Nachts mit der Bahn von München heimzufahren, war für Moosburger, Marzlinger und Langenbacher lange ein Problem. Nun gibt es eine neue Verbindung – und weitere Fortschritte für Reisende.
Landkreis – Jahrzehntelang war klar: Wer aus Moosburg, Langenbach oder Marzling kommt und einen langen Abend in München verbringen möchte, sollte die Uhr gut im Blick behalten – zumindest, wenn kein Auto im Spiel war. Denn der letzte Zug Richtung Landshut startete in München bislang schon gegen Mitternacht. Wer eine der späteren S-Bahnen nach Freising wählte, für den war dort die Fahrt mit dem ÖPNV für die nächsten Stunden erst einmal vorbei. Obwohl es immer wieder Initiativen vor allem aus Moosburg gab, für die 20 000-Einwohner-Stadt eine spätere Verbindung einzufordern, gelang kein Durchbruch. Bis jetzt. Denn mit dem Fahrplanwechsel zum 15. Dezember wurden die Gebete vieler Moosburger sowie Langenbacher und Marzlinger erhört. Für die Regionalbahn RB33 wurde eine neue tägliche Spätverbindung um 0.52 Uhr ab München nach Landshut etabliert. Der Zug hält zwischen den Stopps Freising (1.24 Uhr) und Landshut (1.53) auch in Marzling (1.29), Langenbach (1.33), Moosburg (1.38), Bruckberg (1.43) und Gündlkofen (1.46).
Lang erhoffter Lumpensammler
„Das ist auf alle Fälle eine Verbesserung“, freut sich Moosburgs Mobilitätsreferent und 3. Bürgermeister Michael Stanglmaier (Grüne). Der 61-Jährige kann sich schon gar nicht mehr erinnern, wie lange er und seine Mitstreiter solch einen „Lumpensammler“ gefordert hätten. „Wenn man auf Konzerten in München war, musste man die oft vorzeitig verlassen, weil der letzte Zug sonst weg war.“ Stanglmaier persönlich hat das zum Beispiel einmal die Zugabe von Neil Young gekostet, beim Auftritt von Tom Petty musste er schon während des Hauptteils die Olympiahalle verlassen, wie er erzählt. Ähnliche Szenen kennen viele München-Besucher, sei es im Kino oder der Philharmonie. Das zu frühe und hastige Aufbrechen dürfte nun der Vergangenheit angehören. „Dass man bei dieser neuen Verbindung nun auch Langenbach und Marzling einschließt, macht auf jeden Fall Sinn“, sagt Michael Stanglmaier.
Er erinnert daran, dass nun nicht nur Besucher von Kulturveranstaltungen, sondern auch Berufstätige neue Möglichkeiten hätten. Zum Beispiel könnten Krankenschwestern, bei denen die Schicht mal später ende, jetzt diesen „Late-Night-Zug“ nutzen. Und: „Die Verbindung ist auch für Freising wichtig. Denn dann kann man als Auswärtiger auch in Freising mal was bis 1 Uhr machen, ohne auf das Auto angewiesen zu sein.“ Stanglmaier, der als langjähriger Zug-Pendler und Lokalpolitiker mit Fokus auf die Verkehrswende leidgeprüft ist im Umgang mit der Deutschen Bahn, spricht dieser „ausnahmsweise mal ein Lob aus“. Und regt gleichzeitig an: „Perspektivisch wäre es gut, wenn auch zwischen 1 und 2 Uhr eine Verbindung geschaffen wird.“
Endlich funktioniert das Reinfeiern
Einer, der der neuen Verbindung ebenfalls sehr lange entgegengefiebert hat, ist Benedict Gruber. Der 30-Jährige sitzt für die junge Gruppierung Fresh im Moosburger Stadtrat und hat die neue Zugverbindung auf eine ganz besondere Weise zelebriert: Gemeinsam mit seinem Langenbacher Bekannten Niklas Welser – ebenfalls Fresh-Mitglied – hatte er in der Nacht zum 15. Dezember extra einen Barbesuch in München unternommen, um dann pünktlich um 0.52 Uhr mit der Jungfernfahrt der neuen Verbindung öffentlich nach Hause zu kommen. „Wir sind in Bahnhofsnähe geblieben und waren im Café Kosmos. Dadurch mussten wir erst um 0.45 Uhr aus der Bar losgehen und sind ganz bequem zum Zug gekommen.“ Vor dem Einsteigen schossen die beiden dann noch freudig Fotos am Gleis, um den neuen Nachtzug in Social Media zu präsentieren.
Gruber, der daran erinnert, dass man nun endlich beim Reinfeiern in einen Geburtstag die entscheidenden Mitternachts-Szenen und zumindest noch eine halbe Stunde danach miterleben könne, sieht noch eine ganze Reihe weiterer Vorteile der neuen Zugverbindung. Etwa in den Haltestellen Moosach und Feldmoching: „Das bringt vielen Leuten etwas, wenn sie sich 20 Minuten zum Hauptbahnhof sparen und einfach weiter nördlich einsteigen.“ Studierende aus Garching, für die sich das teure Wohnen in München nicht rentiere, und die deshalb zu Hause etwa in Moosburg leben würden, profitierten speziell von der Querverbindung in Feldmoching zur U-Bahn-Linie U6. Gruber berichtet außerdem, dass viele Studierende wegen begrenzter Lernplätze auf Abendstunden ausweichen würden und nun länger in der Bibliothek sitzen bleiben könnten. Generell sei es in seiner Generation immer üblicher, dass man von der Norm abweichende Arbeits- oder Unizeiten habe, berichtet Gruber.
WLAN, Steckdosen und mehr Empfang
Ein Fortschritt, der nicht nur Reisende in den Nachtstunden freuen dürfte, kommt mit 25 neuen Zügen des Typs Siemens Desiro HC daher, die die Bahn jetzt auf den Linien RE3 München-Passau und RB33 (München-) Freising-Landshut einsetzt. Gegenüber den längsten Zügen, die bislang verkehrten, seien das 250 Sitzplätze mehr, heißt es in der Pressemitteilung der Bayerischen Eisenbahngesellschaft zum jüngsten Fahrplanwechsel. Und weiter: „Die neuen Fahrzeuge verfügen über großzügige Mehrzweckbereiche und sind mit kostenlosem WLAN sowie Fensterscheiben mit deutlich besserer Mobilfunkdurchlässigkeit ausgestattet.“ Benedict Gruber, der sich im Moosburger Stadtrat als Digitalisierungsreferent engagiert, lobt diese Ausstattung. „Es macht einen großen Unterschied, ob ich 45 Minuten im Zug sitze, und nichts machen kann, weil ich kein WLAN oder keine Steckdose habe. Oder ob ich in dieser Zeit zum Beispiel am Laptop arbeiten kann.“