Popularität und Kontroversen - Wie Richard David Precht vom Bestseller zum Buhmann wurde
Warum sinkt sein Stern aktuell?
Seine Äußerungen in der Podcast-Folge mit Markus Lanz vom 13. Oktober haben ihm den Vorwurf des Antisemitismus eingebracht. Precht äußerte darin, dass es orthodoxen Juden aufgrund ihrer Religion verboten sei, zu arbeiten. „Ein paar Sachen wie Diamanthandel und ein paar Finanzgeschäfte ausgenommen“, so der 58-Jährige.
Die Äußerung empörte die StudentInnen der Lüneburger Leuphana-Universität so sehr, dass die das Ende der Kooperation forderten. Selbst als er sich später entschuldigte. Precht gab nach diesem Wirbel dann selbst seine Professur nach zwölf Jahren Tätigkeit auf. Nach diesem Aufschrei entfernte das ZDF die entsprechende Passage anschließend aus dem Podcast.
Im April 2023, wieder in einem Podcast mit Lanz, äußert sich Precht über Annalena Baerbock: „Was für ein Unfall, dass diese Frau Außenministerin geworden ist“, erwidert Precht daraufhin. „Die hätte doch unter normalen Bedingungen im Auswärtigen Amt nicht einmal ein Praktikum gekriegt“. Im Umgang mit China wirft er ihr die „moralische Inbrunst einer Klassensprecherin“ vor.
Später relativierte er diese Äußerungen: „Aus diesem Unbehagen ist meine Kritik gekommen und die eine oder andere flapsige Bemerkung“. Das Unbehagen resultierte aus seinem Standpunkt, dass deutsche Diplomaten angesichts einer „aufgeheizten Weltlage zur Deeskalation beitragen, anstatt zu moralisieren und zu drohen.“ Das steigerte sich zu seiner Antwort auf die harsche Kritik in der Zeile: „Schon irre, dass die Leute mich ernst nehmen“.
Welche psychologischen Phänomene sind beim Thema Precht zu beobachten?
Der Halo-Effekt zeigt sich darin, wie seine mediale Präsenz und sein charismatisches Auftreten die allgemeine Wahrnehmung seiner fachlichen Kompetenz beeinflussen können. Da er oft komplexe Inhalte verständlich und unterhaltsam präsentiert, neigen manche Menschen dazu, ihm eine größere Glaubwürdigkeit oder Tiefe zuzuschreiben, als es die kritische Betrachtung seiner Argumente rechtfertigen würde. Dies kann zu einer überwiegend positiven Gesamtbewertung seiner Person und seiner Ansichten führen, unabhängig von spezifischen inhaltlichen Kritikpunkten. Dieser Abfärbe-Licht-Effekt zeigt sich auch im Uni Deal: die Leuphana-Universität konnte sich mit Precht schmücken und er damit einen akademischen Titel führen.
Das Phänomen, bei dem Menschen einfache Antworten bevorzugen, statt gründlich nachzudenken, wird oft als „ kognitive Entlastung “ bezeichnet. Es beschreibt die Tendenz, mentale Anstrengung zu vermeiden und stattdessen auf einfache, leicht verdauliche Informationen zurückzugreifen. Dies kann dazu führen, dass komplexere, aber notwendige Überlegungen und tiefgründiges Verstehen vernachlässigt werden.
Ein weiteres Phänomen ist die Bestätigungsverzerrung (Confirmation Bias). Dieses Phänomen beschreibt die Neigung von Menschen, Informationen so auszuwählen, zu interpretieren und zu erinnern, dass diese ihre Vorerwartungen oder Überzeugungen bestätigen. Das zeigt sich aktuell nicht nur bei Precht, sondern im ganzen gesellschaftlichen Alltag.
Wie lautet nun eine Einordnung des Phänomen Precht?
In Zeiten von Verunsicherung und realen Nöten wie Krieg, Zukunftsunsicherheit und Klima wünschen sich die Menschen Lösungsideen und nicht theoretische Geistesflüge von Denkern. Da hat Precht das Gespür für Timing im Stich gelassen. Er ist als promovierter Germanist über seine Sprachschnodderigkeit gestolpert. Die schon zitierten Äußerungen über die Außenministerin Baerbock zielen nach der Argumentationstheorie „ad hominem“ - auf den Menschen statt auf die Sache. Das ist seines Intellekts nicht würdig.
Philosophie wird gleichgesetzt mit Streben nach Erkenntnis, einfachem Leben und Missachtung für Macht und Reichtum wie in der legendären Anekdote: Eines Tages, als sich der griechischer Philosoph Diogenes entspannt in der Sonne aalte, näherte sich ihm Alexander der Große. Der, beeindruckt von Diogenes' Ruf, bot ihm großzügig an, jeden Wunsch zu erfüllen. Doch Diogenes, der nichts von weltlichen Gütern hielt, hatte eine simple Bitte: „Geh mir ein wenig aus der Sonne.“ Etwas mehr als ein Leben in der Tonne darf es sein.
Finanziell hat Precht ausgesorgt und seine Zeit wird wieder kommen – der Typus des Übersetzers: Damit auch seine unbestrittene Fähigkeit, die Welt mit einfachen Worten zu erklären. Das beherrscht er „prechtvoll“. Ok, die Bezeichnung von Precht als “Mick Jagger der Sachbücher“ muss man sich auch erstmal verdienen – ein Kompliment steckt auf jeden Fall darin.
Häufig gestellte Fragen zu diesem Thema
Die Veröffentlichung von Hasskommentaren kann mehrere Ursachen haben: Die Anonymität im Internet ermöglicht es, ohne persönliche Konsequenzen Meinungen zu verbreiten. Oft sind Frustration und Enttäuschung über die persönliche Situation Auslöser für Hasskommentare. Ein Machtungleichgewicht kann zudem Aggression fördern. Schließlich kann ein ...

Christoph Maria Michalski
„Der Konfliktnavigator“, Vortragsredner und Coach für Entscheidungsträger im Beruf
Die Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut, jedoch gilt sie nicht uneingeschränkt. Werden durch Hasskommentare die Menschenwürde angegriffen oder das Persönlichkeitsrecht verletzt, kann rechtlich dagegen vorgegangen werden. Hasskommentare können verschiedene Straftatbestände erfüllen, darunter ...
Christoph Maria Michalski
„Der Konfliktnavigator“, Vortragsredner und Coach für Entscheidungsträger im Beruf
Härtere Strafen oder Sanktionen allein können das Problem von Hasskommentaren nicht lösen. Sie bekämpfen die Symptome, nicht die Ursachen. Die Frage ist vielmehr, ob eine kleine, lautstarke Minderheit die ...
Christoph Maria Michalski
„Der Konfliktnavigator“, Vortragsredner und Coach für Entscheidungsträger im Beruf
Man kann aktiv gegen Hasskommentare vorgehen, indem man sie im persönlichen Gespräch nicht akzeptiert und für respektvollen Umgang eintritt. Man kann in Vereinen und Verbänden dazu beitragen, dass der Ton angemessen bleibt. Es ist wichtig, dass jeder in seinem Umfeld für eine ...
Christoph Maria Michalski
„Der Konfliktnavigator“, Vortragsredner und Coach für Entscheidungsträger im Beruf