt werden. Selbstredend muss das Gerät direkt nach dem Unterricht wieder ausgehändigt werden und darf nicht als Strafe entzogen werden. Der Datenschutz gilt aber auch für Minderjährige: Der Lehrer darf daher keinen Einblick in das Handy nehmen, um etwa nachzuprüfen, was der Schüler gerade mit dem Gerät getan hat. Auch für das Klassenbuch ist der Datenschutz zu beachten; es gilt als Dokument oder Akte und darf nicht frei zugänglich für andere aufbewahrt werden.
Ein Sonderfall ist das sogenannte Nachsitzen: Dieses fällt zwar unter erzieherische Maßnahmen, darf aber nicht einfach als Strafe angeordnet werden. Vielmehr soll es darum gehen, dass Unterrichtsstoff nachgeholt werden muss, weil zuvor Säumnisse durch unentschuldigtes Fehlen oder Ablenkung in der Schulstunde entstanden sind. Auch die Ausgestaltung ist in den Bundesländern klar geregelt. Bei dieser Sanktion müssen auch zuvor die Eltern oder Erziehungsberechtigten informiert werden.
Die Schulgesetze und die jeweiligen Landesverordnungen regeln die Menge der Hausaufgaben ganz klar je nach Klassenstufe. So ist in der ersten und zweiten Klasse eine Hausaufgabenzeit von maximal 30 Minuten erlaubt. In der dritten und vierten Klasse sind es schon 45 Minuten, in der 5. Klasse dürfen es 60 Minuten Bearbeitungszeit sein. Lehrer sollten darüber hinaus in der Regel keine Hausaufgaben über das Wochenende, die Ferien oder Feiertage aufgeben.
Ordnungsmaßnahmen als Sanktionen
Weitreichendere als Sanktionen, die Lehrer im Rahmen des Schulgesetzes umsetzen dürfen, sind die sogenannten Ordnungsmaßnahmen. Diese kommen allerdings auch erst bei entsprechend größeren oder regelmäßigen Verstößen zum Tragen. Darunter fallen häufig das sogenannte Schwänzen, inzwischen aber durchaus auch Waffen- oder Drogenbesitz sowie verbale oder körperliche Gewalt gegen Mitschüler oder Lehrer. Diesbezügliche Ordnungsmaßnahmen liegen hierbei nicht mehr im Ermessen des einzelnen Lehrers, sondern müssen über die entsprechenden Gremien der Schule entschieden werden.
Und auch diese können nicht willkürlich vorgehen, sondern müssen den empfohlenen Maßnahmen der Schulgesetze folgen oder bei tatsächlichen Vergehen oder Straftaten, wie beispielsweise oben genannt, höhere Instanzen einschalten. Typische Ordnungsmaßnahmen sind das Versetzen in eine andere Klasse, die vorübergehende Suspendierung oder im schlimmeren Fall der komplette Schulausschluss.
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Nutzung soziale Medien zwischen Lehrer und Schüler nicht einheitlich geregelt
Eine bundeseinheitliche, rechtliche Regelung über die Nutzung von sozialen Medien an Schulen gibt es nicht. Ganz unproblematisch ist sie aber dennoch nicht. Ob und wie über soziale Medien zwischen Lehrern und Schülern kommuniziert werden darf, ist in jedem Bundesland unterschiedlich geregelt. Lehrer – unabhängig welchen offiziellen Handlungsspielraum sie in der digitalen Kommunikation haben – unterliegen aus dienstrechtlichen Bestimmungen hier einer erhöhten Sorgfaltspflicht. Sind soziale Medien im schulischen Kontext erlaubt, gilt es, verantwortungsvoll und sensibel damit umzugehen.
Ohrfeigen oder Schlagstöcke auf Kinderhände kommt niemandem mehr in den Sinn, Gewalt kann aber durchaus auch auf andere Art verübt werden, sei es durch Worte, Gesten oder andere Taten. Dazu zählen unter anderem Anschreien, Beleidigungen oder auch Ignorieren. Das Persönlichkeitsrecht von Schülern darf nicht anders gehandhabt werden als bei Erwachsenen.
Psychische Gewalt rückt in den Mittelpunkt
Insgesamt wird die psychische Gesundheit von Schülern immer mehr in den Mittelpunkt gerückt: So gibt es aktuell ein Präventionsprogramm von Seiten der Bundesregierung, das Schülern erleichtern soll, bei seelischen Problemen um Hilfe zu bitten. Unter diesen leiden allerdings auch immer mehr Lehrer, und so reagieren die Bundesministerien auf zunehmenden Krankenstand und steigenden Lehrermangel: AGIL (Arbeit und Gesundheit im Lehrerberuf) ist ein wissenschaftlich evaluiertes Training, das die Gesundheit von Pädagogen gezielt fördert und für mehr Resilienz sorgen soll.
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Dieser Text stammt von einem Expert aus dem FOCUS online EXPERTS Circle. Unsere Experts verfügen über hohes Fachwissen in ihrem Themenbereich und sind nicht Teil der Redaktion. Mehr erfahren.