„Sägen an dem Ast“: Russlands Wirtschaft kämpft mit hartnäckigem Problem

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Die russische Wirtschaft ringt mit einer Vielzahl von Problemen. Eines davon ist der Fachkräftemangel. Wladimir Putin sucht nach Wegen, um die Wirtschaft anzukurbeln.

Moskau – Die russische Wirtschaft steht vor einer Reihe von Herausforderungen, darunter Inflation, hohe Kriegskosten und eine drohende Überhitzung. Anstatt Lösungen zu suchen, scheint Präsident Wladimir Putin die Wirtschaft weiter in den Abgrund zu treiben. Der unabhängige russische Demograf Alexei Rakscha äußerte sich in einem Interview mit der Berliner Zeitung: „Sie sägen an dem Ast, auf dem sie sitzen“. Er bezog sich damit auf die Tatsache, dass der Versuch, den Mangel an Fachkräften zu bekämpfen, der russischen Wirtschaft möglicherweise mehr schadet, als nützt.

Russland braucht Einwanderung – positioniert sich jedoch zunehmend dagegen

Die russische Wirtschaft ist aufgrund wirtschaftlicher und demografischer Faktoren auf Zuwanderung angewiesen. Nach dem Terroranschlag in Moskau am 22. März, der laut Ermittlern von vier Tadschiken verübt wurde, scheint Russland jedoch seine Migrationspolitik überdenken zu wollen. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtete, dass Russland Migranten in großer Zahl abschieben würde. Zudem hätten Sicherheitskräfte in anderen Städten kurz nach dem Anschlag begonnen, Menschen mit „östlichem Äußeren“ zu überprüfen.

Dieses von der staatlichen Nachrichtenagentur Sputnik via AP veröffentlichte Foto zeigt Wladimir Putin
Wladimir Putin (Symbolfoto). Die russische Wirtschaft ringt mit einer Vielzahl von Problemen. Eines davon ist der Fachkräftemangel. Wladimir Putin sucht nach Wegen, um die Wirtschaft anzukurbeln. © Gavriil Grigorov/dpa

Die Menschenrechtsanwältin Valentina Chupik berichtete dem unabhängigen russischen Medienunternehmen Mediazona, dass sie seit dem Anschlag über 8.500 Anfragen von Ausländern in Russland erhalten habe. Fast drei Viertel dieser Anfragen bezogen sich auf illegale Festnahmen. Viele Migranten würden willkürlich abgeschoben, fügte sie hinzu.

Fachkräftemangel in Russland verschärft sich

Rakscha betonte jedoch, dass Russland aus wirtschaftlichen Gründen nicht auf diese „Arbeitsmigranten“ verzichten könne. Er bezweifelte die Angaben des russischen Präsidenten, dass zehn Millionen Arbeitsmigranten in Russland leben würden. Die meisten dieser Migranten stammen aus Zentralasien und suchen in Russland Arbeit, in der Hoffnung auf bessere Jobchancen als in ihren Heimatländern.

Seit dem Kriegsbeginn in der Ukraine hat sich der Mangel an Fachkräften in Russland verschärft. Laut der russischen Zeitung Iswestija fehlten der russischen Wirtschaft im Jahr 2023 schätzungsweise 4,8 Millionen Arbeitskräfte. Besonders gefragt seien Fahrer und Ladenarbeiter. Der Arbeitsminister Anton Kotjakow bestätigte, dass der Mangel an Arbeitskräften auch in der verarbeitenden Industrie, im Baugewerbe und im Transportwesen stark zu spüren sei.

Mangel an Innovation durch Sanktionen rächt sich jetzt

Sanktionen schränken Putins Möglichkeiten ein, die Probleme auf dem russischen Arbeitsmarkt zu lösen und die Wirtschaft zu stabilisieren. Er könnte versuchen, die Arbeitsproduktivität in Russland zu erhöhen, aber dafür wären technologische Fortschritte notwendig. Rakscha sagte dazu gegenüber der Berliner Zeitung: „Im hoch technisierten Deutschland wird ein Asphaltweg in einem Park von einem Arbeiter und einer Menge Maschinen verlegt. In Russland machen das zehn Tadschiken mit Schaufeln und ein russischer Vorarbeiter.“ Sanktionen würden diese Fortschritte derzeit verhindern.

Putins Strategie, die Arbeitsproduktivität erhöhen zu wollen und gleichzeitig junge Menschen an die Front zu schicken, scheint ebenfalls nicht aufzugehen. Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu gab unbestätigte Zahlen bekannt, nach denen es in Russland 25 Millionen Reservisten gibt. Bis 2026 wolle man die Armee von 1,15 Millionen auf 1,5 Millionen Soldaten vergrößern. Die ISW-Kriegsexperten äußerten jedoch Zweifel: „Es ist unklar, ob das russische Militär in der Lage sein wird, innerhalb von drei Jahren so zu wachsen, wie Schoigu es beschrieben hat“, insbesondere angesichts des Fachkräftemangels.

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