Angsthasen-Kapitalismus: Wie US-Konzerne um Trumps Wohlwollen buhlen
Intel steckt in der Krise. Der größte US-Hersteller von Mikrochips hinkt bei der Entwicklung von konkurrenzfähigen Chips für Künstliche Intelligenz hinter Nvidia und dem asiatischen Riesen TSMC hinterher. Das vergangene Jahr wurde mit einem Verlust von elf Milliarden Dollar abgeschlossen, dieses Jahr sollen es immer noch 2,8 Milliarden Dollar Minus werden. Der neue CEO Lip-Bu Tan, der erst im März seinen Dienst antrat, muss nun entscheiden, welche Firmenteile lukrativ genug sind, um sie zu behalten und wo gespart werden soll.
Die Wahl ist auch ein Spiel mit der US-Politik. Tan hat sich schnell dazu entschieden, die Spalte „Foundry“ zu behalten. Hier fasst Intel seine Chip-Fertigung für andere Tech-Konzerne zusammen. Bisher ist das ein Flop. Bei 4,7 Milliarden Dollar Umsatz machte Foundry im Vorjahr zwei Milliarden Dollar Verlust. Bisher fertigt Intel dort fast ausschließlich Chips für sich selbst.
Tan hofft deswegen, dass Donald Trump seine radikale „America First“-Politik durchzieht. Die Vorstandsmitglieder von Intel werden denn auch nicht müde, zu betonen, dass der Konzern rund 90 Milliarden Dollar in den vergangenen Jahren investiert habe, um eine Lieferkette rein in Nordamerika und Europa aufzubauen – während AMD, Nvidia und andere US-Tech-Riesen ihre Chips von TSMC aus Taiwan beziehen. Tan selbst pries zuletzt, dass die neue US-Regierung einen besonderen Fokus auf „Amerikas Führungsrolle bei Technologie und Produktion“ lege. Gemeint sind damit vor allem die hohen Zollsätze, die Trump für Importe erheben will. Intel hofft, dass dadurch die Preise für Chips von TSMC so weit steigen, dass die eigenen Halbleiter attraktiver werden – und so die Umsätze steigen. Doch dieser Plan könnte auch daran scheitern, dass die Taiwanesen selbst angekündigt haben, Werke für 100 Milliarden Dollar in den USA zu bauen.
Angst vor Vergeltung
Das Verhalten von Intel nannte die US-Webseite Business Insider schon im Februar „Angsthasen-Kapitalismus“. Gemeint ist damit, dass viele US-Konzerne dem Willen Trumps Folge leisten, mal öffentlich, mal im Geheimen. Dabei wäre das oft nicht einmal in ihrem wirtschaftlichen Interesse, doch die Vorstände in den USA haben Angst, auf Trumps Zielscheibe zu landen. Was das bedeutet, erleben etwa derzeit Universitäten wie Harvard, denen öffentliche Fördergelder vom US-Präsidenten kurzerhand entzogen wurden, weil sie seinen Willen nicht umsetzen wollten. Der Versandriese Amazon wurde diese Woche aus dem Weißen Haus verbal bedroht, weil er bei einigen Artikeln angeben wollte, welchen Anteil Trumps Zölle am Endkundenpreis ausmachen.
Solche Vergeltungsaktionen der Regierung wollen viele Unternehmen lieber vermeiden. Der Sender ABC News etwa zahlte Trump 15 Millionen Dollar für dessen Bibliothek, um eine Verleumdungsklage des US-Präsidenten beizulegen und entschuldigte sich öffentlich. Meta beendete den vier Jahre andauernden Rechtsstreit um die Sperre von Trumps Facebook-Account im Januar gegen eine Zahlung von 25 Millionen Dollar. Meta-Chef Mark Zuckerberg lobte im Anschluss Trump und dessen Politik – nicht zum ersten Mal.
Wie sehr solche Aktionen ein Einknicken vor Trump sind, zeigt sich am Beispiel der TV-Sendung „60 Minutes“. Die ist in den USA seit Jahrzehnten als Beispiel für hochwertigen investigativen Journalismus bekannt und so wundert es wenig, dass sich die Macher sehr kritisch mit Trump auseinandersetzen. Trump hat die Show mehrmals attackiert und im November sogar auf 20 Milliarden Dollar verklagt. Der Prozess, bei dem es um ein Interview mit Trumps Gegenkandidatin Kamala Harris im Wahlkampf geht, hat wohl keine Aussicht auf Erfolg, doch Paramount, dem CBS gehört, möchte denn Streit nun ebenfalls mit einer außergerichtlichen Zahlung beilegen. Aus Protests kündigte 60-Minutes-Chef Bill Owens seinen Job vergangene Woche nach 26 Jahren. Der Hintergrund: Paramount möchte mit dem Konkurrenten Skydance fusionieren und dieser Zusammenschluss benötigt die Genehmigung der Aufsichtsbehörde FCC – welche wiederum Trump kontrolliert.
Hoffen auf Hilfen
Die FCC hat dabei vorgegeben, dass sämtliche künftigen Entscheidungen auch davon abhängen werden, ob ein Unternehmen weiterhin Inklusion und Anti-Diskriminierungs-Regeln befolgt. Die Trump-Regierung möchte diese ausmerzen. Viele Konzerne sind dem bereits gefolgt. Meta-Chef Zuckerberg tat es früh und mit öffentlicher Ansage, andere wie General Motors, PepsiCo, Disney, sowie die Supermarktketten Walmart und Target endeten ihre Programme weniger lautstark.
Und dann gibt es noch die Konzerne, die Trump von Anfang an ganz offen unterstützten, weil sie etwa hoffen, dass der US-Präsident ihre Konkurrenten mit seiner America-First-Politik schädigt. Da wären etwa Apple, Alphabet, das mehrmals erwähnte Meta und der Taxidienst Uber, die Millionen Dollar für Trumps Amtseinführung spendeten und wo die Bosse bei selbiger ganz vorne in der ersten Reihe saßen. Sie alle konkurrieren mit asiatischen Konzernen, allen voran aus China. Die Logik: Wenn Trump Mitbewerber wie Huawei, TikTok und künftig vielleicht Alibaba, Xiaomi, Baidu oder Tencent vom US-Markt ausschließt, bleibt mehr vom Kuchen fürs Silicon Valley übrig. Uber hingegen hofft vor allem auf laxe Arbeitsschutzregeln, die sein Geschäftsmodell auf Kosten der Fahrer stärken.
Auch aus der Autoindustrie bekommt Trump viel Zuspruch. Ford und General Motors etwa unterstützten den US-Präsidenten ebenfalls mit Millionen-Spenden und Fahrzeugen für die Amtseinführung. Sie hoffen auf Zölle, die die deutschen Autobauer BMW, Mercedes-Benz und Volkswagen vom US-Markt verdrängen.
Dass solches Anbiedern auch nach hinten losgehen kann, merkten viele Konzerne wohl zuletzt bei Trumps Zoll-Ankündigungen. Die fielen so hart aus, dass auch Tech-Riesen und Autobauer ihre Preise deutlich hätten anheben müssen. Wochenlang redeten die CEOs deswegen auf den Präsidenten ein. Mit Erfolg: Mittlerweile sind Chips und Autos weniger stark belegt wie andere Waren.