Gastgeber wünschen sich schöneres Ortsbild – Touristen beklagen sich, „wie hässlich das Dorf sei“

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Die zahlreichen Leerstände in der Kochler Ortsmitte waren ein Thema bei der Vermieterversammlung. © arp

Zum ersten Mal nach längerer Pause hatten Gemeinde und Tourist-Info Kochel am Dienstag wieder zu einer Vermieterversammlung geladen. Rund 25 Tourismustreibende aus dem Hauptort, aus Ried und aus Walchensee waren der Einladung gefolgt.

Kochel am See – Die Gastgeber machten zahlreiche Vorschläge, was man in Kochel verbessern könnte – auch in Bezug auf den Alltag der Einheimischen. Eingangs hatten Bürgermeister Jens Müller und Daniel Weickel, Leiter der touristischen Abteilung, über aktuelle Entwicklungen in der Gemeinde und dem Landkreis gesprochen. Die Diskussion mit den Vermietern kam rasch in Gang. Ein Vorschlag lautete, dass man den Maler Franz Marc wieder mehr im Ortsbild verankern sollte, zum Beispiel durch das Aufstellen von Heuhocken. „Die gab es früher bei uns im ganzen Dorf“, sagte der Mann. Marcs farbenfrohes Bild „Hocken im Schnee“ gehört zu seinen bekanntesten Werken. Der Vorschlag wurde sehr begrüßt, auch von Jessica Keilholz-Busch. Die neue Museumsdirektorin war ebenfalls zu der Versammlung gekommen. Nun soll überlegt werden, auf welchem Grundstück an den Ortseingängen Heuhocken aufgestellt werden könnten.

Die „Hocken im Schnee“ sind eines der berühmtesten Bilder von Franz Marc. Auf diese Art und Weise wurde früher in der Region Heu getrocknet.
Die „Hocken im Schnee“ sind eines der berühmtesten Bilder von Franz Marc. Auf diese Art und Weise wurde früher in der Region Heu getrocknet. © Merkur/Archiv

Verbesserung der Dixie-Toiletten geplant

Eine Vermieterin monierte, dass es in Kochel „keinen richtigen Badeplatz mit Umkleiden und Toiletten gibt“. Bürgermeister Müller sagte, es sei sein Ziel, dass in Kochel keine Dixi-Toiletten mehr sichtbar seien. Grundsätzlich komme man aber um diese Art der WCs aus verschiedenen Gründen nicht herum. In Walchensee beispielsweise gebe es keine Kanalisation. Sein Vorbild zur Verschönerung seien die verkleideten Toiletten-Häuschen am Eichsee (Gemeinde Großweil). Diese seien zwar teuer, aber man sollte diese Variante für Kochel prüfen. Wenn das Trimini den großen Wohnmobilstellplatz baue, entstehe dort auch ein öffentlich zugängliches Sanitärgebäude.

Eine Holzinsel im See, wie gelegentlich gefordert, werde die Gemeinde nicht realisieren. Hintergrund sei die Haftung, erklärte Müller. „Das betrifft nicht nur Kochel, sondern alle Gemeinden.“

Café am See: Schwierigkeiten

Eine andere Vermieterin bedauerte, dass es am Kochelsee keine Einkehrmöglichkeit mehr gebe. „Man kriegt noch nicht mal einen Kaffee.“ Weickel pflichtete ihr bei und sagte, man habe schon mehrere Ideen gehabt, doch diese hätten sich alle nicht realisieren lassen. So habe zum Beispiel das Landratsamt abgelehnt, dass ein „Foodtruck“ komme, also ein Fahrzeug, das Getränke und kleine Snacks verkauft. „Obwohl es abends wieder wegfährt, definieren sie es als bauliche Anlage“, bedauerte Weickel.

Das bestehende alte Gebäude an der Seepromenade sei mittlerweile in so einem schlechten Zustand, dass man es nur noch als Bauruine definieren könne, sagte Müller. Wie berichtet, soll angrenzend eine Klinik entstehen. Diese wollte zuerst einen öffentlichen Gastro-Bereich einrichten, sah sich dann aber mit so vielen Hindernissen konfrontiert, dass sie das Areal nun nur für Patienten nutzen werde.

Ortsmitte: Kein schöner Anblick

Im Laufe der Diskussion ging es auch um den Leerstand in der Ortsmitte. Sie bekomme von Gästen immer wieder die Rückmeldung, „wie hässlich das Dorf sei“, sagte eine Frau. „Den Gästen fehlt Aufenthaltsqualität. Sie wünschen sich einen Buchladen, eine Konditorei, ein Souvenirgeschäft und Kunsthandwerk.“ Andere Gemeinden, sagte sie kritisch, „kriegen eine Dorferneuerung doch auch hin“. Die Urlauber seien in puncto Wandern und Ausflüge sehr gut vorbereitet. „Aber sie haben auch eine Erwartungshaltung ans Dorf und werden dann enttäuscht.“ Mehr Lebensqualität in der Ortsmitte sei auch für die Einheimischen gut. Daraus entwickelte sich eine längere, intensive Diskussion. Man habe versucht, Gewerbetreibenden Räume schmackhaft zu machen, doch diese hätten abgewunken, erklärte Weickel. „Viele sagen, sie hätten im Winter Probleme, den Betrieb aufrechtzuerhalten.“ Viele Räumlichkeiten seien auch „einfach nicht mehr zeitgemäß“.

Ein anderer Vermieter wollte die Situation ganz so schlecht nicht sehen: „Die Versorgungsmöglichkeiten in Kochel sind doch gut. Aber ja, das Ortsbild könnte schöner sein.“ Weickel verwies auch darauf, dass die Bundesstraße durch den Ort führe. „Unser Zentrum ist leider sehr verkehrsreich.“

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Wie berichtet, wird die Kavun-Gruppe zwei Gebäude in der Ortsmitte renovieren, es entsteht Wohnraum. In dem ehemaligen Konsum-Haus ist derzeit ein Jugend- und Seniorentreff angedacht, der Bürgermeister hatte das angestoßen. Müller berichtete auch davon, dass der Gemeinderat unter seinem Vorgänger bereits die Aufnahme ins Dorferneuerungs-Verfahren beschlossen hätte. Nun werde man die Umsetzung anpacken. Dabei will Müller für die Gemeinde auch Geld aus dem Stadtbauförderprogramm holen. Das Thema steht am kommenden Montag auf der Tagesordnung des Gemeinderats.

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