Rente und Vorsorge - Ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung sinnvoll?
Dennoch gilt: Die Berufsunfähigkeitsversicherung ist unverzichtbar, wenn Sie auf Ihr Arbeitseinkommen angewiesen sind, da die staatlichen Leistungen oft nicht ausreichen. Besonders wichtig ist diese Versicherung für:
- Erwerbstätige, die auf ihr Einkommen angewiesen sind.
- Selbstständige, die in der Regel nicht gesetzlich rentenversichert sind.
- Berufsanfänger, Studierende und Auszubildende, die aufgrund ihres guten Gesundheitszustandes günstigere Tarife erhalten können.
- Schüler, die Berufe im Handwerk, im sozialen Bereich, im Sport oder als Musiker anstreben, da hier eine spätere BU-Absicherung oft schwierig oder teuer ist.
Beamte mit langjähriger Dienstzeit erhalten in der Regel ein Ruhegehalt, das deutlich höher ist als die Erwerbsminderungsrente, und benötigen daher nicht immer eine BU. Bei Lebenshaltungskosten, die höher sind als ihr Anspruch auf Ruhegehalt, kann der Abschluss einer Dienstunfähigkeitsversicherung erwägt werden. Beamte auf Widerruf oder auf Probe sollten unbedingt eine solche Versicherung abschließen, da sie noch keinen Anspruch auf ein Ruhegehalt haben.
Was kostet die BU?
Ein wesentlicher Aspekt bei der Höhe des Beitrags der Berufsunfähigkeitsversicherung ist das Risiko des Antragstellers, berufsunfähig zu werden. Die Beitragshöhe hängt daher von folgenden Faktoren ab:
- Gesundheitszustand, bestehende Krankheiten oder Vorerkrankungen
- Alter
- ausgeübte berufliche Tätigkeit (Versicherungen verwenden häufig „Berufskataloge“, um das Risiko je nach Beruf einzuschätzen)
- risikobehaftete Freizeitaktivitäten
Um diese individuellen Umstände richtig einschätzen zu können, wird vor Vertragsabschluss eine Risikoprüfung durchgeführt. Dabei muss der Versicherungsnehmer schriftlich verschiedene Fragen zu seinem Gesundheitszustand und seiner Krankheitsgeschichte beantworten, die in der Regel die letzten fünf bis zehn Jahre umfasst. Liegen risikorelevante Faktoren wie Allergien vor, sind zusätzliche Angaben auf einem gesonderten Fragebogen erforderlich, bevor Versicherungsschutz gewährt werden kann. Anhand dieser Angaben erstellt der Versicherer ein Risikoprofil des Kunden und legt die Prämie für die Berufsunfähigkeitsversicherung fest, die für die gesamte Vertragslaufzeit garantiert wird.
Die folgenden Kostenbeispiele basieren auf einer Berechnung des Vergleichsportals Check24. In allen Beispielen wird davon ausgegangen, dass die jeweilige Person keine Kinder hat, nicht raucht und keine Personalverantwortung übernimmt.
Beruf | Student | Industriekaufmann, -frau | Lehrer |
Alter | 25 | 34 | 46 |
Anteil Bürotätigkeit | 75-100% | 50-75% | 0-24% |
Monatliche BU-Rente | 1.500€ | 1.500€ | 1.500€ |
Dauer der Absicherung | Bis zum 65. Lebensjahr | Bis zum 65. Lebensjahr | Bis zum 65. Lebensjahr |
Monatliche Kosten der BU | Ca. 37-64 € |
Ca. 52-142 € |
Ca. 59-181 € |
Worauf sollten Sie bei der BU achten?
1. Höhe der BU-Rente
Die Höhe der Berufsunfähigkeitsrente sollte sich an den laufenden Kosten (Familie, Miete, Versicherungen, Lebensmittel etc.) orientieren. Als Faustregel gilt: Wählen Sie eine Berufsunfähigkeitsrente, die mindestens 80 Prozent Ihres Nettoeinkommens zur Deckung der laufenden Kosten absichert. Zur genaueren Berechnung notieren Sie Ihre jährlichen Einnahmen und Ausgaben, ermitteln Sie die verbleibenden Kosten und teilen Sie diese durch zwölf. Einkünfte aus Vermietung oder Kapitalanlagen sowie bestehende private Rentenversicherungen können den benötigten Betrag reduzieren. Beachten Sie, dass bei Berufsunfähigkeit keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt werden, d.h. die BU-Rente muss auch für die Altersvorsorge ausreichen. Wichtig zu wissen ist auch, dass Versicherer bei BU-Renten über 2.500 Euro oft eine Gesundheitsprüfung verlangen, bei der unentdeckte Krankheiten aufgedeckt werden können, was den Abschluss der Versicherung erschweren kann. Es kann ratsam sein, zunächst eine niedrigere Rente zu wählen und diese später zu erhöhen, um die Gesundheitsprüfung zu umgehen. Aber auch eine Rente unter 1.000 Euro ist in der Regel nicht sinnvoll, es sei denn, Sie sind anderweitig abgesichert. Studierende und Schüler sollten mit einer Rentenhöhe von 500 bis 1.000 Euro beginnen und diese mit dem Berufseinstieg erhöhen.
2. Abstrakte Verweisung
Die abstrakte Verweisung erlaubt es der Versicherung, Leistungen zu verweigern, wenn Sie theoretisch noch in der Lage sind, einen anderen, gleichwertigen Beruf auszuüben - unabhängig davon, ob Sie tatsächlich eine solche Stelle finden. Achten Sie darauf, dass Ihr Vertrag diese Klausel ausschließt, damit Sie im Krankheitsfall nicht ohne finanzielle Mittel dastehen.
3. Anzeigepflicht nach Vertragsabschluss vermeiden
Achten Sie darauf, dass die Versicherung auf eine Meldepflicht für Berufswechsel oder neu aufgenommene Risiken (wie beispielsweise Bungeejumping als neues Hobby) nach Vertragsabschluss verzichtet. Neu aufgetretene Krankheiten müssen Sie auf keinen Fall nachmelden.
4. Pauschalreglung wählen
Wählen Sie die Pauschalregelung, um bei einer Berufsunfähigkeit von 50 Prozent die volle Rente zu erhalten. Bei der Staffelregelung erhalten Sie dagegen nur die halbe Rente, obwohl bereits bei 25 Prozent Berufsunfähigkeit ein Viertel der Rente gezahlt wird. Die volle Rente gibt es aber erst ab 75 Prozent. Da oft um jeden Prozentpunkt gestritten wird, ist die Pauschalregelung die sicherere Wahl.
5. Vermeiden Sie eine ärztliche Anordnungsklausel
Vergewissern Sie sich, dass Ihr Versicherungsvertrag keine ärztliche Anordnungsklausel enthält. Diese Klausel gibt dem Versicherer das Recht, die Zahlung der BU-Rente zu verweigern, wenn Sie eine ärztlich verordnete oder empfohlene Behandlung ablehnen.
6. Beitragsdynamik
Es ist wichtig, dass Sie Ihre Berufsunfähigkeitsrente regelmäßig anpassen, um den Wertverlust durch die Inflation auszugleichen, indem Sie Optionen wie Beitrags- oder Leistungsdynamik nutzen. Eine BU-Rente von 1.000 Euro, die heute ausreichend ist, kann in einigen Jahren durch den Kaufkraftverlust weniger wert sein. Wenn Sie die Versicherungsleistung in 20 oder 30 Jahren in Anspruch nehmen müssen, kann die ursprüngliche Rente von 1.500 Euro aufgrund der Inflation nicht mehr ausreichen: Bei einer angenommenen Inflation von zwei Prozent pro Jahr beträgt der reale Wert einer Anfangsrente von 1.500 Euro nach 20 Jahren nur noch rund 1.009 Euro.
7. Nachversicherungsgarantie vereinbaren
Mit einer Nachversicherungsgarantie können Sie die Höhe Ihrer BU-Rente an wichtige Lebensereignisse wie Heirat, Geburt eines Kindes oder Gehaltserhöhung anpassen. Dies ist wichtig, um auch bei steigenden Lebenshaltungskosten durch neue Lebensumstände ausreichend abgesichert zu sein. In der Regel können Sie Ihre Rente pro Ereignis um 25 bis 50 Prozent erhöhen, meist bis zum Alter von 45 oder 50 Jahren. Informieren Sie sich in den Versicherungsbedingungen über die Nachversicherungsgarantie.
Einige Versicherer bieten auch die Möglichkeit, die Rentenhöhe unabhängig von besonderen Ereignissen zu erhöhen, was nützlich sein kann, wenn Sie aus Budgetgründen zunächst eine niedrigere Rente wählen müssen. Achten Sie darauf, dass bei einer Erhöhung keine erneute Gesundheits- oder Risikoprüfung erforderlich ist, obwohl einige Versicherer bei einer Anpassung der Rentenhöhe erneut nach Ihrem Beruf und Ihren Hobbys fragen können.
8. Befristete Anerkenntnisse vermeiden
Bei einer befristeten Anerkennung müssen Sie Ihre Berufsunfähigkeit nach Ablauf einer Frist erneut nachweisen. Wählen Sie stattdessen einen Anbieter, der Ihre Berufsunfähigkeit dauerhaft anerkennt. Dann liegt die Beweislast bei der Versicherung, die nachweisen muss, dass Sie nicht mehr berufsunfähig sind. Das erspart Ihnen den Aufwand und die Kosten für wiederholte ärztliche Gutachten und verbessert Ihre Chancen auf eine dauerhafte Anerkennung Ihrer Berufsunfähigkeit.
9. Rechtsschutzversicherung erwägen
Erwägen Sie eine Rechtsschutzversicherung abzuschließen, zumal nach Angaben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) rund 20 Prozent der BU-Rentenanträge zunächst abgelehnt werden. Eine Rechtsschutzversicherung übernimmt die Anwalts- und Gerichtskosten und unterstützt Sie bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche gegen die Versicherung. Wichtig ist, dass Sie die Rechtsschutzversicherung bei einem anderen Versicherer abschließen. Um bei Rechtsstreitigkeiten, die häufig gesundheitliche Fragen betreffen, abgesichert zu sein, sollten Sie die Rechtsschutzversicherung mindestens drei Monate vor Abschluss des BU-Vertrages abschließen. Später abgeschlossene Versicherungen können von der BU-Versicherung abgelehnt werden, wenn die Rechtsverletzung vor Vertragsbeginn lag.
Welche Alternativen gibt es zur BU?
Eine Berufsunfähigkeitsversicherung ist praktisch alternativlos. Das Krankengeld endet nach maximal 72 Wochen und spezielle Versicherungen wie die private Unfall- oder Dread-Disease-Versicherung decken nur Sonderfälle ab. Eine private Unfallversicherung beispielsweise leistet nur bei Unfällen, die zu körperlichen Schäden oder Invalidität führen und bietet entweder eine Kapitalzahlung oder eine Rente je nach Invaliditätsgrad. Dread-Disease-Versicherungen bieten eine Kapitalzahlung bei der Diagnose bestimmter schwerer Krankheiten wie Krebs, Herzinfarkt oder Schlaganfall und sollen die finanziellen Folgen dieser Krankheiten abmildern. Psyche und Skelett sind in der Regel nicht versichert. Auch die gesetzliche Erwerbsminderungsrente, auf die Versicherte nach 36 Beitragsmonaten in der gesetzlichen Rentenversicherung Anspruch haben, ist meist nichts ausreichend. Im Jahr 2022 betrug sie laut einer Statistik der deutschen Rentenversicherung für Rentenneuzugänge durchschnittlich nur rund 950 Euro monatlich, bei Bestandsrentnern rund 933 Euro im Monat. Eine volle Erwerbsminderungsrente erhält zudem nur, wer weniger als drei Stunden täglich arbeiten kann, bei drei bis sechs Stunden wird nur die halbe Rente gezahlt. Zudem werden 40 Prozent der Anträge auf Erwerbsminderungsrente abgelehnt. Die BU hingegen zahlt zuverlässiger: 80 Prozent der Anträge werden laut der der BU-Leistungspraxis-Studie von Franke & Bornberg aus dem Jahr 2023 bewilligt. Auch die gesetzliche Unfallversicherung bietet keinen umfassenden Schutz, da sie nur bei Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten greift. Nur acht Prozent der BU-Fälle sind laut Morgen & Morgen unfallbedingt, so dass sie meist keine Lösung bietet.
Fazit
Die Berufsunfähigkeitsversicherung ist eine unverzichtbare Absicherung, die finanzielle Stabilität bietet, wenn gesundheitliche Probleme die Ausübung des Berufs unmöglich machen. Angesichts der Tatsache, dass statistisch gesehen jeder Vierte im Laufe seines Lebens berufsunfähig wird, bietet die BU einen zuverlässigen Schutz, der oft weit über die Leistungen der gesetzlichen Erwerbsminderungsrente hinausgeht. Beim Abschluss einer BU sollte besonders auf die Vermeidung der abstrakten Verweisung, eine flexible Nachversicherungsgarantie und den Einschluss einer Rechtsschutzversicherung geachtet werden, um gegen mögliche Ablehnungen gewappnet zu sein.