Beitragsprognosen für Rente und Krankenkassen: es droht noch weniger Netto vom Brutto

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Experten warnen vor den Auswirkungen des Koalitionsvertrags von Union und SPD. Arbeitnehmern drohen Beitragserhöhungen bei Rente und Krankenkasse.

München – CDU, CSU und SPD haben gemeinsam einen Koalitionsvertrag vorgelegt. Darin finden sich mehrere sozialpolitische Vorhaben. Über die Punkte Rente und Krankenversicherung äußern viele Experten Sorge. Denn: Durch steigende Sozialbeiträge droht weniger Nettogehalt.

Beitragsprognosen für Rente und Krankenkassen: Noch weniger Netto vom Brutto

Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) warnt vor weiteren Belastungen für Erwerbstätige. „Die neue Koalition steuert in ernsthafte Finanzierungsschwierigkeiten hinein“, sagte IW-Steuer- und Sozialexperte Jochen Pimpertz der Deutschen Presse-Agentur (DPA).

Schon jetzt liegen die Sozialabgaben für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gemeinsam bei 42,3 Prozent des Einkommens. Laut Pimpertz, der sich auf eine Studie des IGES-Forschungsinstituts beruft, könnte dieser Satz in den kommenden Jahren auf nahezu 46 Prozent steigen. Für Arbeitnehmer bedeutet das: Vom Bruttogehalt bleibt netto weniger übrig. Da die Beiträge je zur Hälfte von Arbeitgebern und Arbeitnehmern getragen werden, stellt der Anstieg auch für Unternehmen eine wachsende Belastung dar.

Ein Arbeitnehmer mit einem Monatsgehalt von 4000 Euro zahlt derzeit etwa 850 Euro Sozialabgaben. Die Bild rechnet: Laut Prognose wären dann 75 Euro mehr im Monat fällig. Im Jahr sind das 900 Euro Mehrbelastung.

Seniorin zählt Geld
Experten warnen: Durch den Koalitionsvertrag von Union und SPD droht weniger Netto. © picture alliance/dpa | Marijan Murat

Merz-Regierung: Renten-Plan von Union und SPD nur durch wachsende Steuerzuschüsse möglich

Nach Einschätzung des IW-Ökonomen treiben vor allem die steigenden Gesundheitsausgaben und die Rentenkosten die Abgabenlast für Beschäftigte in die Höhe. Besonders bei der Rente sehen Union und SPD laut Pimpertz einen Kurswechsel vor: Sie wollen sich vom bisherigen Grundprinzip entfernen, wonach die laufenden Renten hauptsächlich aus Beiträgen finanziert werden.

Im Koalitionsvertrag haben die Partner zugesagt, das Rentenniveau bis 2031 bei 48 Prozent des Durchschnittslohns zu sichern. Um dieses Ziel angesichts der alternden Bevölkerung zu erreichen, wären jedoch stetig wachsende Steuerzuschüsse notwendig.

Schon jetzt fließen jährlich rund 113 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt in die Rentenkasse – das entspricht etwa einem Viertel des gesamten Haushalts.

„Beitrags-Tsunami“: Krankenkasse warnt vor steigenden Beiträgen durch Koalitionsvertrag

Die Ausgaben im Gesundheitswesen steigen stärker als bislang erwartet. Ein Grund dafür ist laut IW, dass der Bund die Krankenkassen während der Corona-Pandemie dazu verpflichtet hat, ihre Finanzreserven zur Stabilisierung der Beiträge zu nutzen. Dadurch fehlt nun ein finanzieller Puffer, um künftige Beitragserhöhungen abzufangen.

Der Chef der Krankenkasse DAK-Gesundheit warnt wegen des Koalitionsvertrags vor stark steigenden Beiträgen in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung spätestens zum Jahreswechsel. „Wenn nicht nachgelegt wird, dann ist mit diesem Koalitionsvertrag ein Beitrags-Tsunami vorprogrammiert“, sagte Andreas Strom der Augsburger Allgemeinen.

„Gift für die Konjunktur“: Krankenkasse warnt vor den Folgen von „massiver Erhöhung“ von Beiträgen

In der Pflegeversicherung steht noch in diesem Jahr ein Beitragsanstieg bevor, und auch in der gesetzlichen Krankenversicherung ist spätestens zum Jahreswechsel mit einer „massiven Erhöhung“ des Zusatzbeitrags zu rechnen.

Wie Storm gegenüber der Zeitung erklärte, sei bei der gesetzlichen Krankenversicherung ein Anstieg um mindestens einen halben Beitragssatzpunkt zu erwarten. „In Verbindung mit steigenden Pflegeversicherungsbeiträgen bewegen wir uns dann in Richtung eines Gesamtsozialversicherungsbeitrags von 43 Prozent,“ sagte er. „Das bedeutet nicht nur eine Zumutung für versicherte Beschäftigte, Rentner und Arbeitgeber, das ist auch Gift für die Konjunktur.“

„Negativspirale“: Koalitionsvertrag laut IW lückenhaft

Dem Koalitionsvertrag von Union und SPD fehle „eine grundlegende Weichenstellung“, wie mit den wachsenden finanziellen Problemen umgegangen werden solle, so IW-Experte Pimpertz. Eine schwächere Wirtschaftsentwicklung führe zu einem Wachstum der beitragspflichtige Einkommen, das hinter die Ausgabenentwicklung zurückfalle – damit drohe eine „Negativspirale.“ (dpa/AFP/hk)

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