Siemens gegen Vier-Tage-Woche: „Können wir uns volkswirtschaftlich ganz klar nicht leisten“
Siemens sieht die Vier-Tage-Woche bei gleichem Lohn kritisch – besonders wegen des Fachkräftemangels. Deutschland könnte sie sich „volkswirtschaftlich ganz klar nicht leisten“.
München – Die Forderungen nach einer Vier-Tage-Woche werden lauter. Immer mehr Menschen wünschen sich eine Entlastung von ihrer Vollzeitarbeit. Die Gewerkschaft IG Metall dringt besonders auf die Vier-Tage-Woche in der Stahlindustrie. Siemens-Personalchefin Judith Wiese sieht das kritisch. „Eine Diskussion über kürzere Arbeitszeiten können wir uns volkswirtschaftlich ganz klar nicht leisten“, sagte Wiese der Süddeutschen Zeitung (SZ) am Montag, 6. Mai.
„Für ein Land wie Deutschland, das so schnell alter und in dem Fachkräfte fehlen, ist eine Debatte über kürzere Arbeitszeiten natürlich ziemlich heikel“, sagte Wiese. Die Vorständin verweis darauf, dass die Menschen in Deutschland schon heute rund 500 Stunden weniger arbeiten als etwa in den USA. Laut einer DIW-Studie arbeiten die Deutschen jedoch so viel wie nie zuvor.
Siemens-Personalchefin äußert sich: „Wir sehen kein Trend zur Vier-Tage-Woche“
Wiese setzt dagegen einen anderen Fokus. „Es geht vielmehr darum, wie Menschen durch lebenslanges Lernen beschäftigungsfähig bleiben, und wie wir es noch mehr Menschen ermöglichen, einer Beschäftigung nachzugehen – idealerweise in Vollzeit und mit ausreichender Flexibilität.“

Bei Siemens gebe es bereits die Option, „eine Vier-Tage-Woche zu realisieren“. „Die wenigsten nehmen das aber in Anspruch“, sagte die Personalvorständin im SZ-Interview. „Wir sehen bei Siemens keinen Trend zur Vier-Tage-Woche.“ Möglich ist das etwa durch verschiedene Teilzeitmodelle – allerdings nicht bei vollem Lohnausgleich, wie es etwa IG Metall in der Stahlsparte fordert.
Vier-Tage-Woche bleibt Streitpunkt
Dadurch lässt sich auch das geringe Interesse an dem Angebot erklären. Zwar befürworten laut einer Umfrage des Dachverbands der Betriebskrankenkassen eine Mehrheit eine Abkehr vom Vollzeitjob. Laut einer Umfrage der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung wünschen sich sogar 81 Prozent eine Vier-Tage-Woche. Mit 73 Prozent der Befragten will das eine deutliche Mehrheit jedoch nur bei gleichem Lohn. Kritikerinnen wie Wirtschaftsweise Monika Schnitzler sehen jedoch keine positiven Effekte.
Befürworter argumentieren, dass die Reduzierung der Arbeitszeit gesünder sei, weil sie einen Tag mehr Erholung biete. Zudem könnten Beschäftigte effizienter und produktiver arbeiten. Nach Studien in anderen Ländern wird die Vier-Tage-Woche auch bei einem Modellprojekt in Deutschland getestet. (ms)