Kritik für Dialekt in der Schule: Florian Beilhack rät zur Gelassenheit – „Einfach so sein, wie man ist“

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Rät zur Gelassenheit: Florian Beilhack ist mit seinem Werdegang rundum zufrieden. © THOMAS PLETTENBERG

Vor 25 Jahren ist Florian Beilhack als Achtjähriger im Zeugnis für seine bairische Sprache kritisiert worden. Heute schaut der 34-Jährige gelassen auf seine Schulzeit zurück. Den Erstklässlern, die neu eingeschult werden, rät er: „So reden, wia ma‘s glernt hod.“

Otterfing – Wenn Florian Beilhack (34) an seinen ersten Schultag zurückdenkt, dann kommt ihm als Erstes die Familie in den Kopf. „Wie es Brauch ist, haben mir mein Vater und meine Mutter die Lederhosn angezogen“, sagt der Otterfinger und lacht. Mit seinen Brüdern und den Großeltern ging's danach noch zum Essen. „Ein schöner Tag, ich kann mich schon noch dran erinnern.“ Dass er nur zwei Jahre später, als Achtjähriger, ausgerechnet für seine bairische Mundart kritisiert wird, die ihm seine Familie ganz selbstverständlich in die Wiege gelegt hat, ahnte damals wohl niemand. Doch genau so stand's am Ende der zweiten Klasse im Zeugnis der Grundschule: „Florian hat Probleme, sich verständlich auszudrücken, da er zu Hause nur bayrisch redet.“

Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. Auf den bayernweiten Aufschrei, den damals Hans Triebel vom Förderverein Bairische Sprache und Dialekte angestoßen hatte, folgten bundesweite Schlagzeilen, Seiten voller Leserbriefe in der Heimatzeitung und Anrufe bei der Familie im Minutentakt – der blonde Bub in Tracht war berühmt geworden (wir berichteten). Kultusministerin Monika Hohlmeier (CSU) veranlasste, dass der Eintrag im Zeugnis gestrichen wird. Nach einer Aufforderung aus dem Landtag und zehntausenden Unterschriften, die Triebel der Ministerin überreicht hatte, gab es erst einen Bericht zur „Rettung der bayerischen Sprache“ und dann ein Dialektbuch für Lehrer.

„Ich bin überall gut zurechtgekommen“

All die Diskussionen um die bairische Sprache habe er damals zwar kaum mitbekommen, sagte Beilhack zehn Jahre später gegenüber unserer Zeitung. Doch für den Buben und die Familie war von Anfang an klar, dass er sich den Dialekt nicht austreiben lässt. Damals nicht, zehn Jahre später nicht – und freilich auch bis heute nicht. Warum auch? „Die im Osten haben ja auch ihren Dialekt.“

Sorgte vor 25 Jahren für Wirbel: das Zeugnis, das der damals achtjährige Florian Beilhack in der Grundschule in Otterfing erhalten hat.
Sorgte vor 25 Jahren für Wirbel: das Zeugnis, das der damals achtjährige Florian Beilhack in der Grundschule in Otterfing erhalten hat. © Archiv Frank Mächler/dpa

Den hiesigen Erstklässlern, die jetzt eingeschult werden, rät Beilhack mit Blick auf seinen eigenen Werdegang zur Gelassenheit. „Man sollte einfach so sein, wie man ist“, sagt der Otterfinger. Sich verstellen oder verändern brauche es überhaupt nicht. „Jeder kommt durch – ich bin ja auch durchgekommen“, meint der 34-Jährige schmunzelnd. Nachdem er die Grund- und Hauptschule abgeschlossen und erfolgreich die Gesellenprüfung als Maurer abgelegt hatte, lernte der Otterfinger auf der Landwirtschaftsschule in Riem seinen heutigen Beruf. „Ich bin mit der bairischen Sprache überall zurechtgekommen, auch in München“, sagt Beilhack. Heute führt er den Bio-Bauernhof seiner Eltern im Ortsteil Holzham weiter, den er vor einigen Jahren übernommen hat. Im Bayerischen Bauernverband ist er als Ortsobmann für Otterfing gewählt und neben den Burschen, Trachtlern und Gebirgsschützen bei der Feuerwehr aktiv. „Ich hab‘ mittlerweile auch Familie daheim“, ergänzt der Otterfinger stolz. „Ich bin wirklich gut durchs Leben gekommen bisher.“

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Bis seine acht Monate alte Tochter eingeschult wird und dem Papa nacheifern kann, dauert's freilich noch. Aber Dialekt, das steht schon fest, wird auch die Kleine von ihrer Familie mitbekommen. „Ganz normal halt“, meint Beilhack. Außerdem wird er ihr wohl das mitgeben, was er zum diesjährigen Schulstart auch anderen Kindern empfiehlt: „Nix scheiß‘n – die Schule ist nur eine kurze Zeit lang und man vermisst sie noch früh genug.“ Vor seiner eigenen Einschulung sei auch er richtig aufgeregt gewesen, erinnert sich Beilhack. „Aber bis jetzt hat noch jeder den ersten Schultag überlebt.“ Ein Rezept dafür braucht's gar nicht, meint der 34-Jährige. Einen ganz konkreten Tipp hat der Otterfinger dann aber doch noch: „Einfach so reden, wia ma‘s glernt hod.“ nap

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