Wir brauchen mehr Lehrer und mehr Schlaf
Wir brauchen mehr Lehrer und mehr Schlaf, kommentiert Dieter Priglmeir, Redaktionsleiter des Erdinger Anzeiger.
Schlafforscher, Wissenschaftler und Kinderärzte sind sich einig: Der frühe Schulbeginn macht unsere Buben und Mädchen dumm, dick und krank, oder wissenschaftlicher ausgedrückt: Verkürzte Schlafphasen beeinträchtigen das Wohlbefinden, die Energie, die Konzentration und längerfristig auch die Gesundheit. Kinder brauchen acht bis zehn Stunden Schlaf, um in der Schule Gelerntes im Langzeitgedächtnis abzuspeichern.
Dennoch beginnt der Unterricht zwischen 7.45 um 8.15 Uhr. Später geht nicht, sagt dazu die Politik und verweist auf Eltern und Arbeitszeiten. In Frankreich, Spanien oder England ist das zwar dennoch möglich, dort beginnt die Schule vielerorts um 9 Uhr. Aber dann fällt mir der jährliche Aufschrei am Buß- und Bettag ein, wenn die Kinder schulfrei haben, während ihren Eltern der Feiertag weggenommen wurde. Neue Unterrichtszeiten? Sinnvoll, aber schwer durchsetzbar.
Ist das schlimm? Nicht gestattet ist der Gedankengang: Ich war auch schon um sieben Uhr auf dem Schulweg, und ganz so dumm bin ich auch nicht. Viel besser ist: Wie schlau wäre ich erst, wenn der Unterricht um 9 Uhr begonnen hätte? Wissen wir nicht. Nein, auch Sie nicht, Herr Physiklehrer Lippert! Aber ich will ihm nicht Unrecht tun. Er konnte nichts dafür, dass ich mir auch heute noch die Finger brechen würde bei der Berechnung der Lorentz-Kraft.
Ja, unsere Lehrer haben uns gefordert und gefördert. Lehrplan hin oder her – sie waren der Grund für Motivation und Leistung. Umso wichtiger wäre es heute, dass die Schulen mit genügend ausgebildeten Lehrkräften versorgt wären. Gerade in Zeiten, in denen der Anteil der Schüler mit Migrationshintergrund bei fast 30 Prozent liegt. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Bildung ist das A und O für alle und für die Integration unabdingbar. Aber die Sprachbarriere macht den Unterricht schwerer. Das haben nur ausgebildete Fachleute im Kreuz.
Umso fataler ist der aktuelle Lehrermangel. Es ist aller Ehren wert, wie das Schulamt Erding mit Aushilfen und studierten Seiteneinsteigern den Bedarf in den Grund- und Mittelschulen dann doch decken kann und dabei sogar die Klassengrößen niedrig hält (wir berichteten). Glücklich ist man aber weder in der Behörde noch in den Schulen darüber. Hinzu kommt der jährliche Wechsel von rund 100 Lehrkräften, die nach ihren Oberbayern-Jahren zurück in die Heimat kehren. Das gab es früher so nicht. Da waren sie 20 und mehr Jahre an ihrer Schule (was bei Herrn L. nicht unbedingt nötig gewesen wäre) und haben für eine Kontinuität gesorgt, die jeder Schule guttut.
Wie kriegen wir wieder mehr Fachpersonal? Da zitieren und unterstützen wir gern den Erdinger Schulamtsdirektor: „Wir freuen uns über alle, die sich entschließen, den Lehrerberuf zu ergreifen.“