Klima-Zoll aus Brüssel – EU stellt Rest der Welt vor Bürokratie-Hürden

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Seit einigen Jahren unternimmt Europa große Anstrengungen, um den CO₂-Ausstoß zu senken. Jetzt bittet Brüssel Länder zur Kasse, die das nicht tun. Im Ausland regt sich Kritik.

Brüssel – Zwischen CO₂-Abgabe und Plastiksteuer gibt es auf EU-Ebene jede Menge Werkzeuge, die Europas Anstrengungen hinsichtlich Klimaschutz mit zusätzlichen Kosten an die Bevölkerung verbinden. Andere Länder sehen dazu weniger Notwendigkeit – im Gegenteil, sie profitieren davon, wenn Europa sich quasi selbst ein Handicap gibt. Das CO₂-Grenzausgleichssystem soll dem ein Ende setzen. Allerdings ist das Ausland nicht nur zufrieden mit der Maßnahme.

Verlagerung bei Emissionen – Europa will CBAM weltweit durchsetzen

Zum Hintergrund: Das CO₂-Grenzausgleichssystem (kurz CBAM) soll die Bedingungen für die Produktion innerhalb und außerhalb Europas angleichen. Produkte, die dem EU-Emissionshandel (EU-ETS 1) unterliegen, sollen so in fairem Wettbewerb mit außereuropäischen Produkten stehen. Aktuell ist es so, dass bestimmte europäische Unternehmen für ihren CO₂-Ausstoß pro Tonne Emissionszertifikate kaufen müssen, die Unternehmen von außerhalb müssen dagegen lediglich über die Einfuhr ihrer emissionsintensiven Waren berichten.

Die EU-Kommission selbst sprach dabei unter anderem von der Gefahr der „Verlagerung“ – wenn deutsche Unternehmen zum Beispiel einfach Ressourcen von außerhalb besorgen, um den Zertifikatskauf zu umgehen, würde es nicht wirklich zu einer Einsparung von CO₂-Emissionen kommen. „Dies ist ein zentraler Bestandteil unseres europäischen Grünen Deals und verhindert die Gefahr einer Verlagerung von CO₂-Emissionen“, hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dazu gesagt.

EU Kommissionspraesidentin Ursula von der Leyen im Portrait
EU Kommissionspraesidentin Ursula von der Leyen im Portrait (Symbolfoto). Seit einigen Jahren unternimmt Europa große Anstrengungen, um den CO₂-Ausstoß zu senken. Von der Leyen hatte das CBAM stark befürwortet. © IMAGO / Political-Moments

Das CBAM ändert das. Ab 2026 müssen außereuropäische Unternehmen ebenfalls Emissionszertifikate erwerben und abgeben. Je weniger Emissionen bei der Produktion angefallen sind, umso weniger Zertifikate müssen die betroffenen Unternehmen erwerben. „Nur so lässt sich von den Vorteilen des CO₂-Grenzausgleichs profitieren und sich ein fairer Wettbewerb für Produkte gewährleisten, die dem Europäischen Emissionshandel unterliegen. Je kleiner der CO₂-Rucksack eines Produkts ist, desto günstiger ist die Einfuhr in die EU“, erklärte Jürgen Landgrebe, Leiter des Fachbereichs „Klimaschutz, Energie, Deutsche Emissionshandelsstelle“ im Umweltbundesamt (⁠UBA⁠).

Aktuell läuft noch ein Übergangszeitraum. Bis Ende 2025 gibt es noch keine finanziellen Verpflichtungen im Rahmen des CBAM und die Berichtspflichten sind noch vereinfacht formuliert. Betroffen sind bei der Einfuhr vorerst nur Eisen, Stahl, Aluminium, Wasserstoff, Strom, Zement und Dünger. So sollen sich die Beteiligten an das System herantasten und Erfahrungen sammeln. Erst ab 2026, wenn die Regelphase beginnt, ist der Erwerb von Emissionszertifikaten ein Muss. Dann besteht allerdings nur noch eine jährliche Berichtspflicht.

Schwierigkeiten beim CBAM

Schon jetzt aber stehen die internationalen Handelspartner vor einem Bürokratie-Berg. „Die meisten europäischen Firmen sind noch nicht ausreichend auf den Klimazoll vorbereitet“, zitierte die Welt einen Experten des Wirtschaftsprüfungsunternehmens KPMG. Viele haben kaum Übersicht darüber, welche Emissionen ihre Zulieferer verursachen. Fragen wie die nach der Software oder nach der Zuständigkeit erschweren das ganze Vorhaben. Tausende Unternehmen müssen ihren Partnern, die teils am anderen Ende der Welt sitzen, die neuen EU-Vorgaben erklären.

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer warnte wiederum: „Die Kurzfristigkeit und Eile, mit der CBAM-Konsultationen durchgeführt sowie die entsprechenden Rechtsakte verabschiedet wurden, ist für die Wirtschaft hochproblematisch.“ In einer Stellungnahme gab die DIHK an, dass vor allem kleine und mittelständische Unternehmen Schwierigkeiten mit der Vorbereitung auf die Umsetzung des CBAM hätten.

Immer wieder sei es zu Fehlermeldungen gekommen. Es seien noch lange nicht alle Probleme behoben – Firmen sind schon jetzt frustriert, dabei hat die „ernste“ Phase des CBAM noch nicht einmal begonnen.

Rest der Welt will nicht auf Europa verzichten – trotz CBAM

Dabei stellt sich die Frage: Zieht der Rest der Welt nicht einfach die Reißleine? Einerseits liegt es wohl daran, dass die EU die stärkste Wirtschaftsmacht ist. Andererseits sind Klimaschutzmaßnahmen selbst in China keine Neuheit mehr. Das Land plant ebenfalls bereits eine Steuer auf Kohlendioxid. Darum hätten sich die Firmen dort schon mit dem CBAM abgefunden. Auch Indien hatte schon angekündigt, CO₂-Zertifikate einzuführen. Sorgt die europäische Maßnahme nun dafür, dass CO₂ weltweit bald einen Preis haben wird?

Auf der anderen Seite hatte das CBAM bereits massive Kritik eingesteckt. Die EU missbrauche den Klimaschutz als Ausrede für protektionistische Maßnahmen, schwächere Länder würden damit „unverhältnismäßig stark“ belastet. Die Nachrichtenagentur Reuters nannte hier zum Beispiel Mosambik, die Ukraine, Serbien, Simbabwe und Albanien. „Keines dieser Länder hatte signifikantes Mitspracherecht bei der Erstellung von CBAM, aber jetzt sollen sie alle stark betroffen sein.“

Das CBAM ergänzt das europäische „Fit for 55“-Paket und baut den EU-Emissionshandel (EU-ETS 1) weiter aus. Aktuell gibt es schon Debatten über ein mögliches EU-ETS 2-System, konkret in Bezug auf die CO₂-Abgabe, die ab 2027 in den Händen der EU liegen wird.

Mit Material von Reuters

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