Startschuss zur Weltklasse vor 60 Jahren: FC Bayern mit Kantersieg in die Bundesliga

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Nach zwei bitteren Jahren in der zweitklassigen Regionalliga Süd stieg der FC Bayern am Ende der Saison 1964/65 mit einem 8:0-Sieg in Berlin in die Bundesliga auf.

Berlin / München - Am 26. Juni 1965 traten die Bayern am 6. und somit letzten Spieltag der Bundesliga-Aufstiegsrunde vor 15.000 Zuschauern - die meisten davon FCB-Fans - im Berliner Olympiastadion bei Tennis Borussia an. Nach dem 5:0-Heimsieg gegen den 1. FC Saarbrücken eine Woche zuvor genügte dem FC Bayern aufgrund des wesentlich besseren Torverhältnisses gegenüber dem verbliebenen Aufstiegskonkurrenten Alemannia Aachen ein Unentschieden.

Die Münchner ließen in jener Partie von Anfang an keinen Zweifel aufkommen, wer in der Saison 1965/66 erstklassig in der Bundesliga spielen würde: Bereits nach 18 Minuten stand es 3:0 – zweimal Rainer Ohlhauser, einmal Gerd Müller – und am Ende gar 8:0.

Die Leidenszeit in der Zweitklassigkeit fand ihr Ende! Die Chronologie:

11. Mai 1963 - der schwarze Tag der FCB-Geschichte

Rein sportlich gesehen war der 11. Mai 1963 wohl der schwärzeste Tag in der Historie des heutigen Rekordmeisters...

1955 war die erste Fußballmannschaft zwar das einzige Mal in ihrer Historie sportlich abgestiegen - von der Oberliga Süd in die 2. Liga Süd. Dies hatte sich aber in der Saison schon lange abgezeichnet: Die Bayern waren damals als klarer Tabellenletzter ins Unterhaus gegangen, aber nach nur einem Jahr Zweitklassigkeit kehrten sie postwendend in die 1. Liga zurück.

Zur Saison 1963/64 wurde endlich die eingleisige Bundesliga gegründet. Dazu ging am 11. Mai 1963 ein Einschreibebrief in der FCB-Geschäftsstelle ein.

DFB-Hiobsbotschaft für den FC Bayern

„Liebe Sportkameraden!

Wir bedauern, Ihnen mitteilen zu müssen, dass der Bundesliga-Ausschuss des Deutschen Fußball-Bundes Ihrem Gesuch um Aufnahme in die Bundesliga nicht stattgeben konnte …

Überdies kam der Bundesliga-Ausschuss bei seinen Überlegungen zu der Auffassung, dass es wenigstens im Jahre der Einführung der Bundesliga im allgemeinen Interesse des gesamten Fußballs nicht ratsam erscheint, zwei Vereinen am gleichen Ort eine Lizenz für die Bundesliga zu erteilen. Im Falle der Stadt München ist aber mit dem diesjährigen süddeutschen Meister TSV 1860 München bereits ein Verein für die Bundesliga ausgewählt.“

Medien: „Fadenscheinige Begründungen“ des DFB

Dieses für den FCB niederschmetternde DFB-Schreiben löste im Verein natürlich eine Katastrophenstimmung aus, die Medien schrieben von fadenscheinigen Begründungen“. Tatsache war jedenfalls, dass die Bayern in der Abschlusstabelle der Oberliga Süd 1962/63 Dritter hinter den Löwen und dem 1. FC Nürnberg geworden waren, jedoch die hinter ihnen platzierten Eintracht Frankfurt, Karlsruher SC und VfB Stuttgart in die neu gegründete Bundeliga (mit anfangs 16 Vereinen!) aufgenommen wurden.

Die Aufstiegs-Bayern 1965: Vor der Partie im Berliner Olympiastadion.
Die Aufstiegs-Bayern 1965: Vor der Partie im Berliner Olympiastadion. © Bildersammlung Peter Grad

Auch eine 13-seitige Beschwerdeschrift des FC Bayern, die dem DFB am 17. Mai 1963 zugestellt wurde, änderte nichts mehr am DFB-Beschluss.

Zwei Jahre Zweitklassigkeit: Ein FCB-Glücksfall

Hinterher ist man stets schlauer: Was zunächst als großes „Unrecht“ gesehen worden war, entpuppte sich immer mehr als Glücksfall. Ab der Saison 1963/64 wurde an der Säbener Straße im Schatten des erstklassigen Lokalrivalen eine junge erfolgshungrige Mannschaft aufgebaut.

Auch die nächste Enttäuschung - der kalkulierte Aufstieg 1964 wurde leichtfertig verspielt – stellte sich auf lange Sicht als weiterer Glücksfall heraus: Zunächst strengten sich die Bayern in der Schlussphase der Regionalliga-Süd-Meisterschaft damals so wenig an, dass Hessen Kassel in der Tabelle noch vorbei ziehen konnte. Der „inoffizielle Plan“ dahinter: Man wollte in die vermeidlich einfachere Aufstiegsrunden-Gruppe.

Das Kalkül ging jedoch schief: Mit 5:1 Punkten glänzend Richtung Aufstieg gestartet verlor man zunächst zuhause mit 0:2 gegen Borussia Neunkirchen, dann mit 0:3 bei Tasmania Berlin. Da half dann auch ein 6:1 zum Abschluss gegen den FC St. Pauli nichts mehr, die Neunkirchner stiegen im Sommer 1964 anstelle des FCB in die Bundesliga auf.

Zukünftige Weltklasse-Achse

Sepp Maier wurde schon während der Saison 1963/64 zum FCB-Stammkeeper, in der Aufstiegsrunde kam dann auch der 18-jährige Franz Beckenbauer dazu und im darauffolgenden Transfersommer 1964 wurde der ebenfalls 18-jährige Gerd Müller aus Nördlingen verpflichtet.

Trotz einiger „kleiner Aussetzer“ beendete der FC Bayern die Regionalliga-Süd-Saison 1964/65 mit 55:17 Punkten und dem sagenhaften Torverhältnis von 146:32(!) als Erster. Torschützenkönig war Rainer Ohlhauser – 42 Tore in 36 Spielen. Die Quote des jungen Gerd Müller war mit 33 Toren in 26 Spielen sogar noch besser.

Jene Zweitligasaison war übrigens bis zur Saison 1978/79 die letzte, in welcher der „Bomber“ nicht der beste FCB-Liga-Torjäger war. Mittelfeldspieler Beckenbauer erzielte 1964/65 übrigens auch für seine Position beachtliche 16 Tore in 31 Spielen.

Der Aufstiegsfavorit setzt sich durch

1965 machten es die Bayern in der Aufstiegsrunde zur Bundesliga besser als ein Jahr zuvor. Zum Start gelang ein 2:0-Heimsieg gegen Tennis Borussia Berlin, dann folgte zwar eine ernüchternde 0:1-Niederlage in Saarbrücken, aber der knappe 2:1-Heimsieg gegen den Hauptkonkurrenten Alemannia Aachen (Tore Müller und der späte Siegtreffer durch Ohlhauser) brachte die Bayern in die Spur, im Rückspiel gab es ein 1:1 bei der Alemannia.

Die bereits erwähnte 5:0-Revanche gegen Saarbrücken stellte die Weichen endgültig Richtung Aufstieg – und der wurde mit dem nie gefährdeten 8:0-Sieg in Berlin perfekt gemacht. Tennis Borussia Berlin war übrigens in der Gruppe nicht das „Fallobst“, wie man annehmen könnte. Nach drei Spieltagen standen die Berliner noch auf Platz 2 hinter den Bayern.

Wissenswertes zum 8:0-Sieg

FCB-Coach Zlatko „Tschik“ Čajkovski ließ folgende Spieler auflaufen (Titelbild):

Kapitän Adolf Kunstwadl, Sepp Maier, Franz Beckenbauer, Rudi Nafziger, Rudi Grosser, Rainer Ohlhauser, Gerd Müller, Karl Borutta, Jakob Drescher, Dieter Brenninger, Werner Olk.

Die Torfolge: 0:1; 0:2 Ohlhauser (13.; 16.); 0:3 Müller (18.); 0:4 Ohlhauser (46.); 0:5 Brenninger (65.); 0:6; 0:7 Nafziger (83.; 85.); 0:8 Ohlhauser (88.).

Aufstiegsfeiern und Marsch um den Tegernsee

Die Mannschaft wurde noch auf dem Spielfeld in Berlin von ihren mitgereisten Fans begeistert gefeiert. Die Schmähungen und Demütigungen der vergangenen zwei Jahre in München waren vergessen. Bei der Rückkehr der Mannschaft aus Berlin stürmten tausende Anhänger das eigentlich abgesperrte Rollfeld des damaligen Münchner Flughafens in Riem.

Der überglückliche Präsident Wilhelm Neudecker hatte für den Fall des Aufstiegs einen Marsch um den Tegernsee angekündigt. Am 10. Juli 1965 löste er dieses Versprechen ein und 519 FCB-Fans begleiteten ihn dabei.

Ein knappes Jahrzehnt später war der FC Bayern dann in der absoluten Weltklasse angekommen.

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